In seinem notariellen Testament wollte ein Landwirt eine Tochter als Hoferbin einsetzen, die zweite Tochter sollte 30.000 € erhalten und dafür auf ihren Pflichtteil und ergänzende Abfindungsansprüche nach Höfeordnung verzichten. Ein Notar bereitete Testament und Verträge entsprechend vor. Zum Beurkundungstermin erschienen nur die beiden Schwestern. Der Landwirt kam nicht persönlich, er unterschrieb die vom Notar beglaubigte Vereinbarung jedoch einige Tage später.
Formfehler
Als der Landwirt knapp 15 Jahre später starb, verlangte die weichende Erbin jedoch ihren Pflichtteil. Denn einen wirksamen Erbverzicht hätte der Vater nur persönlich vereinbaren können, er sei bei Beurkundung des Vertrages aber nicht dabei gewesen.
Das Oberlandesgericht Hamm sah das genauso: Der Notar habe nicht beachtet, dass der Erblasser beim Abschluss eines Pflichtteilsverzichtes höchstpersönlich mitwirken müsse. Dabei müsse die Verhandlung protokolliert werden. Und das Protokoll müsse die Erklärungen aller Beteiligten enthalten und allen Beteiligten in Gegenwart des Notars vorgelesen, dann von ihnen genehmigt und eigenhändig unterschrieben werden. Das sei im vorliegenden Fall nicht geschehen, weshalb die Hoferbin ihrer Schwester den Pflichtteilsanspruch von gut 100.000 € zustehen. Hinzu komme ein Abfindungsanspruch gemäß Höfeordnung.
Notar schadenersatzpflichtig
Gleichzeitig bejahte das OLG Hamm die Schadenersatzpflicht des Notars in dieser Sache, er habe seine Amtspflicht verletzt (Az.: 11 U 148/22).