Im letzten Herbst ließ sich der Raps in den meisten Regionen zwar zum optimalen Termin säen, wegen der nachfolgenden Nässe liefen viele Bestände aber ungleichmäßig auf. Gebietsweise zog sich der Auflauf zudem über einen sehr langen Zeitraum, sodass einige Rapsbestände mit vielen kleinen Pflanzen in den Winter gingen.
In puncto Schädlinge kam es teils zu einem extremen Besatz mit Blattläusen bereits ab dem Keimblattstadium. An einigen Standorten traten auch Rübsenblattwespen auf, die einen Skelettierfraß verursachten. Ob alle Rapsbestände vor allem in Mitteldeutschland den Winter unbeschadet überstehen, ist momentan nicht absehbar.
Wichtig ist es nun, den Raps hinsichtlich der Frühjahrsschädlinge gezielt zu überwachen. Oft fliegen Stängelrüssler schon im Februar zu.
Gelbschalen früh aufs Feld
Um frühzeitig das Auftreten des Gefleckten Kohltriebrüsslers und Großen Rapsstängelrüsslers zu bemerken, empfiehlt es sich, spätestens ab einer Tagestemperatur von 10 °C die Gelbschalen aufzustellen. Platzieren Sie am besten zwei Schalen pro Rapsfläche an verschiedenen Seiten des Schlages in Zuflugrichtung der Käfer. Meist wandern sie von Vorjahresrapsflächen, Hecken und Waldrändern ein. Füllen Sie die Schalen bis zur Hälfte mit Wasser und geben Sie etwas Spülmittel hinzu. Wichtig ist auch eine Gitterabdeckung, die verhindern soll, dass Bienen und Hummeln darin landen.
Haben Sie einen ersten Zuflug registriert, ist es angeraten, die Gelbschalen möglichst zweimal pro Woche zu kontrollieren. Achten Sie zusätzlich darauf, die Schalen regelmäßig an die Bestandeshöhe des Rapses anzupassen.
Hinweis: Mit der sogenannten MagicTrap gibt es auch eine digitale Gelbschale. Diese unterstützt bei der Überwachung der Schaderreger (vor allem beim Erstzuflug) und hilft, weit entfernt liegende Schläge besser im Blick zu halten. Die Schale ist mit einem Wassertank, Kameramodul, einer Mobilfunkeinheit und einem solarbetriebenen Akku ausgestattet. Während der Saison fotografiert die Kamera den Schaleninhalt regelmäßig. Die Bilder werden dann von einer KI ausgewertet – sie erkennt, ob es sich um Rapserdflöhe, Rüsselkäfer oder Rapsglanzkäfer handelt und bestimmt auch deren Anzahl. Eine Unterscheidung zwischen den Rüsselkäferarten ist bislang aber noch nicht möglich. Die Ergebnisse lassen sich auf dem Smartphone über eine App darstellen. Bei starkem Zuflug erhalten Nutzer eine Push-Benachrichtigung.
Rüssler werden zuerst aktiv
Der Große Rapsstängelrüssler fliegt ab ca. 10 °C in die Rapsbestände ein. Da zeitgleich bzw. etwas später auch der Gefleckte Kohltriebrüssler erscheint, und sich die Schädlinge im Reifefraßverhalten und in der Schadwirkung deutlich unterscheiden, sollte man sie exakt bestimmen. Entnehmen Sie dazu die Käfer aus der Gelbschale, damit sie austrocknen (das erleichtert die Zuordnung). Der Große Rapsstängelrüssler ist ca. 2,5 bis 3 mm groß und hat dunkle Flügeldecken mit schwarzen Füßen. Der Gefleckte Kohltriebrüssler ist dagegen etwas kleiner und lässt sich am sichersten an den ungleichmäßig geschuppten Flügeldecken mit hellem Fleck und seinen rostbraunen Füßen erkennen.
