Tierrechtsaktivisten von Animal Rights Watch sind in einen norddeutschen Schlachthof eingestiegen und haben Kameras rund um die CO2-Betäubungsanlage angebracht. Ziel der Aktion war es zu beweisen, dass nicht alle Schweine voll betäubt seien.
Die Betäubung mit hoher Kohlendioxid-Konzentration ist eine gängige Methode. Rund 80 % aller Schweine in Deutschland, also etwa 34 Mio. Tiere, werden in den Schlachthöfen so betäubt.
Die Videoaufnahmen sollen nun belegen, dass die Tiere nach Eintritt in die Betäubungskammer sehr schnell Atemnot bekommen und das Gefühl des Erstickens erleben, so Ariwa-Sprecherin Scarlett Treml. Ihrer Ansicht nach hätten die Schweine sehr große Panik. Sie wertet es daher als „Frechheit“, wenn der Betreiber von einem schonenden und schnellen Bewussteinsverlust spricht.
ARD-Magazin Plusminus greift Videos auf
Mit im Boot hat Ariwa wieder den SR-Reporter Edgar Verheyen, der für die ARD häufig Tierschutzthemen bearbeitet und durch eine Nähe zu Tierrechtsgruppen auffällt bzw. eine agrarkritische Haltung einnimmt.
So finden die Videos Eingang in die jüngste Ausgabe des ARD-Magazins Plusminus. Verheyen hat die Betäubungsphase zeitlich gemessen. Demnach dauert es bis zu 90 Sekunden, bis die Tiere betäubt sind. „Währenddessen schreien sie und erleben Panik“, so der Journalist.
Er zeigt die Aufnahmen auch dem Schlachtof-Betreiber. Dieser hat daraufhin die Anlage von einem unabhängigen Tierschutzexperten noch einmal checken lassen. Dabei sei dem Unternehmen höchstmögliche Qualität bescheinigt worden, heißt es.
"Hochgradige Tierquälerei"
Um dennoch einen Negativbericht zu bekommen, wendet sich das Reporterteam an die - gar nicht zuständige - hessische Tierschutzbeauftragte und Veterinärin Madeleine Martin. Ihr Statement: "Das, was wir hier gesehen haben, ist hochgradige Tierquälerei. Das Hauptproblem, das man mit CO2 hat, wenn man es einatmen muss, ist neben der hochgradigen Reizung sämtlicher Schleimhäute die Atemnot, und das macht diese Betäubungsform so entsetzlich für die Tiere."
Das Magazin zitiert daraufhin aus dem Deutschen Tierschutzgesetz Paragraph 17 Absatz 2b: "Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer einem Wirbeltier länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden zufügt." Demnach müsste diese Betäubungsform also verboten werden, so das Urteil von Verheyen.
Bender: Uns sind die Hände gebunden
Er fragt das Bundesagrarministerium, ob Wirtschaftlichkeit vor Tierschutz geht. Das weist Agrar-Staatssekretärin Silvia Bender von den Grünen ab: "Tierschutz ist ja auch ein Staatsziel im Grundgesetz. Wir wissen, dass die CO2-Betäubung aus Tierschutzsicht durchaus Fragen aufwirft".
Als Mitgliedsstaat der EU seien Deutschland ein Stück weit die Hände gebunden, jetzt selber aktiv zu werden, was das Verbot von bestimmten Betäubungsmethoden angeht. "Wir können nur aktiv werden, wenn wir neue wissenschaftliche Erkenntnisse haben. Und an diesen arbeiten wir gerade", so Bender.
Alternative Helium
Als Alternative gilt Helium. Schweine schlafen dann einfach ein. Nur ist das Gas nicht in den nötigen Mengen auf dem Markt verfügbar. Auch Argon könnte eine Alternative sein, wobei hier von starken Abwehrreaktionen der Tiere berichtet wird, so Plusminus weiter.