Kastration: 2. Gutachten stuft Fristverlängerung als verfassungswidrig ein
Ein Zweites Gutachten stuft die geplante Fristverlängerung für die betäubungslose Ferkelkastration als verfassungswidrig ein. Gesetzesänderungen dürften nicht hinter erreichte Tierschutzstandards zurückgehen, lautet ein Argument. Das Bundesverfassungsgericht könne das wieder aufheben.
Ein Zweites Gutachten stuft die geplante Fristverlängerung für die betäubungslose Ferkelkastration als verfassungswidrig ein. Gesetzesänderungen dürften nicht hinter erreichte Tierschutzstandards zurückgehen, lautet ein Argument. Das Bundesverfassungsgericht könne das wieder aufheben.
Ein weiteres Gutachten säht Zweifel, ob die geplante Fristverlängerung für die betäubungslose Ferkelkastration rechtlich haltbar ist. „Die Gesetzesänderung wäre – sollte sie zustande kommen – ein Bruch mit dem bisher bei allen Gesetzesnovellierungen beachteten Grundsatz, nicht hinter einen bereits erreichten Tierschutzstandard zurückzugehen“, schreibt der Tierschutzjurist Dr. Christoph Maisack in einem Gutachten, das top agrar vorliegt. Maisack war Amtsrichter in Baden-Württemberg und ist derzeit abgeordnet an die Stabsstelle der Landesbeauftragten für Tierschutz in Hessen, in deren Auftrag er auch das Gutachten erstellt hat. Der Jurist ist unter Tierschützern bekannt und außerdem Vorsitzender der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht.
Als zweiten Grund für die Verfassungswidrigkeit der geplanten Fristverlängerung gibt Maisack den Verstoß gegen das Staatsziel Tierschutz an, laut dem Tiere vor „vermeidbaren Leiden“ geschützt werden müssten. Die betäubungslose Ferkelkastration sei vermeidbar, argumentiert Maisack, „weil ausreichende Erfahrungen mit Alternativen, die sowohl praktikabel als auch wirtschaftlich sind, gesammelt werden konnten“. Unter den Alternativen verweist Maisack vor allem auf die Impfung gegen den Ebergeruch. Bei einem beim Bundesverfassungsgericht eingeleiteten Normenkontrollverfahren, das insbesondere die Länder anstrengen könnten, könne die Fristverlängerung für verfassungswidrig und nichtig erklärt werden.
Maisack springt mit seiner Beurteilung dem Mannheimer Strafrechtler Prof. Dr. Jens Bülte bei, der bereits Anfang Oktober kurz nach dem Beschluss des Koalitionsausschusses für die Fristverlängerung diese als verfassungswidrig eingestuft hatte.
Der Deutsche Tierschutzbund (DTB) fühlt sich mit dem weiteren Gutachten in seiner Ansicht bestätigt. Die Große Koalition stelle die wirtschaftlichen Interessen der Tiernutzer in Deutschland über das Staatsziel Tierschutz und verstoße gegen das Grundgesetz, wiederholte Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, seine Kritik an der Fristverlängerung. „Was rechtstaatlich beschlossen ist, muss gelten, sonst leben wir in einer Bananenrepublik“, sagte Schröder.
Union und SPD arbeiten derzeit immer noch an einem gemeinsamen Text für die gemeinsame Fraktionsinitiative zur Fristverlängerung um zwei Jahre. Nächstes Datum für einen Beschluss ist der 6. November. Am 1. Oktober hatte sich der Koalitionsausschuss von CDU/CSU und SPD darauf geeinigt, die Übergangsfrist bis zum vollständigen Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration noch einmal um zwei Jahre zu verlängern. Zuvor hatten die Länder im Bundesrat mehrheitlich gegen eine Fristverlängerung über 2018 hinaus gestimmt. Im Jahr 2008 hatten der Deutsche Bauernverband, der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels und der Verband der Fleischwirtschaft sich in der „Düsseldorfer Erklärung“ dafür ausgesprochen, schnellstmöglich auf die betäubungslose Kastration zu verzichten. Im Jahr 2013 zog der Gesetzgeber nach und beschloss das Verbot ab 2019.
