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topplus Trotz Kritik

Die spanische Fleischbranche bleibt positiv gestimmt

Die spanischen Fleischproduzenten wollen trotz zunehmender Kritik weiter expandieren. Noch gibt die Politik ihnen Rückendeckung.

Lesezeit: 7 Minuten

Unsere Autorin: Stefanie Müller, Spanien

Der spanische Schweinefleischmotor läuft trotz zunehmender Kritik von Tier- und Umweltschützern sowie zuletzt sinkender Produktionsmengen weiter auf Volllast. Der Selbstversorgungsgrad liegt aktuell bei über 200 %. Im letzten Jahr hat die Branche über 5,2 Mio. t Schweinefleisch produziert und damit ihren Spitzenplatz in der EU gefestigt. Und der Abstand zum Zweitplatzierten Deutschland wächst immer weiter an. Die Bundesrepublik hat im letzten Jahr nur noch 4,5 Mio. t produziert. 2020 waren es laut Statistikamt noch knapp 5,1 Mio. t.

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Die wirtschaftliche Bedeutung des ­spanischen Veredlungssektors ist mittlerweile gewaltig. Der Exportumsatz beträgt derzeit fast 11 Mrd. €. Die gesamte Branche setzt nach offiziellen Angaben des Nationalen Verbandes der Fleischindustrie Spaniens (Anice) rund 31 Mrd. € um.

Gemessen am gesamten Umsatz des Lebensmittelsektors sind das gut 28 % bzw. 2,6 % des Bruttoinlandproduktes. Zum Vergleich: In Deutschland liegt der Umsatzanteil der Fleischbranche, gemessen am gesamten Umsatz des Lebensmitteleinzelhandels, bei gut 20 %.

Minister unterstützt Branche

Unterstützung erhält die Branche von der Politik. Landwirtschaftsminister Luis Planas von der Mitte-links stehenden Partei PSOE (Partido Socialista Obrero Español) sieht sich sogar als Sprachrohr des Sektors. Planas setzte sich bislang immer wieder offen für die finanzielle Unterstützung der Landwirte und Fleischindustrie ein. Für neue EU-Auflagen in den Bereichen Haltung und Schlachtung zahlt die spanische Regierung finanzielle Hilfen an die Sauenhalter und Mäster.

Glück haben die spanischen Veredler und Schlachthöfe auch damit, dass die heimischen Medien nur selten auf Skandale in Schlachthöfen oder landwirtschaftlichen Betrieben eingehen. Und wenn dies doch einmal geschieht, ist der mediale Fokus meistens schnell wieder vorbei.

Kein Wunder, dass der Nationale Verband der Fleischindustrie zufrieden ist mit der bisherigen Entwicklung. „Wir wachsen, die Erlöse stimmen und wir profitieren zunehmend von den deutschen Exportproblemen seit dem Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest in verschiedenen Bundesländern“, be­­tont Exportmanager Miguel Ángel Garciá vom Branchenführer Vall Companys.

Er ist deshalb fest davon überzeugt, dass der spanische Schweinefleischexport so lange stabil läuft, wie das Land ASP-frei bleibt. Und dafür setzt man alle Hebel in Bewegung. Die spanische Veredlungsbranche arbeitet kontinuierlich an der Verbesserung der eigenen Biosicherheit. So fordert zum Beispiel der Bauernverband, dass alle Importferkel mittels Blutprobe vor der Einfuhr auf das ASP-Virus untersucht werden. Zudem sollen Transportunternehmer für ihre Lkw Reinigungs- und Desinfektionsbescheinigungen vorlegen müssen.

Die Biosicherheit gewinnt zunehmend an Bedeutung, weil Spanien wegen an­­haltender PRRS-Probleme immer mehr Ferkel importieren muss. Allein im ersten Quartal dieses Jahres wurden 50 % mehr Ferkel eingeführt als im Vorjahreszeitraum.

Deutschland die Show stehlen

Angesichts der enormen Wachstumsraten ist der Sektor mittlerweile gezwungen, immer mehr Fleisch außerhalb Spaniens abzusetzen. Der Hauptzielmarkt ist Asien, weil dort Tierwohl und die fleischlose Ernährung keine große Rolle spielen. Zudem kämpfen viele asiatische Länder weiterhin mit ASP-bedingten Bestandseinbrüchen.

Allerdings wird das Exportgeschäft zusehends schwieriger, betonen die Fleischverarbeiter. Angesichts steigender Produktionskosten könne man nicht mehr so günstig anbieten wie früher, heißt es dazu.

Neben asiatischen Ländern wie China, den Philippinen, Japan und Korea haben die spanischen Exporteure den EU-Binnenmarkt fest im Visier. Frankreich, Italien und Portugal sind die Hauptabnehmer spanischer Schweinefleischartikel. „Deutschland ist angesichts des extremen Preisbewusstseins der deutschen Verbraucher kein Zielmarkt für uns. Beim Export nach Deutschland drehen sich die Verhandlungen immer nur um die Preisfrage“, betont Jorge Oli, Exportmanager beim Spanferkelspezialisten Tabladillo.

Tierwohl kein Thema

Vorteile sehen die spanischen Schweinefleischproduzenten für sich auch in der im Vergleich zu Deutschland bislang kaum existierenden Diskussion um Tierwohl. „In Spanien spielen Tierwohlzertifikate beim Einkaufen im Supermarkt oder Discounter keine Rolle. Unsere Verbraucher schauen lieber auf eine gute Produktqualität. Insofern hat der Sektor hier Ruhe“, verrät Oli.

