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Zwischen Betriebswirtschaft und Tierwohl: Kupierverzicht als Balanceakt

Schweinehaltung mit intaktem Ringelschwanz ist möglich aber nicht einfach. Bei einer ProVieh-Veranstaltung berichtet ein Landwirt, wie ihm das gelingt und wo die Probleme liegen.

Lesezeit: 5 Minuten

Kein Landwirt kürzt seinen Schweinen die Schwänze aus Spaß. Schwanzbeißen, Entzündungen und Folgeerkrankungen setzen den Tieren zu, können ihrerseits zu unnötiger Tierqual führen und die Veterinärkosten oder Verluste in die Höhe treiben. Auf der anderen Seite steht seit 1991 ein generelles Kupierverbot, das eigentlich das Kürzen von Schwänzen nur als Ausnahme zulässt. In der Novelle des Tierschutzgesetzes sollen die Vorgaben nochmals angezogen werden, was den Haltern die Sorgenfalten auf die Stirn treibt: Erwartet werden nicht nur erneut höhere Dokumentationslasten, viele fürchten auch, dass der Tierschutz dadurch kaum gewinnt – schließlich soll auch die Auslöseschwelle für das Schwänzekürzen von 2 % geschädigter Tiere auf 5 % angehoben werden.

Da ist guter Rat teuer und mitunter wird womöglich doch die Idee aufkommen, es vielleicht ohne Kupieren zu versuchen. Doch der Verzicht auf diese Praxis ist keine leichte Übung und die betriebswirtschaftliche Komponente kommt immer noch hinzu. Ob und wie das gelingen kann, diskutierten Praktiker, Politiker und Tierschützer bei einer Veranstaltung des Tierschutzvereins ProVieh am Dienstag in Berlin.

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Seit 2016 ohne kupierte Schweineschwänze

Ralf Remmert ist ein Aus- und Quereinsteiger. Der Elektroingenieur hat vor etlichen Jahren umgesattelt auf den Landwirtsberuf und hält in der Prignitzer Landschwein GmbH im Norden Brandenburgs 1.500 Sauen. Seit 2016 verzichtet er bei allen Tieren von jung bis alt komplett auf das Kupieren von Schwänzen. Nach seiner Erfahrung würden viele Schweinehalter ebenfalls gern diesen Weg gehen, schrecken aber vor den Kosten und unsicheren Erlösen zurück.

Remmert wollte auf dem eigenen Betrieb seit jeher möglichst auf alle Manipulationen am Tier verzichten. Ohne Zähne schleifen und Kastration ging es ihm zufolge noch relativ leicht, Knackpunkt sei jedoch das Kupieren gewesen. Der Verzicht fiel Remmert hier schwerer, da ihm neben dem Schwanzbeißen vor allem Nekrosen zu schaffen machten. Sein Ausweg: Er kürzte zentimeterweise, wobei der Letzte der schwerste gewesen sei, räumt der Praktiker ein. Das sei aber 2016 gelungen, als auch niedersächsische Mäster mit eingebunden werden konnten. Geholfen hatte dabei der Glücksfall Ringelschwanzprämie, die gerade zu dem Zeitpunkt im Nachbarland eingeführt worden war.

Vorn am Tier muss alles stimmen

Aber wie hat Remmert den Kupierverzicht erreicht? Sein Rezept: Wenn man den Ringelschwanz intakt haben will, muss vorne am Tier alles stimmen. Nach den Erfahrungen des Landwirts betrifft das nahezu alle Aspekte von Haltung über Gesundheit und bedarfsgerechte Fütterung sowie Futterqualität. Ganz wichtig sei eine intensive Tierbeobachtung wobei längst nicht alle Mitarbeiter den „Blick fürs Tier“ haben, betont Remmert. Beschäftigungsmöglichkeiten sind ihm zufolge unverzichtbar. Dazu gehöre ein Haltungssystem, in dem die Tiere ihr Wühlverhalten ausleben können – auch über Strukturfütterung.

