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Start der Ernte 2024 Agrarpaket der Bundesregierung Pauschalierung

topplus Neues Urteil

Beim Schlepperverkauf raus aus der Pauschalierung

Kaufen Sie eine neue und verkaufen gleichzeitig die alte Maschine, sollten Sie jetzt noch genauer prüfen, ob der Wechsel zur Regelbesteuerung lohnt.

Lesezeit: 5 Minuten

Dieser Beitrag ist zuerst erschienen im Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben.

Eins scheint klar: Die Ampel ist fest entschlossen, den Pauschalierungssatz weiter zu senken – unklar nur, wann und um wie viel. Sinkt der Satz, wird die Regelbesteuerung für viele Betriebe die bessere Wahl sein. Aber auch schon jetzt kann beim Kauf eines neuen und gleichzeitigen Verkaufs eines alten Schleppers die Pauschalierung für Ackerbaubetriebe zum Nullsummenspiel werden. Das zeigen unsere zwei Beispiele.

Der Hintergrund: Unabhängig vom Hin und Her der Regierung zum Pauschalierungssatz entschied der Bundesfinanzhof (BFH), dass bestimmte Umsätze aus der Durchschnittssatzbesteuerung herausfallen sollen: Laut der obersten Finanzrichter unterliegen Umsätze aus sogenannten Hilfsgeschäften, die zwar einen engen Bezug zur Erzeugertätigkeit haben, bei denen aber keine landwirtschaftlichen Erzeugnisse gehandelt werden, generell nicht der Durchschnittssatzbesteuerung (Az.: V R 3/21).

Dabei geht es den Richtern etwa um gebrauchte Maschinen, aber auch um Feldinventar. Denn selbst die „stehende Ernte“ sei nicht als landwirtschaftliches Erzeugnis anzusehen. Vielmehr ermögliche deren Lieferung dem Erwerber lediglich, landwirtschaftliche Erzeugnisse zu gewinnen, so die Richter.

„Hilfsgeschäfte“ fallen raus

Bisher lief es bei Hilfsgeschäften so: Verkauften pauschalierende Landwirte etwa Maschinen oder Geräte, die sie zuvor zu mehr als 95 %, also nahezu ausschließlich für Umsätze, die der Pauschalierung unterliegen, einsetzten, erlaubten die Finanzämter, dass Landwirte beim Verkauf den Pauschalsatz einbehielten.

Bisher wurde der Anwendungserlass, der diese Vereinfachungsregel vorgibt, nicht geändert. Nach dem BFH-Urteil ist es aber wohl nur eine Frage der Zeit, wann das geschieht. Gerade kleinere Ackerbaubetriebe, die in Maschinen investieren wollen, sollten daher verstärkt über einen Wechsel zur Regelbesteuerung nachdenken.

Hierzu zwei Beispiele: Luise Berger (Name geändert) bewirtschaftet einen 90-­ha-­Ackerbaubetrieb mit Kartoffeldirektvermarktung und pauschaliert. In den letzten Jahren hatte sie einen Pauschalierungsvorteil von im Schnitt rund 5.000 €. Im Wirtschaftsjahr 2022/23 waren es 5.571 €.

Die von ihr als Pauschaliererin vereinnahmte Umsatzsteuer von 9,5 % im Jahr 2022 und 9 % in 2023 auf verkaufte landwirtschaftliche Erzeugnisse lag also um rund 5.600 € höher, als die Vorsteuern auf gekaufte Güter, die sie sich als Regelbesteuerte vom Finanzamt hätte erstatten lassen können. Ähnlich sieht es hinsichtlich des Pauschalierungsvorteils bei Hermann Potthaus (Name geändert) aus. Mit 62 Jahren und ohne Nachfolger lässt er seinen 60­ha­Betrieb künftig auslaufen. Im letzten Wirtschaftsjahr 2022/23 lag die vereinnahmte Umsatzsteuer um rund 5.500 € über den als Pauschalierer nicht gezogenen Vorsteuern (Übersicht).

Für fünf Jahre planen

Ihr Steuerberater rechnet vor: Bei 5.000 bis 6.000 € Pauschalierungsvorteil pro Jahr können sie im Jahr etwa 26.000 € netto investieren – mit einer Vorsteuerbelastung von rund 5.000 € pro Jahr – und profitieren noch vom Pauschalieren. Gerechnet wird über fünf Jahre, da der Wechsel zur Regelbesteuerung für fünf Jahre bindend ist.

Innerhalb dieser fünf Jahre war für Berger und Potthaus daher bisher eine größere Investition „drin“: Kauften sie etwa einen Schlepper für 100.000 € netto, kamen darauf 19 % Vorsteuern, also 19.000 €, die nicht erstattet wurden. Hinzu kamen kleinere Investitionen, die rund 6.000 € an Vorsteuern enthielten. Das machte 25.000 € nicht erstatteter Vorsteuer.

Für den alten Schlepper gab es rund 40.000 €. Der Verkauf unterlag der Pauschalierung, sodass sie 9 % Umsatzsteuer, sprich 3.600 €, vereinnahmten. Plus die rund 25.000 € aus dem laufenden Betrieb machte das 28.600 € – ein Pauschalierungsvorteil von 3.600 €. Hinzu kam die im Vergleich zum Optieren einfachere Buchführung ohne Umsatzsteuervoranmeldungen. Doch jetzt müssen sie anders rechnen. Denn Berger und Potthaus müssen nach dem BFH-­Urteil davon ausgehen, dass ihr Finanzamt die Umsatzsteuer aus dem Verkauf des alten Schleppers einfordern wird.

Damit ist der leichte Vorteil aus der Pauschalierung „futsch“. Zwar bliebe noch die vereinfachte Buchführung als Vorteil bestehen. Andererseits könnte der Pauschalierungssatz spätestens ab 1. Januar 2025 weiter sinken.

Fazit

Gerade bei kleineren Ackerbaubetrieben, die nur noch wenig von der Pauschalierung profitieren, kann der vermeintlich „kleine“ Effekt des BFH­-Urteils dazu führen, dass der Pauschalierungsvorteil komplett dahinschmilzt – ohne Aussicht auf Besserung: Sieht doch der aktuelle Entwurf des Jahressteuergesetzes nur noch einen Pauschalierungssatz von 7,8 % ab 1. Januar 2025 vor.

Ob es so „schlimm“ kommt, bleibt abzuwarten. Besser wird es aber wohl nicht. Investieren Sie in eine neue Maschine und verkaufen gleichzeitig die alte, könnte sich daher ein Wechsel zur Regelbesteuerung lohnen. Diesen können Sie immer nur für komplette Kalenderjahre erklären, und zwar auch rückwirkend bis zum 10. Januar des Folgejahres. An die Entscheidung sind Sie dann fünf Jahre gebunden.

Kaufen Sie beispielsweise jetzt einen Schlepper, hätten Sie noch bis zum 10. Januar 2025 Zeit, um den Wechsel für 2024 zu erklären. So ließe sich vor einem möglichen Wechsel zur Regelbesteuerung immerhin abwarten, welchen Pauschalierungssatz die Regierung gegen Ende des Jahres für 2025 beschließt.

Unser Autor

Jochen Nölle, wetreu Hellweg KG, Soest

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