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topplus Sachverständigenanhörung

Bauernverband warnt im Bundestag: Tierschutznovelle kostet Existenzen

Der Streit um die Tierschutznovelle geht in der Sachverständigenanhörung weiter. Während Vertreter der Halter Wettbewerbsverzerrungen und hohe Kosten beklagen, wollen Tierschützer mehr Verschärfungen.

Lesezeit: 5 Minuten

Bei der Sachverständigenanhörung zur Novelle des Bundestierschutzgesetzes waren am Montag harte Fronten erkennbar: Während Vertreter von Medizin und Praxis auch aus Tierschutzsicht wenig mit den geplanten Änderungen anfangen können und vor wirtschaftlichen Verwerfungen warnen, pochen Tierschützer auf noch viel weitergehende Änderungen.

Krüsken: Deutsche Wettbewerbsfähigkeit wird ignoriert

Ein klares Nein zum Gesetzentwurf kam vom Deutschen Bauernverband (DBV). „Weitreichende gesetzliche Veränderungen, wie sie im Gesetzesentwurf zur Änderung des Tierschutzgesetzes vorgesehen sind, für die praxistaugliche Lösungen fehlen und die einen angemessenen zeitlichen Rahmen sowie eine Berücksichtigung der Wettbewerbsfähigkeit im EU-Binnenmarkt vermissen lassen, lehnen wir ab“, sagte DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken.

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Es stehe außer Frage, einen ausgewogenen Ansatz zu finden, der sowohl die berechtigten Anliegen des Tierschutzes als auch die Realitäten und Herausforderungen in der landwirtschaftlichen Praxis berücksichtige. Davon sei der vorliegende Gesetzesentwurf der Ampelregierung leider weit entfernt. Die Pläne führten vielmehr zu einer Verlagerung der Tierhaltung ins Ausland. „Mit Verboten und Verschärfungen des Strafmaßes im nationalen Alleingang kann man Tierschutz nicht voranbringen.“. Vielleicht noch ein Beispiel einflechten, das in der Anhörung genannt wird.

Extrem hohe Kosten

Auch die Folgen für die Tierhalter wären laut Krüsken gravierend. Er warnt: Sollte das Gesetz kommen, müssten perspektivisch alle derzeitigen Anbindehaltungsbetriebe einen Boxenlaufstall bauen. Pro Platz für einen Boxenlaufstall sei mit Investitionskosten von mindestens 10.000 € zu rechnen. Daraus resultierten rund 3 Mrd. € Investitionskosten für die betroffenen Milchviehhalter, was zu jährlichen Kosten von mehr als 200 Mio. € nur für diesen Bereich führe. Nach Paragraf 18 des Tierschutzgesetzentwurfs drohe für einen Verstoß gegen die Regelungen zur Anbindehaltung eine Geldbuße in Höhe von bis zu 50.000 €. „Diese Höhe kann Existenzen vernichten und ist daher vollkommen unverhältnismäßig“, stellte Krüsken klar.

Timm-Guri: Heimische Produktion gefährdet

Ähnlich sieht das Isabella Timm-Guri, Direktorin Fachbereich Erzeugung und Vermarktung beim Bayerischen Bauernverband (BBV). Sie sprach von einer „Sackgasse“, in die das überarbeitete Tierschutzgesetz führe. Die an Versorgung der Menschen mit heimischen Produkten wäre bei seiner Einführung gefährdet. Vor allem Betriebe im süddeutschen Raum seien auf die Anbindehaltung angewiesen.

Timm-Guri meint damit nicht zuletzt die meist kleinen Alm-Betriebe, die nicht nur für die Milchproduktion sorgten, sondern auch für den Erhalt der Kulturlandschaften in stark touristisch geprägten Regionen. In den Höfen finde jene regionale Wertschöpfung statt, die von der Politik so oft herausgehoben werde, gab die BBV-Vertreterin zu bedenken. Sie warnte vor einer „falschen Weichenstellung bei dem Gesetz“, jeder zweite Milchviehbetrieb in Bayern stünde auf dem Spiel, sollte der Entwurf in der angedachten Form kommen.

