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topplus Viel Licht und gutes Klima

Neubau für Fresser steigert die Zunahmen

Familie Ewigmann mästet Bullen und zieht die Fresser selbst auf. Ein neuer Stall bietet viele Details für mehr Wohlbefinden. Das zahlt sich in höheren Zunahmen aus.

Lesezeit: 6 Minuten

Als Benedikt Ewigmann das Tor am Futtertisch öffnet und wir den Stall mit 300 Rindern betreten, höre ich: Nichts. Kein Kalb blökt, kein Bulle springt auf. In diesem Stall scheinen sich die Tiere wohl zu fühlen. 

Auch der Landwirt ist mit dem Stall zufrieden. Dabei wurde er quasi zur Investition gezwungen: Wegen der neuen Haltungsverordnung darf er Kälber nicht mehr auf Bongossi- bzw. Kunststoff-Spalten halten. Der Umbau des Altgebäudes war nicht möglich. Die Aufzucht der eigenen Mastbullen wollte Ewigmann aber beibehalten. So entschied er sich für einen Neubau. Im Juli 2023 stallte er die ersten Tiere ein.

Ein Stall für 85 bis 350 kg

In Schöppingen (NRW) bewirtschaftet der 37-Jährige den Mastbetrieb mit seinen Eltern Dorothee und Robert. Seine Schwester Anna-Maria unterstützt zusätzlich. Im neuen Stall haben sie ihre Ideen aus jahrelangen Erfahrungen in der Bullenmast umgesetzt.

„Ziel war es, einen Stall für alle Tiere der Gewichtsklassen 85 bis 350 kg zu schaffen, der den jeweiligen Ansprüchen gerecht wird“, erzählt mir Benedikt Ewigmann während wir über den Futtertisch gehen. Auf unserer linken Seite ist die offene Stallseite mit Curtains bzw. Windschutznetz ausgestattet. Rechts von uns reihen sich die Buchten auf: Vorne gibt es zwei Abteile mit jeweils zwei Strohliegeflächen und Futtergang für bis zu 120 Kälber. Im hinteren Stallteil gibt es sechs Buchten für jeweils 30 Tiere mit gummierten Spalten im Liegebereich.

Der gesamte Stall ist mit 50 cm tiefen Güllekanälen unterkellert. „Weil ein Tretmiststall bei den jüngeren Kälbern weniger funktioniert, sind unter den Strohflächen befahrbare Spalten verlegt“, erklärt Ewigmann. Eine Kettenentmistungsanlage befördert die Gülle zweimal am Tag in eine Vorgrube. Von dort wird sie zur 75 kW-Biogasanlage des Betriebes gepumpt und vergärt.

Schnell gelesen

  • Für die Fresseraufzucht hat Familie Ewigmann einen neuen Stall gebaut, der auch den neuen Haltungsvorgaben entspricht.

  • Hohe, offene Seitenwände und eine aktive Belüftung – im Winter leicht ­erwärmt – sorgen für gutes Klima.

  • Fahrbare Tränkestationen lassen sich von Bucht zu Bucht fahren, damit die ­Kälber nicht umstallen müssen.

  • 200 g mehr pro Tag erreichten die ­Fresser in den ersten zwölf Wochen, seit dem Umzug in den neuen Stall.

Mobile Tränkestation

Alle sechs Wochen bekommen Ewigmanns 60 Kälber der Rasse Fleckvieh aus Bayern und Baden-Württemberg geliefert. Die etwa fünf Wochen alten Kälber werden in zwei 30er-Gruppen aufgestallt. Die Abteile werden vor dem Einstallen entmistet und stehen mindestens eine Woche leer. Nach der Ankunft werden alle Tiere vom Tierarzt kontrolliert und erhalten eine Wurmkur, eine Impfung gegen Mycoplasma bovis und falls nötig eine antibiotische Behandlung gegen Grippeerreger.

Dann wird jedes Kalb am Tränkeautomaten angelernt. Pro 30er-Bucht gibt es zwei Abrufstationen. Das Besondere: Die Tränke inkl. der Abrufstationen wechselt von Abteil zu Abteil. Sie steht in einem Container mit einer Palettenaufnahme. Diese Lösung hat gleich mehrere Vorteile, erklärt Ewigmann: „Die Kälber bleiben nach dem Abtränken sechs Wochen in der Strohbucht. Das vermeidet zusätzlichen Stress während des Absetzens. Und: Wir mussten die Tränketechnik nur einmal für beide Abteile anschaffen.“

Kälber per Leuchten finden

Besonders die ersten Tage nach dem Einstallen sind wichtig. Um die Gesundheit einfacher zu überwachen und Tiere mit geringer Tränkeaufnahme schnell zu finden, hat sich der Landwirt für eine Zusatzfunktion entschieden. Die führt er mir vor: In einer Smartphone-App tippt er die Nummer des Kalbes vor uns am Futtertisch. Sofort leuchtet eine rote LED Leuchten am Halsband auf. Dann leuchtet die Lampe eines Kalbes, ganz hinten in der Strohbucht. „Das kann ich auch von unterwegs steuern, wenn sich z. B. der Tierarzt ein bestimmtes Tier ansehen soll.“ Die Leuchten lassen sich automatisch aktivieren, z. B. für Kälber mit geringer Tränkeaufnahme oder Bewegungsaktivität. Das nutzt Ewigmann aber nicht: „Wenn niemand im Stall ist, bringt das wenig.“ Wohl auch wegen des sparsamen Einsatzes mussten die Landwirte die Akkus nach fast einem Jahr noch nicht aufladen.