Da der Große Rapsstängelrüssler auf Flächen überwintert, auf denen im Vorjahr Raps stand, ist es vor allem bei diesem Schädling wichtig, die Gelbschalen in Zuflugrichtung aufzustellen. Die Weibchen beginnen nach einem kurzen, nur wenige Tage andauernden Reifefraß mit der Eiablage in den Rapsstängel unterhalb des Vegetationskegels. Die Schäden sind wenige Wochen später deutlich im Bestand zu sehen – Pflanzen mit gestauchten Trieben und den typischen S-förmigen Verkrümmungen des Stängels. Später können betroffene Stängel aufplatzen und bieten Eintrittspforten für pilzliche Schaderreger wie Phoma lingam, Botrytis oder Verticillium.
Beim Gefleckten Kohltriebrüssler dauert der Reifungsfraß hingegen 7 bis 10 Tage. Danach legen die Weibchen ihre Eier vorwiegend in den Blattstielen ab. Die Larven wandern dann in den Haupttrieb, verbleiben dort bis zur Verpuppung und fressen im Stängelinneren. Das Ausmaß von Schäden durch Kohltriebrüssler nimmt man oft erst kurz vor oder während der Ernte wahr.
Für beide Käferarten gilt: Je wärmer es ist, desto schneller kommt es zur Eiablage. Dass die Befallsraten durch Stängelrüssler (ohne Unterscheidung der Arten) in den letzten sieben Jahren hoch sind, zeigen Monitoringdaten aus Thüringen (siehe Übersicht 1).
Strategien gegen Rüssler
Kräftige Rapspflanzen können bei günstigen Wachstumsbedingungen den Minierfraß der Rüsslerlarven im Stängelinneren zwar in den meisten Fällen kompensieren. Der Schaden entsteht aber durch ein erhöhtes Lagerrisiko, durch das Aufplatzen von Stängeln und durch Sekundärbefall mit Krankheiten. Wer Fungizide (Azole) zur Wuchsregulation oder gegen Phoma im Frühjahr einsetzt, reduziert diese Auswirkungen gleich mit.
Empfehlung: Sobald der Bekämpfungsrichtwert von mehr als 5 Großen Rapsstängelrüsslern je Gelbschale innerhalb von 3 Tagen erreicht wird (siehe Übersicht 2), sollte ein Pyrethroideinsatz noch vor der Eiablage erfolgen, da das Insektizid weder Eier noch Larven erfasst. Generell reagieren Rapsstängelrüssler noch sehr sensitiv auf Pyrethroide (Typ II und I), sodass Sie bei einer termingerechten Behandlung mit guten Bekämpfungseffekten rechnen können.
Beim Gefleckten Kohltriebrüssler liegt die Schadschwelle bei 15 Käfern je Gelbschale innerhalb von 3 Tagen. Wegen des längeren Reifungsfraßes lässt sich eine Insektizidmaßnahme gegen diesen Schädling besser planen. Zu beachten ist, dass die zugelassenen Typ-II-Pyrethroide gegen Kohltriebrüssler nicht mehr voll wirksam sind (fortgeschrittene Resistenz). Alternativ können Sie das Typ-I-Pyrethroid Trebon 30 EC nutzen, das neben den Stängelschädlingen auch Rapsglanzkäfer erfasst, die bei steigenden Temperaturen vermehrt vorkommen können. Desweiteren steht ihnen Carnadine 200 mit dem Wirkstoff Acetamiprid mit Indikationen gegen Rapsstängelrüssler und Gefleckten Kohltriebrüssler zur Verfügung. Hinweis: Das Typ-I-Pyrethroid Mavrik Vita bzw. Evure verfügt nicht über eine Indikation gegen diese beiden Schädlinge und darf daher für diese Behandlung nicht zum Einsatz kommen.