Tierarzt Palzer: Tierschutzgesetz als Symbolpolitik

Begeisterung löst die Tierschutznovelle anscheinend auch bei den Veterinären nicht aus. Dr. Andreas Palzer vom Bundesverband Praktizierender Tierärzte (BpT), bezeichnete die geplanten Änderungen am Tierschutzgesetz als „Symbolpolitik“. Bis auf wenige Ausnahmen würden sie in der Praxis „nicht zu einer signifikanten Verbesserung des Tierschutzes in Deutschland führen“. Die Maßnahmen zum Schwänzekupieren - vor allem bei Lämmern - könnten Tierleid sogar noch vergrößern.

„Völlig unverständlich bleibt, dass an manchen Stellen unnötige Bürokratie aufgebaut wird, ohne dass damit ein erkennbarer Nutzen für die Problemlösung oder die Kontrollbehörde verbunden ist“, kritisierte Palzer. Die Symptom- und Diagnose-Liste von möglichen Anzeichen des Vorliegens einer Defektzucht (Qualzucht) lese sich „zusammengewürfelt“, die Auswahl der Begriffe sei willkürlich und effektheischend.

Kari: Es muss nun gehandelt werden

Für die Beauftragte der Bundesregierung für den Tierschutz, Ariane Kari, gehen die geplanten Änderungen längst nicht weit genug. Sie hatte sich schon zuvor für ein totales Verbot der Anbindehaltung ausgesprochen und kritisierte die zwischenzeitlich gemachten Zugeständnisse, die es gegenüber ersten Entwürfen gegeben habe. Die sind aus ihrer Perspektive „Verschlechterungen“, etwa die Kombihaltung, die es Betrieben mit bis zu 50 Rindern erlaubt, mit ihren Anbindehaltungssystemen weiterzumachen.

Ursprünglich sollte die ganzjährige Anbindehaltung nach fünf Jahren auslaufen, die saisonale war an den Betriebsinhaber geknüpft. Nun sei die Übergangsfrist für die ganzjährige Anbindehaltung zehn Jahre und auch die Anknüpfung an den Betriebsinhaber sei nicht mehr im Gesetzentwurf. Sie erkenne zwar, dass vor allem auch kleine Almbetriebe von den Veränderungen bei der Anbindehaltung betroffen seien, jedoch bestehe das Problem seit Jahrzehnten und es müsse nun gehandelt werden.

Müller fordert Verbot "tierschutzwidriger Haltungssysteme"

Auch nach Ansicht von Dr. Esther Müller, Geschäftsführerin Wissenschaft beim Deutschen Tierschutzbund, bleibt der Gesetzentwurf hinter den Erwartungen zurück. Ihr fehlt ebenfalls das im Koalitionsvertrag angekündigte vollumfängliche Verbot der Anbindehaltung von Rindern. Obwohl auch der Bundesrat sich bereits 2016 für ein Ende der Anbindehaltung ausgesprochen habe, „fehlt im Entwurf der Mut zu einer konsequenten, aus Tierschutzsicht dringend gebotenen politischen Entscheidung“, sagte Müller.

Der Tierschutzverbund fordert das vollständige Verbot „tierschutzwidriger Haltungssysteme“ wie Käfig-, Kastenstand- und Anbindehaltung sowie das Verbot schmerzhafter Eingriffe und Amputationen ohne medizinische Indikation. Außerdem sprach sich Müller für „konkrete Maßnahmen zur Erreichung des Ziels“ aus, alle Tierversuche zu beenden, so wie es der Koalitionsvertrag der Ampelregierung vorsieht.

Auernhammer: Strukturbruch in der Landwirtschaft wird beschleunigt

Für den agrarpolitische Sprecher der CSU im Bundestag, Artur Auernhammer, hat die Anhörung zum Tierschutzgesetz eines gezeigt: „Der vorliegende Entwurf dient weniger dem Tierschutz, als vielmehr dazu, den Strukturbruch in der Landwirtschaft massiv zu beschleunigen. Insbesondere kleinbäuerliche Betriebe werden darunter leiden und vielfach aufgeben.“

Auernhammer befürchtet ebenfalls, dass Tierhaltung aus Deutschland weggeht und ins Ausland verlagert wird. „Dem Tierschutz wird damit ein Bärendienst erwiesen, da im Ausland die Standards oftmals niedriger sind als bei uns“, so der CSU-Politiker. Falls dass das Ziel der Ampelkoalition sei, solle sie das bitte auch so kommunizieren.

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