Die Kälber erhalten neun Tage lang 6 l Milch­austauschertränke pro Tag, die sie im Schnitt in drei Portionen abrufen. Vom zehnten bis 42. Tag reduziert der Automat die Milchmenge auf 2 l. Dann sind die Kälber abgetränkt.

Zwölf Wochen nach der Ankunft, stallen die Betriebsleiter die Tiere erstmals um. Dazu dient ein Treibgang an der Rückseite des Gebäudes, über den die Rinder in den hinteren Stallbereich wechseln. Dort sind die Buchten mit Spalten ausgelegt, die im Liegebereich gummiert sind. Jede Bucht ist 7,5 m breit und 9 m tief, bietet also pro Tier rund 2,25 m2. 

Hier stehen die Fresser bis zu einem Alter von etwa 6,5 Monaten bzw. 350 kg Gewicht. Dann unterteilt Ewigmann sie in Kleingruppen von fünf bis zehn Tieren. Denn zur Ausmast stehen die Bullen in unterschiedlich großen Buchten in Altgebäuden.

Kaltstall mit „Heizung“

Im Fresserstall ist neben der Ruhe auch das gute Klima auffällig gut. Die Curtains lassen sich wetterabhängig steuern. An der gegenüberliegenden Stallseite, über den Buchten, lassen sich die Hubfenster öffnen. Und der offene Dachfirst sorgt für Luftabzug.

Trotz der offenen Bauform hat der Betrieb eine Schlauchlüftung eingebaut. „Davon hatte man uns abgeraten: überflüssig und zu teuer. Doch die aktive Belüftung vermeidet stehende Luft. Damit waren wir im alten Stall bereits sehr zufrieden“, sagt der Landwirt und hat seine Entscheidung nicht bereut.

Es sind zwei Schläuche verbaut, die Luft aus den unterschiedlichen Seiten in den Stall bringen. Im Winter erwärmt Ewigmann die Zuluft im vorderen Stallteil mit den jüngsten Kälbern. Er nutzt die Abwärme der Biogasanlage, um die Temperatur im Vorraum zu erhöhen. Dort befindet sich der Ventilator, der die erwärmte und leicht angetrocknete Luft durch den Schlauch in den Stall befördert.

Um den Luftraum zu unterteilen und den Infektionsdruck bei den Jüngsten zu reduzieren, sind Zwischenwände bis knapp unter die Decke eingezogen. Auch am Futtertisch verhindern Kunststoffbretter direkten Tierkontakt zwischen den Gruppen.

Mehrere Rationen

Bei der Fütterung setzt der Betrieb mittlerweile auf eine Phasenfütterung und mischt fünf Rationen für die verschiedenen Altersgruppen. Die jüngsten Kälber erhalten zunächst Kälberstroh und Kraftfutter. Nach zwei Wochen ergänzen Ewigmanns Maissilage und erhöhen den Anteil langsam.

Die Mastration besteht aus Mais, Biertreber, Stroh und Kraftfutter sowie Viehsalz und Mineralien. In jeder Bucht im neuen Stall sind Lecksteine angebracht. Direkt daneben eine Kombination aus Schalentränke und darüber Nippeltränke. „Hier im Kreis sind offene Tränken für Rinder vorgeschrieben. Die Tiere nutzen beides“, so seine Erfahrung.

Zunahmen um 200 g gesteigert

Bei all den Vorteilen des Stalls bleibt die Frage nicht aus, wie sich die Investition rentiert. Doch Benedikt Ewigmann kann bereits einen Erfolg nachweisen: Vor dem Einstallen ermittelt er ein Durchschnittsgewicht der Kälber per LKW-Waage. Beim Umstallen nach zwölf Wochen wiegt er erneut: „Allein durch den Umzug in den neuen Stall und ohne Änderungen der Ration ist die durchschnitt­liche Tageszunahme um 200 g auf 1.450 g gestiegen!“ Gleichzeitig verzeichnet er weniger Erkrankungen.

Über die gesamte Mastperiode erreicht Ewigmann eine Nettotageszunahme (Zunahme vom Einstallen bis Schlachtung) von 755 g/Tier. Langfristig sind 800 g sein Ziel. Eine entscheidende Rolle sind für den Landwirt die ersten Wochen: „Und genau deshalb wollen wir die Fresseraufzucht nicht aus der Hand geben.“

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