Das alles sei teurer, rentiere sich aber auch, stellt der Schweinehalter fest. Er verzeichnet bessere Futterverwertung, höhere Tageszunahmen und robustere Tiere. Gleichwohl ist auch für Remmert klar: „Den Ringelschwanz gibt es nicht zum Nulltarif.“ Mehrerlöse seien erforderlich. Die kann Remmert aktuell erzielen. Er räumt aber auch ein, dass er derzeit noch einen Nischenmarkt bedient. Wolle man das System in die Breite bringen, müssten dafür auch die notwendigen Wertschöpfungsketten aufgebaut werden, um das . Wie das im aktuellen System passieren soll, wo 40 % vom Schwein am hart umkämpften Weltmarkt abgesetzt werden müssen, ist eine andere Frage.

Grünen-Politikerin Mayer: Das Ziel bleibt das Verbot

Ungeachtet dessen sollen die Vorgaben für den Kupierverzicht im novellierten Bundestierschutzgesetz noch enger gefasst werden. Für die grüne Bundestagsabgeordnete Dr. Zoe Mayer wird es dafür höchste Zeit. Sie sagt: „Die Haltung muss sich ändern.“ Freiwillige Programme sind dafür nach ihrer Überzeugung nicht geeignet. Stattdessen sei ganz klar das Verbot es Kupierens weiter das Ziel sein, fordert die Grünen-Politikerin. Positivbeispiele aus der konventionellen wie ökologischen Haltung zeigten schließlich, dass es funktioniere, „wenn man sich Mühe gibt“.

Andere Länder wie Dänemark hätten sich mit einem aufwändigen Anreiz- und Verbotssystem ebenfalls auf diesen Pfad begeben. „Wir sind mit dem Tierschutzgesetz einen ordnungsrechtlichen weg gegangen“, so Mayer. Der sei zugegebenermaßen sehr dokumentationsaufwändig. Darüber könne man gerne sprechen. Langfristig führe jedoch an anderen Haltungssystemen kein Weg vorbei.

Hennig: Mittelweg finden zwischen Tierwohl und Umsetzbarkeit

Die SPD-Tierschutzbeauftragte Anke Hennig verteidigte ihrerseits die anstehende Tierschutznovelle. Die könne noch an manchen Punkten nachgeschärft werden, dennoch müsse dabei ein gangbarer Mittelweg zwischen den Bedürfnissen der Tiere und der Belastbarkeit der Landwirte gefunden werden. Hennig sieht dabei finanzielle Anreize wie Förderprogramme zum Stallumbau als richtigen Hebel. Notwendig sei auch Planungssicherheit, damit sich das Risiko Stallneubau für die Landwirte auch wieder lohne.

Bodtke: Brauchen beim Tierschutz „Herz und Verstand“

Der Tierschutz-Berichterstatter der FDP-Bundestagsfraktion, Ingo Bodtke, vermisst in der Debatte die Verbraucher, die nun einmal im Laden selten das tun, was sie in Umfragen fordern. Gerade einmal 5 % der Bürger zahlten effektiv mehr für Produkte mit besonders hohen Tierwohl-Standards, gab der Liberale zu bedenken. Die Politik dürfe deshalb bei den Tierschutzvorgaben die Schraube nicht überdrehen, sonst wandere noch mehr Produktion ins Ausland ab und am Ende habe Deutschland kaum noch Halter, die solche Standards umsetzen könnten. Die Verschärfung der Tierschutzstandards müsse deshalb mit „Herz und Verstand“ geschehen.

Die Linken-Abgeordnete Ina Latendorf will die Tierhalter aber nicht aus der Verantwortung entlassen. Sie spricht sich für die die klare Definition geeigneter Haltungsbedingungen aus, die von den Landwirten dann auch zwingend umgesetzt werden müssten, um Schwanzbeißen wirksam zu verhindern.

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