Die jüngsten Entwicklungen rund um das Jahressteuergesetz werfen ein beunruhigendes Licht auf die Entscheidungsträger in Berlin. Die Absenkung der Umsatzsteuerpauschale für Landwirte, die gleich zweimal in kurzer Folge erfolgen sollen, sind nicht nur politisch fragwürdig, sie zeugen von politischem Starrsinn. Hintergründe dazu lesen Sie hier: Steuerhammer: Bundestag beschließt Kürzung der Umsatzsteuerpauschale
Irrsinn pur
Es ist kaum nachzuvollziehen, dass die Bundesregierung trotz der eindeutigen Warnungen von Experten und Verbänden nicht nur an diesen Kürzungsplänen festhält, sondern offensichtlich mit dem Kopf durch die Wand will. Der Vorwurf, diese Maßnahmen seien ein "Schildbürgerstreich", ist angesichts der Auswirkungen auf die landwirtschaftlichen Betriebe nicht übertrieben. Die geplanten Absenkungen führen zu einem deutlichen Verwaltungsmehraufwand und somit zu einer weiteren Belastung der ohnehin schon stark beanspruchten Landwirte. Sieht so etwa der versprochene Bürokratieabbau aus?
Die Vorsteuerpauschale jährlich an die tatsächlichen Gegebenheiten anzupassen, ist richtig und fair. Es ist aber nicht richtig, die Bedenken an der Berechnung einfach vom Tisch zu wischen und die Branche mit der unterjährigen Kürzung vor solche Probleme zu stellen. Die Hersteller der Rechnungsprogramme benötigen für die Anpassung der Software in der Regel mindestens einen Monat. Mit anderen Worten: Mit der von der Regierung festgelegten schnellen Abfolge innerhalb weniger Tage kommen die Unternehmen nicht hinterher und die betroffenen Landwirte erst recht nicht. Chaos ist vorprogrammiert.
Nicht ohne Bundestag
Alarmierend ist auch der Plan, die jährliche Anpassung des Vorsteuersatzes künftig nicht mehr dem Bundestag zu überlassen. Dies widerspricht nicht nur den Prinzipien der Demokratie, sondern untergräbt auch das Vertrauen in die politischen Institutionen. Grundlegende Entscheidungen sollten im Parlament getroffen werden.
Die Ignoranz gegenüber den berechtigten Bedenken der Landwirte ist nicht nur bedauerlich, sie ist bedenklich. Wenn die Regierung aus den Protesten der Branche diese Erkenntnis gezogen hat, hat sie es nicht verstanden. Sie nimmt die Sorgen der Betroffenen – zumindest in dieser Hinsicht – nicht ernst.
Es ist höchste Zeit, dass die Politik wieder auf die Bedürfnisse der Landwirtschaft hört und verantwortungsvolle Entscheidungen trifft - Entscheidungen, die der Branche helfen und sie nicht ausbremsen.
Es bleibt zu hoffen, dass der Bundesrat die Regierung zum Einlenken zwingt. Andernfalls verspielt die Politik massiv an Vertrauen und provoziert so womöglich nur neue Proteste.