Viele Weidetierhalter in den Wolfsregionen sind verzweifelt. Denn die Wolfspopulation steigt in Deutschland 30 % jährlich. Heiß diskutiert werden derzeit vor allem zwei Fragen:
Würde eine Abschussquote dafür sorgen, dass die Risszahlen sinken?
Das ist nicht ganz unumstritten. Während viele Landwirte und Jäger sich dafür einsetzen, dass die Tierzahl über dem „günstigen Erhaltungszustand“ der FFH-Richtlinie geschossen wird, um die Risszahlen zu senken, gibt es auch Stimmen, die nicht davon ausgehen, dass eine generelle Reduzierung des Wolfsbestandes auch zu geringeren Wolfsrissen führt.
Es gehe vielmehr um die Entnahme der Problemwölfe. So zitiert das „Jeversche Wochenblatt“ den Schäfermeister Frank Hahnel aus Brandenburg, der eine Stellungnahme beim Bundesumweltausschuss zum Thema Bestandsregulierung eingereicht hat. Er betrachtet das Ganze mit Skepsis und schreibt: „Eine Quotenjagd lehnen wir (Schafzuchtverband Berlin Brandenburg, Anm. d. Red.) ab. Wölfe zu töten, weil sie als erste vor die Büchse laufen, ist unserer Meinung nach nicht zielführend.
Wir befürchten sogar, dass bei der Bejagung von Wölfen Rudel so geschwächt werden, dass sie gezwungen werden, unsere Schafe und Ziegen anzugreifen. Eine Obergrenze dient keinem Weidetierhalter. Für uns macht es keinen Unterschied, ob 700 oder 600 Wölfe in unserem Land nachgewiesen werden. Die Notwendigkeit und die Kosten des Herdenschutzes bleiben in beiden Fällen die gleichen. Deshalb fordern wir Brandenburger Schaf[1]und Ziegenhalter einen schnellen Abschuss von Problemwölfen.“
Auch Frank Fass, Inhaber des Wolfscenters Dörverden, sieht laut „Jeverschem Wochenblatt“ keinen Nutzen einer Abschussquote. Das Blatt zitiert Fass mit den Worten: „Nehmen wir mal an, dass 10 % der Wölfe wahllos abgeschossen würden. Wir würden dann feststellen, dass die Wolfspopulation weiter wächst und sich auf der Landkarte weiter ausdehnt. Der Prozess wäre lediglich verlangsamt.“ „In vielen Gesprächen mit Nutztierhaltern habe ich oft gehört, dass sich im Fall der Bejagung der Wölfe die Übergriffe auf Nutztiere deutlich reduziert“, sagt Fass: „Dem wäre aber nicht so. Ich bin sehr dafür, dass wir umgehend auf Länderebene sogenannte Wolfsentnahme-Fachteams etablieren.“
Wirken die Herdenschutzmaßnahmen?
Viele Landwirte finden, dass es sich die Politik mit ihrer Forderung nach mehr Herdenschutz über Zäune und Hunde zu einfach macht. Der Herdenschutz alleine reiche bei wachsenden Wolfszahlen nicht, um die Risszahlen deutlich zu senken, so der Tenor. „Es geht gar nicht darum, dass wir keine Schutzmaßnahmen ergreifen wollen“, so Manfred Tannen, Landvolk-Vizepräsident und Milchbauer aus Esens/Bensersiel in Ostfriesland, „die Maßnahmen verhindern aber nicht den Angriff von Wölfen. Und dieses Gefühl der Sorge, beim Gang zur Weide ein totes oder gar schwer verletztes Tier zu finden, ist eine hohe emotionale Belastung, die stark unterschätzt wird“, erklärt Tannen die Bedeutung für seinen Berufsstand.
Das Risiko der Betroffenheit sei mittlerweile zu hoch, daran änderten auch Weideprämien nichts. Tannen fordert, dass Politik sich zur Weidehaltung bekennt und endlich entsprechende Wolf-regulierende Maßnahmen ergreift. „Der Bestand an Wölfen hat sich arterhaltend erholt, allein in Niedersachsen leben mittlerweile 44 Rudel, das muss nun anerkannt werden. Rechtskonforme Rahmenbedingungen der Regulierung gehören zügig umgesetzt. Politik muss den Zielkonflikt zwischen wachsender Wolfspopulation und Weidetierhaltung endlich lösen. Das ist möglich“, sagt Tannen. „Unsere Vorschläge und Forderungen dazu liegen seit langem auf dem Tisch.“