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Ein Zweites Gutachten stuft die geplante Fristverlängerung für die betäubungslose Ferkelkastration als verfassungswidrig ein. Gesetzesänderungen dürften nicht hinter erreichte Tierschutzstandards zurückgehen, lautet ein Argument. Das Bundesverfassungsgericht könne das wieder aufheben.
Ein weiteres Gutachten säht Zweifel, ob die geplante Fristverlängerung für die betäubungslose Ferkelkastration rechtlich haltbar ist. „Die Gesetzesänderung wäre – sollte sie zustande kommen – ein Bruch mit dem bisher bei allen Gesetzesnovellierungen beachteten Grundsatz, nicht hinter einen bereits erreichten Tierschutzstandard zurückzugehen“, schreibt der Tierschutzjurist Dr. Christoph Maisack in einem Gutachten, das top agrar vorliegt. Maisack war Amtsrichter in Baden-Württemberg und ist derzeit abgeordnet an die Stabsstelle der Landesbeauftragten für Tierschutz in Hessen, in deren Auftrag er auch das Gutachten erstellt hat. Der Jurist ist unter Tierschützern bekannt und außerdem Vorsitzender der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht.
Als zweiten Grund für die Verfassungswidrigkeit der geplanten Fristverlängerung gibt Maisack den Verstoß gegen das Staatsziel Tierschutz an, laut dem Tiere vor „vermeidbaren Leiden“ geschützt werden müssten. Die betäubungslose Ferkelkastration sei vermeidbar, argumentiert Maisack, „weil ausreichende Erfahrungen mit Alternativen, die sowohl praktikabel als auch wirtschaftlich sind, gesammelt werden konnten“. Unter den Alternativen verweist Maisack vor allem auf die Impfung gegen den Ebergeruch. Bei einem beim Bundesverfassungsgericht eingeleiteten Normenkontrollverfahren, das insbesondere die Länder anstrengen könnten, könne die Fristverlängerung für verfassungswidrig und nichtig erklärt werden.
Maisack springt mit seiner Beurteilung dem Mannheimer Strafrechtler Prof. Dr. Jens Bülte bei, der bereits Anfang Oktober kurz nach dem Beschluss des Koalitionsausschusses für die Fristverlängerung diese als verfassungswidrig eingestuft hatte.
Der Deutsche Tierschutzbund (DTB) fühlt sich mit dem weiteren Gutachten in seiner Ansicht bestätigt. Die Große Koalition stelle die wirtschaftlichen Interessen der Tiernutzer in Deutschland über das Staatsziel Tierschutz und verstoße gegen das Grundgesetz, wiederholte Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, seine Kritik an der Fristverlängerung. „Was rechtstaatlich beschlossen ist, muss gelten, sonst leben wir in einer Bananenrepublik“, sagte Schröder.
Union und SPD arbeiten derzeit immer noch an einem gemeinsamen Text für die gemeinsame Fraktionsinitiative zur Fristverlängerung um zwei Jahre. Nächstes Datum für einen Beschluss ist der 6. November. Am 1. Oktober hatte sich der Koalitionsausschuss von CDU/CSU und SPD darauf geeinigt, die Übergangsfrist bis zum vollständigen Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration noch einmal um zwei Jahre zu verlängern. Zuvor hatten die Länder im Bundesrat mehrheitlich gegen eine Fristverlängerung über 2018 hinaus gestimmt. Im Jahr 2008 hatten der Deutsche Bauernverband, der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels und der Verband der Fleischwirtschaft sich in der „Düsseldorfer Erklärung“ dafür ausgesprochen, schnellstmöglich auf die betäubungslose Kastration zu verzichten. Im Jahr 2013 zog der Gesetzgeber nach und beschloss das Verbot ab 2019.