Hoffnungsvoll stimmt den Exportmanager die Tatsache, dass nur 1 % der spanischen Haushalte ausschließlich auf vegetarische Ernährung setzen. Zwar sinkt der Fleischkonsum, der Gesamtverbrauch stagniert aber im europäischen Vergleich auf einem hohen Niveau. Im Jahr 2021 lag der Verbrauch bei gut 51 kg Schweinefleisch pro Person. Im Jahr 2007 waren es sogar 62 kg!

Kopfzerbrechen bereitet der Branche allenfalls die zunehmende Umweltdiskussion. Die extreme Konzentration der Veredlung in Regionen wie Lleida, rund 200 km nordwestlich von Barcelona, ruft immer mehr Umweltschützer auf den Plan. Zudem wird die Kritik wegen des extremen Wasserbrauchs im Gemüseanbau und in der Viehhaltung lauter. Kein Land in der EU leidet so stark unter dem anhaltenden Klimawandel und der Dürre wie Spanien.

Bereits jetzt werden täglich Millionen Liter Frischwasser über gewaltige Be­­tonkanäle von den Pyrenäen in die Tief­ebenen geleitet und dort in der Tierhaltung verbraucht. Umweltschützer fordern daher den Abbau der Nutztierbestände und die bessere Verteilung der Veredlung in der Fläche sowie die Schließung von Großbetrieben mit 50.000 Schweinen, den sogenannten Macrogranjas.

Zwar versuchen Unternehmen wie Grupo Jorge das Wasser- und Gülleproblem mithilfe von moderner Technik in den Griff zu bekommen. Dennoch hält die Kritik an, weil die Unternehmen dafür viel Energie verbrauchen. „Grupo Jorge setzt deshalb vermehrt auf Wind- und Solarenergie. Wir wollen damit unseren Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen“, berichtet Marketingchef José Miguel Torrecillas.

Wir arbeiten an besseren Umweltstandards.“

Die spanische Regierung hat wegen der anhaltenden Dürre zum wiederholten Mal einen Wasser-Krisenstab einberufen, der schnell Lösungen ausarbeiten soll. Zudem hat die Regierung angekündigt, dass sie die EU wegen der Dürre um eine Aufstockung der spanischen Agrarhilfen bitten und selbst neue Subventionen auf den Weg bringen wird.

Bisher wurden vom spanischen Landwirtschaftsministerium 300 Mio. € an rund 250.000 Landwirte ausgezahlt. Hinzukommen sollen zinsgünstige Darlehen sowie Bürgschaften. Außerdem wurden steuerliche Erleichterungen in Höhe von fast 190 Mio. € beschlossen.

Von der Trockenheit betroffen ist übrigens auch die sogenannte Eichelmast mit Iberico-Schweinen in Andalusien. An vielen Standorten sind die Weiden bereits seit dem Frühjahr stark ausgetrocknet. Branchenverbände rechnen daher damit, dass wegen der Dürre zwischen 15 und 20 % weniger Tiere geschlachtet werden als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum.

Das Problem ist die sinkende Erntemenge bei den Eicheln. Die Produktion ist wegen des fehlenden Niederschlags um 20 bis 25 % zurückgegangen, schätzen Experten. Das führt dazu, dass die Tiere länger brauchen, um ihr Idealgewicht zu erreichen, berichtet die Vereinigung des iberischen Schweins Asici. Die Tiere starten auf den Weiden im Oktober normalerweise mit rund 90 kg und sollten im Februar ca. 150 kg wiegen.

Sorge vor Kostenexplosion

Neben der zunehmenden Wasserproblematik bereitet den spanischen Produzenten die sinkende Marge große Sorge. Für viele in der Kette ein Gefühl, das sie bislang überhaupt nicht kannten. Manuel Rodriguez, Verkaufsdirektor beim spanischen Wurst- und Schinkenproduzenten Melquiades, befürchtet, dass die Herstellung von Schweinefleisch insbesondere wegen der stark steigenden Kosten im Energie- und Futtersektor immer teurer wird. „Diese Mehrkosten können wir ­leider nur zum Teil an die Verbraucher weitergeben“, so Rodriguez.

Die steigenden Produktionskosten bereiten uns Sorge.“

Auch Exportmanager Miguel Ángel Garcia vom Fleischverarbeiter Vall Company, glaubt, dass die bisherigen Margen in Zukunft schrumpfen. Das Unternehmen, das selbst Sauen und Mastschweine hält, sucht sein Heil deshalb in weiterem Betriebswachstum und setzt auf Zukäufe. „Wir produzieren in unserer Integration momentan 6 Mio. Schweine pro Jahr, das sind 1 Mio. mehr als ein Jahr zuvor“, so Garcia. Er ist sich sicher, dass weitere Wachstumsschritte folgen werden, die sein Unternehmen krisenfester machen.

Fazit

  • Der spanische Schweinefleisch­sektor wächst seit Jahren und ist in Europa mittlerweile die Nr. 1.
  • Die Regierung unterstützt die Branche.
  • Tierwohlzertifikate spielen beim Einkauf keine große Rolle.
  • Probleme bereitet den Veredlern die Dürre. Wasser wird immer knapper.
  • Steigende Kosten können die Produzenten nur teilweise weiterreichen.
  • Sinkende Margen will man durch Größenwachstum ausgleichen.
  • In Spanien liegt der Schweinefleischverzehr bei über 50 kg pro Kopf und Jahr. Hochwertige Schinken sind ein Absatzrenner.
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