Ein Labeling von Tierwohl Standards auf Fleisch lehnen die Verbraucherorganisation Foodwatch und der Veterinärmediziner Prof. Thomas Blaha ab. Dabei wenden sie sich explizit sowohl gegen das von Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt geplante freiwillige Tierwohllabel als auch gegen den Kennzeichnungsentwurf der Grünen. Ihre eigene Alternative bleibt nebulös.
Die Verbraucherorganisation Foodwatch ruft Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt auf, seine Pläne für ein freiwilliges Tierwohllabel aufzugeben. Unterstützung hat sich Foodwatch mit ihrer Forderung vom Veterinärmediziner und langjährigen Universitätsprofessor an der Tierärztlichen Hochschule Hannover Thomas Blaha geholt. Ihre gemeinsame Kritik zielt auf sämtliche Tierwohllabel und schließt auch den Gegenentwurf der Grünen, die eine verpflichtende Haltungskennzeichnung auf Fleisch nach dem 0-3 System der Eierkennzeichnung propagieren, mit ein.
Foodwatch fordert Veränderungen für alle Nutztiere
Siegel würden immer nur für einen Teil der Tiere Verbesserungen beim Tierwohl und beim Gesundheitszustand bringen, so der Tenor von Foodwatch und Blaha. Sie berufen sich dabei auf das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirates für Agrarpolitik des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL), der einem Tierwohllabel einen Marktanteil von 20 Prozent vorausgesagt hatte. "Es ist nicht akzeptabel, wenn die Bundesregierung weiterhin vermeidbare Krankheiten, Schmerzen und Leiden für 80 Prozent der Nutztiere duldet", sagte der stellvertretende Foodwatch-Geschäftsführer Matthias Wolfschmidt auf einer Pressekonferenz in Berlin. Aus seiner Sicht würde sich die Bundesregierung mit einem solchen Label von dem Anspruch verabschieden, eine tiergerechte Haltung für alle statt nur für einige Nutztiere durchzusetzen. Um das zu unterstreichen, präsentierte Foodwatch einen entsprechend kreierten Button mit der Aufschrift "Tierleid staatlich geduldet".
Blaha propagiert ein "Wartungssystem" für alle Betriebe
An der Freiwilligkeit von Schmidts Label stört sich auch Blaha. Er forderte ein "staatlich kontrolliertes Aktionsprogramm", welches die Tiergesundheitsstandards in allen Betrieben auf ein konstant hohes Maß heben soll. Von Foodwatch distanzierte sich Blaha mit der Aussage: "Es sind nicht alle Tiere krank". Es würden keine kranken Tiere geschlachtet, sondern Tiere, die in schlechten Betrieben mehrmals krank gewesen seien und solche aus guten Betrieben, die nie krank gewesen seien. Blaha forderte, dass alle Betriebe regelmäßig auf eine bundesweit festgelegte Anzahl bestimmter Tiergesundheitsindikatoren überprüft werden sollten. "Wir müssen weg vom Reparatursystem hin zum Wartungssystem", machte Blaha einen Vergleich zur Autoindustrie.
Eigenes Konzept und Finanzierung bleiben nebulös
Den vielen Ansätzen und Bemühungen, die es bereits jetzt zum Thema Tierwohl oder auch zu einer nationalen Nutztierstrategie, die alle Ansätze bündeln und mit einem Finanzierungskonzept ausstatten könnte, wollten sich weder Blaha noch Wolfschmidt anschließen. "Ich will keine Konsensrunden", sagte Wolfschmidt. Auch zur Finanzierung ihrer Idee, dass sämtliche Nutztiere in Deutschland optimal und zu 100 Prozent gesund gehalten werden sollen, antworteten Blaha und Wolfschmidt nebulös. "Es kann nur eine Mischfinanzierung sein", sagte Blaha. Er sei aber Tierarzt und kein Ökonom. Den bereits auf dem Tisch liegenden und in der Diskussion stehenden Finanzierungsszenarien etwa vom niedersächsischen überparteilichen Bündnis aus Agrarminister Christian Meyer (Grüne) und seinen beiden Vorgängern Gert Lindemann (CDU) und Uwe Bartels (SPD), denen sich auch der Deutsche Tierschutzbund angeschlossen hat, wollte sich Blaha explizit nicht anschließen. Das seien nur Apelle, ohne dass es so laufen würde, sagte Blaha. Die drei Niedersachsen hatten sich vergangene Woche für eine überparteiliche Nutztierstrategie ausgesprochen. Diese solle dann mit einem Finanzierungsmix aus Verbraucherbeteiligung, staatlicher Förderung über die nationale und europäische Agrarpolitik und einer Fleischabgabe, die der Staat nur zu dem Zweck des Umbaus der Tierhaltung verwenden dürfe, unterlegt werden.