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Bürokratieabbau: Özdemirs durchwachsene Bilanz

Nach den Bauernprotesten Anfang 2024 hatte die Bundesregierung versprochen, die Landwirte von unnötiger Bürokratie zu befreien. Was hat sie bislang umgesetzt und was blieb liegen?

Lesezeit: 5 Minuten

Schnell gelesen

  • Die Bundesregierung hat dieses Jahr einige Maßnahmen zum Bürokratieabbau in der Landwirtschaft umgesetzt. Vieles davon geht auf von der EU beschlossene Lockerungen zurück.

  • Bauernverband und Länder beschei­nigen dem Bund eine schlechte Bilanz beim Bürokratieabbau und fordern weitere Erleichterungen.

Dass Dokumentations- und Meldeverpflichtungen die Landwirte schier erdrücken und daher dringend gehandelt werden muss, ist auch in Berlin angekommen. Die Bundesländer haben direkt nach den Bauernprotesten Anfang dieses Jahres 194 Vorschläge zum Bürokratieabbau bei der Bundesregierung eingereicht, die diese bearbeiten sollte. Auch die EU hat rasch reagiert und etliche Auflagen der GAP gelockert. Das hat den Druck auf die Bundesregierung verstärkt, Bürokratie abzubauen.

BMEL gibt vor "mit Hochdruck" am Bürokratieabbau zu arbeiten

In dem von Cem Özdemir geführten Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) spricht man inzwischen von ­einem „dichten Regelungsdschungel“, mit dem Landwirte kämpfen, und von unnötiger Bürokratie, die Betriebe bremst, praxisfremd ist und Zeit und Nerven kostet. Deshalb arbeite man „weiter mit Hochdruck daran, unnötige Bürokratie für die Land- und Lebensmittelwirtschaft abzubauen“.

Zum Jahresende 2024 und nach dem Aus der Ampelregierung stellt sich aber die Frage, ob die bisherige Bundesregierung ihr Versprechen, Bürokratie ab­zubauen, tatsächlich einlösen konnte. Wo hat sie Regelungen für Landwirte vereinfacht oder gestrichen? Und welche dringenden Entlastungsmaßnahmen hat sie bisher nicht umgesetzt?

„Viele kleine Schritte“ auf der Habenseite

„Bürokratieabbau ist eine Daueraufgabe und es sind viele kleine Schritte, die in der Summe die Arbeit auf den Höfen erleichtern“, bremst eine BMEL-Sprecherin die Erwartungen und verweist zugleich auf erste Erfolge. So habe der Bundesrat erst im November weitere Erleichterungen zu einer praxisgerechteren EU-Agrarförderung und zu den Melde- und Dokumentationsmaßnahmen beschlossen.

Die konkreten Abbauschritte hat das BMEL auf seiner Homepage unter der Themenseite „Bürokratieabbau“ auf­gelistet. Dabei unterscheidet es nach Maßnahmen, die bereits umgesetzt sind und die sich in Bearbeitung befinden.

Was umgesetzt ist …

Zu den umgesetzten Maßnahmen zählen unter anderem folgende Erleichterungen:

  • Der Turnus der Mindesttätigkeit auf Bracheflächen wird auf zwei Jahre erhöht.

  • Bei der Mindestbodenbedeckung in sensiblen Gebieten (GLÖZ 6) und beim Fruchtwechsel (GLÖZ 7) soll möglichst weit auf starre Datumsvorgaben verzichtet werden.

  • Bei Betrieben bis 10 ha entfallen die Kontrollen und Sanktionen bei der Konditionalität der EU-Agrarförderung.

  • Landwirte müssen nicht mehr jährlich ihren Nachweis als aktiver Betriebsinhaber erneuern.

  • Wenn Witterungsextreme es unmöglich machen, einzelne GLÖZ-Standards einzuhalten, soll die Agrarförderung erhalten bleiben.

  • Die Frist zur Aufzeichnung von Düngemaßnahmen wird von zwei auf 14 Tage verlängert.

  • Mutterkühe, -schafe und -ziegen sind auch dann förderfähig, wenn die Tiere nur noch eine Ohrmarke haben.

