Der polnischen Ratspräsidentschaft könnte beim Thema Neue Züchtungstechniken (NZT) demnächst der Durchbruch gelingen. Darauf hoffen zumindest einige Optimisten.
Wie aus Verhandlungskreisen zu hören ist, könnte am 12. März im Ausschuss der Ständigen Vertreter (COREPER) eine Entscheidung im Sinne der Befürworter des Dossiers fallen. Diplomatenkreise berichten gegenüber AGRA Europe übereinstimmend, dass Polen in das Lager der Fürsprecher gewechselt sein soll.
Darüber hinaus sollen sich elf weitere Länder, darunter Frankreich, Spanien, die Niederlande und Lettland weiterhin für eine gemeinsame Position ausgesprochen haben.
Alle Blicke nach Belgien
Hoffnungen des „Ja-Lagers“ ruhen auf Italien, Dänemark, Litauen und Schweden. Die vier Staaten sollen sich positiv über den jüngsten Kompromissvorschlag geäußert haben. Eine finale Zustimmung gebe es aufgrund von Prüfvorbehalten aus den jeweiligen Hauptstädten jedoch bislang nicht. Viel hängt jetzt an der neuen Regierung in Belgien. Sollte das Land nicht zustimmen, würde eine Zustimmung knapp verfehlt.
Bekanntlich bedarf es für eine qualifizierte Mehrheit ein positives Votum von mindestens 15 der 27 EU-Mitgliedstaaten. Diese Staaten müssen zudem 65% der EU-Bevölkerung repräsentieren. Sollte Belgien nicht mit Ja stimmen, würden die Befürworter lediglich 64,1% der EU-Bevölkerung repräsentieren. Damit wäre ein Plazet denkbar knapp gescheitert.
Deutschland soll dem Vernehmen nach von Ablehnung auf Enthaltung gewechselt haben. Hintergrund ist hier der anstehende Regierungswechsel in Berlin.
Jetzt ist noch Zeit für Einwände - bevor die Dänen voll auf Liberalisierung setzen
Trotz alledem blickt man in Warschau weiterhin zuversichtlich auf die anstehende Abstimmung. Man arbeite mit Nachdruck daran, eine Einigung zu erzielen, um dann zeitnah in die Trilog-Verhandlungen mit dem Europaparlament und der Kommission einzutreten, hieß es von polnischer Seite.
Zudem wird der Regierung in Warschau nachgesagt, dass sie lieber eine Einigung unter eigener Präsidentschaft erzielen will als unter dem ab Juli neuen dänischen Ratsvorsitz. Die Regierung des norddeutschen Nachbarn gilt bekanntlich als sehr viel offener gegenüber Neuen Züchtungstechnologien. Entsprechend liberal könnte auch ein Kompromiss unter dänischer Ägide ausfallen, so ein polnischer Diplomat.
Bauchschmerzen in der Biobranche
Derweil fordert die EU-Gruppe der Internationalen Vereinigung ökologischer Landbaubewegungen (IFOAM Organics Europe) in einem Brief an die EU-Agrarminister deutliche Nachbesserungen. Wiederholt wurde das Argument, wonach die europäischen Züchter und Landwirte nicht vor Patentansprüchen geschützt seien. Darüber hinaus sei eine Wahlfreiheit der Agrar- und Lebensmittelindustrie durch fehlende Kennzeichnung nicht gewährleistet.
Erneuert wird zudem die Forderung nach einem Verbot aller NZT-Kulturen im ökologischen Landbau. Hier stünden vor allem der Vorschlag der Kommission und der bisherige Kompromisstext des Rates hintenan. Zwei Bestimmungen sind der IFOAM Organics Europe dabei besonders wichtig: ein Rückverfolgbarkeitssystem entlang der gesamten Lieferkette und eine klare Rechtsgrundlage für nationale Koexistenzmaßnahmen. „Es muss Wahlfreiheit herrschen“, heißt es in dem Schreiben an die EU-Agrarminister.