Rapsglanzkäfer Nicht immer Bekämpfungswürdig
Häufig lassen sich in den ersten Gelbschalenfängen auch vereinzelt Rapsglanzkäfer finden. In der Regel wandern sie verstärkt ab Tagestemperaturen von 15 °C aus Hecken, Waldrändern und Böschungen in die Rapsfelder ein. Schon 2 bis 3 Tage warmes und sonniges Wetter reichen für eine recht schnelle Verbreitung im Bestand aus. Bei Befall entsteht der größte Schaden während des Knospenstadiums, wenn die Käfer an den noch geschlossenen Knospen fressen, um an den Rapspollen zu gelangen. Hat der Bestand das Stadium des Blühbeginns erreicht, nimmt die Schadwirkung durch den Rapsglanzkäfer deutlich ab und kann toleriert werden.
Ob ein Insektizideinsatz gegen Rapsglanzkäfer erforderlich ist, hängt von der Anzahl Käfer je Haupttrieb ab. Bei diesem Schädling dienen die Gelbschalenfänge nur zum Registrieren des Erstzuflugs. Generell ist eine Behandlung nur wirtschaftlich, wenn im Knospenstadium mehr als 10 Käfer je Haupttrieb auftreten (Übersicht 2). Kontrollieren Sie dazu möglichst an fünf Stellen im Bestand je fünf hintereinanderstehende Pflanzen auf Befall. Orientiert man sich dagegen ausschließlich an den besonders weit entwickelten und hochstehenden Pflanzen, wird die Befallssituation überbewertet. Hinweis: Nur bei schwach entwickelten Beständen ist eine Halbierung der Bekämpfungsschwelle auf 5 Käfer je Haupttrieb gerechtfertigt.
Gegen Rapsglanzkäfer eignen sich Typ-II-Pyrethroide nicht mehr, da alle Populationen gegenüber dieser Wirkstoffklasse hoch resistent sind. Bevorzugen Sie daher Mospilan SG bzw. Danjiri, wenn im Knospenstadium des Rapses eine Behandlung notwendig wird. Diese B4-Präparate können Sie bis BBCH 59 (erste Blütenblätter sichtbar, Blüten noch geschlossen) anwenden. Beachten Sie, dass eine gemeinsame Ausbringung dieser Produkte mit Netzmitteln untersagt ist. Wer im Vorfeld das ebenfalls Acetamiprid-haltige Carnadine 200 gegen Stängelschädlinge eingesetzt hat, sollte nun den Wirkstoff wechseln und auf Mavrik Vita bzw. Evure setzen. Das gilt auch, wenn der Rapsbestand zu blühen beginnt.
Schotenschädlinge im Blick
Ein Befall durch Schotenschädlinge lässt sich nur schwer ermitteln. Kohlschotenrüssler können spätestens ab Blühbeginn auf den Rapsblüten zu finden sein. Nähert man sich ihnen an, lassen sie sich wegen der Bewegung im Bestand aber sofort zu Boden fallen. Daher ist es schwierig, die Bekämpfungsschwelle von 1 bis 2 Käfern pro Pflanze exakt zu bestimmen.
Eine noch größere Herausforderung ist es, ein bekämpfungswürdiges Auftreten der Kohlschotenmücke festzustellen. Denn die Mücken sind zum einen sehr klein und zum anderen nur schwer von Schlupfwespen zu unterscheiden.
Gegen Schotenschädlinge stehen leider nur noch Pyrethroide mit Kontaktwirkung zur Verfügung. Ausreichende Effekte gegen Kohlschotenrüssler lassen sich damit allerdings nicht erzielen (Bekämpfungslücke). Wird ein Insektizideinsatz notwendig, ist Mavrik Vita das Mittel der Wahl, da es Schlupfwespen schont. In vielen Fällen wird man aber auf eine Bekämpfung der Schotenschädlinge verzichten können bzw. reichen Randbehandlungen aus.
Denken sie an den Bienenschutz!