… und noch in Bearbeitung

Daneben sind weitere Maßnahmen vom BMEL in Bearbeitung bzw. bereits fertig bearbeitet, aber noch im Gesetzgebungsverfahren. Dazu gehören u. a. diese Punkte:

  • Die Frist für die Umnutzung von ehemals landwirtschaftlich genutzten Gebäuden im Außenbereich soll von sieben auf zehn Jahre verlängert werden.

  • Die Agrarstatistik soll künftig schrittweise mit den Daten aufgebaut werden, die den Agrarverwaltungen bereits vorliegen, z. B. aus dem Kontroll- und Verwaltungssystem der GAP.

  • Für Tierhalter sollen die Meldepflichten vereinfacht, die Stichtage reduziert und schlanke digitale Lösungen angeboten werden.

Grundsätzlich begrüße man zwar, dass der Bund erste Punkte zum Bü­rokratieabbau angegangen ist, so ein Sprecher des bayerischen Landwirtschaftsministeriums. Allerdings stellten viele der Punkte nur die Umsetzung der von der EU beschlossenen Erleichterungen dar und vielfach sei das erst auf Druck der Bundesländer geschehen.

Rukwied: „Der Abbau ist nicht gelungen“

Unterm Strich ist man weder in den ­Agrarministerien der Bundesländer noch beim Deutschen Bauernverband (DBV) mit dem bisherigen Bürokratieabbau der Bundesregierung zufrieden. „Der Bürokratieabbau ist uns noch nicht gelungen“, zog DBV-Präsident ­Joachim Rukwied in einem Interview mit der Stuttgarter Zeitung Bilanz. Die Ampel habe, was Gesetzgebungsver­fahren anbelangt, einfach so weitergemacht wie bisher.

In die gleiche Kerbe schlägt Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD), der viele Vorschläge zum Bürokratieabbau eingebracht hat. „Seit den europaweiten Bauernprotesten vor einem Jahr ist seitens des Bundes zu wenig passiert“, kritisiert der SPD-Politiker.

"Hausaufgaben sind liegen geblieben"

Auch in den Agrarministerien in Bayern und Baden-Württemberg ist man mit dem bisher auf Bundesebene Erreichten nicht zufrieden. „Angesichts der 194 Ländervorschläge und der zahlreichen Vorschläge der Verbände sind noch einige Hausaufgaben liegen geblieben“, kommentiert das bayerische Landwirtschaftsministerium.

Vorrangig geht es den Bundesländern um die Vereinfachungen, die bei der Agrarministerkonferenz im September 2024 beschlossen wurden. Dazu zählen

  • die Aufhebung der Stoffstrombilanz,

  • Erleichterungen von hofnahen Baumaßnahmen im Außenbereich,

  • die Verringerung von Dokumentations- und Informationspflichten bei der Tierhaltung,

  • die Vereinheitlichung der Alters- und Größenklassen und der Meldetermine in der Schweinehaltung,

  • die Verkürzung der Zweckbindungsfristen für investive Maßnahmen von zwölf auf fünf Jahre sowie

  • die Etablierung der düngerechtlichen Monitoringverordnung zur Ermöglichung der verursachergerechten Maßnahmendifferenzierung.

Zudem brauche man dringend Vereinfachungen bei den Regelungen zu den Gewässerrandstreifen.

Warum mir das Thema Wichtig ist

Die ausufernde Bürokratie hat sich zum Hauptproblem für die Landwirtschaft entwickelt. Es ist daher Kernaufgabe der Politik der nächsten Jahre, den Regelungsdschungel wieder zu lichten.

Was kommt nach der Ampel?

Die Ampelregierung hatte weitere Gesetzesvorhaben geplant, die zusätzliche Belastungen für die Landwirte bedeuten würden, wie die Novellierung des Tierschutzgesetzes und des Bundeswaldgesetzes, die Ausweitung des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes und die nationale Umsetzung der EU-Entwaldungsverordnung.

Das Bundeswaldgesetz wurde nach dem Ampel-Aus relativ schnell zurückgezogen. Für die anderen Vorhaben fehlten danach Zeit und Mehrheiten. Und die EU-Entwaldungsverordnung ist auf Geheiß der EU um ein Jahr verschoben. Aus dem bayerischen Landwirtschaftsministerium heißt es nun, es müsse "wieder Vernunft in der Bundespolitik einkehren".

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