Bei jedem Einsatz von Insektiziden muss der Schutz der Bienen oberste Priorität haben. Bienengefährliche Mittel (B 1) darf man entsprechend der Bienenschutzverordnung nicht auf blühende oder von Bienen beflogene Pflanzen (einschließlich Unkräuter!) applizieren. Dabei bezieht sich die Einstufung der Bienengefährlichkeit der Präparate stets auf den Solo-Einsatz.
Bei Tankmischungen von Insektiziden mit Fungiziden aus der Gruppe der Ergosterol-Biosynthese-Hemmer (z. B. Tebuconazol, Metconazol) ändert sich die Bienengefährlichkeit (siehe Übersicht 3 auf Seite 98). Sehen Sie von Mischungen mit mehreren Insektiziden zur Wirksteigerung gegen gleichzeitig stark auftretende, verschiedene Käferarten unbedingt ab. Denn eine Mischung mehrerer Mittel wird toxikologisch mit einer Erhöhung der Aufwandmenge gleichgesetzt. Generell ist auch die für alle B 4-Insektizide geltende Auflage NN410 zu beachten. Diese besagt, dass man die Mittel zum Schutz von Wildbienen und Nichtzielarthropoden möglichst erst in den Abendstunden ausbringen sollte.
Ein weiterer Hinweis betrifft den Einsatz von Mospilan SG und Danjiri: Um Rückstandshöchstgehalte von Acetamiprid im Honig einzuhalten, ist die Anwendung dieser Präparate in Mischung mit Netzmitteln verboten.
Was leisten Nützlinge?
Nicht zu unterschätzen sind die Regulierungseffekte durch Nützlinge. Diese greifen unterschiedlich in die Entwicklung und massenhafte Vermehrung der Schädlinge ein. Besonders im Frühjahr und Sommer können sich Nützlingspopulationen recht schnell aufbauen, da sie dann ausreichend Nahrung finden.Neben Fressfeinden wie Laufkäfer und verschiedene Kurzflügelkäferarten, die zahlreiche Eier und Larven von Schädlingen vertilgen, leisten auch Spinnen einen wertvollen Beitrag – sie fangen in ihren Netzen Kohlschotenmücken und andere Käfer.
Verschiedene Schlupfwespenarten parasitieren zudem adulte Käfer von Stängelrüsslern, Rapsglanzkäfern und Kohlschotenrüsslern oder deren Eier und Larven. Insbesondere beim Rapsglanzkäfer lässt sich dadurch ein Ausgangsbefall erheblich reduzieren. Die Schlupfwespen fallen bei sonnigem Wetter zur Blüte des Rapses als große schwirrende Ansammlung von Insekten auf und sind leicht mit Kohlschotenmücken zu verwechseln. Schauen Sie daher genau hin – unnötige Behandlungen wären fatal.
Schlupfwespen erkennen Sie an ihrer Wespentaille, die Kohlschotenmücken nicht haben. Zudem verfügen sie über zwei Flügelpaare, die Mücken dagegen nur über ein Paar.
Neben diesen Nützlingen beeinflussen auch ein Pilz- oder Nematodenbefall und die Witterung (z. B. Trockenheit oder anhaltende Nässe) den Druck durch Schädlinge.
Weniger Insektizide durch Nützlinge?
Auswertungen von Monitoringdaten des Pflanzenschutzdienstes in Thüringen zeigen Jahr für Jahr, dass die Besatzdichten der Rapsglanzkäfer zum Knospenstadium des Rapses sinken. Gleichzeitig nahmen in den letzten 10 Jahren die Frühjahrsapplikationen speziell gegen Rapsglanzkäfer stetig ab. Die Vermutung liegt nahe, dass verringerte Insektizidintensitäten die natürliche Regulation der Insektenpopulationen unterstützt, da Nützlinge weitestgehend geschont werden. Um Nützlinge zu schonen und Resistenzen zu vermeiden, gilt folgender Appell: Setzen Sie Insektizide niemals vorbeugend ein, sondern nur gezielt nach dem Überschreiten der Bekämpfungsrichtwerte!