Dass er mal als außerlandwirtschaftlicher Hofnachfolger seinen Praktikumsbetrieb übernimmt, damit hätte der heute 46-jährige Ingo Hiller von der Schwäbisch-Alb (Baden-Württemberg) zu Beginn seines Studiums nicht gerechnet. Heute ist er alleiniger Inhaber des nun über 200 ha großen Ackerbau- und Grünlandbetriebs mit Färsenmast und einer 400 kW Biogasanlage.
Zunächst beim Maschinenring
Hiller hatte sich schon als Kind und Jugendlicher für Landwirtschaft begeistert. „Mit war aber schnell klar, dass ich ohne Hof in der Familie kaum eine Chance habe, einen eigenen Landwirtschaftlichen Betrieb zu bewirtschaften.“ Er entschloss sich, in Nürtingen Agrarwissenschaften zu studieren und strebte eine Verwaltertätigkeit an.
Schon das Vorpraktikum im Jahr 1999 absolvierte er auf seinem jetzigen Betrieb, in Nähe seiner Heimat. „Der Betriebsleiter und ich waren direkt begeistert von der Zusammenarbeit, sodass ich auch während des Studiums immer wieder aushalf“, berichtet Hiller.
Da die Kinder des Betriebsleiterehepaares den Hof nicht übernehmen wollten, stellte sich irgendwann die Frage, ob Hiller den Betrieb übernehmen könnte. Nach Abschluss seines Studiums im Jahr 2003 übernahm der junge Landwirt dennoch zunächst eine Stelle als Assistent des Geschäftsführers beim Maschinenring.
Mit GbR durchgestartet
Im Jahr 2005 gründetet Ingo Hiller mit dem damaligen Inhaber eine GbR. Der Betrieb umfasste 150 ha, 50 Milchkühe und 100 Mastschweine. Nach jahrelangem Investitionsstau bauten die beiden in den nächsten Jahren eine neue Maschinenhalle, Fahrsilos und eine Biogasanlage mit zunächst 250 kW. Außerdem erneuerten sie den Stall, stockten die Kühe (Fleckvieh) auf und steigerten die Milchleistung um 2.000 kg auf 8.000 kg/Jahr. Hillers damalige, inzwischen geschiedene Ehefrau war als mitarbeitenden Familienarbeitskraft im Betrieb tätig.
Zwischendurch hatten wir unsere Koffer schon mal gepackt."
„Zu der Zeit lief alles rund. Der Hof blühte richtig auf. Wir übernahmen abwechselnd den Wochenenddienst und vertraten uns im Urlaub“, erzählt Ingo Hiller.
Alle in einem Haus
Hiller lebte mit seiner früheren Ehefrau und zwei kleinen Kindern zusammen mit den Übergebern und den damaligen Altenteilern im Betriebsleiterhaus. „Zunächst wohnten wir als Familie in zwei Zimmern, die Küche haben wir alle gemeinsam genutzt. Nach dem Tod der Altenteiler hatten wir das Obergeschoss zur Verfügung, gegessen haben wir in der Regel immer noch gemeinsam mit dem Übergeberehepaar“, erinnert sich Ingo Hiller.
Ein eigenes Haus auf dem Hof zu bauen, kam für ihn nicht infrage, weil er wusste, dass die Übergeber nach der Übergabe in ihr eigenes Haus im Dorf ziehen werden.
„Aus heutiger Sicht vielleicht ein Fehler“, resümiert Hiller. Denn möglicherweise habe die beengte Wohnsituation spätere Konflikte in der Familie und mit dem Übergeber verschärft.
Schulden und Barrente
„Immer wieder fühlte ich mich wie ein Schuljunge behandelt. Zwischendurch hatte ich mir schon Stellenanzeigen rausgesucht, wir hatten Koffer gepackt“, so Hiller. Letztendlich haben sich beide Parteien aber immer wieder zusammengerauft und zum 30. Juni 2014 konnte Hiller seinen ehemaligen Praktikumsbetrieb übernehmen.
Den Betrieb einschließlich Schulden hat Hiller im Rahmen einer klassischen Hofübergabe, einer teilweisen Schenkung übernommen. Dafür zahlt er dem Übergeberehepaar ein einträgliches, im Grundbuch abgesichertes Altenteil. Außerdem vereinbarten beide Parteien eine gestaffelte Spekulationsfrist für den Fall, dass Hiller den landwirtschaftlichen Betrieb verkauften sollte. Das Betriebsleiterwohnhaus auf dem Hof hat Hiller gekauft und dafür einen ganz normalen Kredit aufgenommen.
Die Übergeber wohnen in einem eigenen Haus im Dorf. Ein Wohnrecht auf dem Betrieb musste Hiller deshalb nicht gewähren. Auch Abfindungen an Kinder des Übergebers musste Hiller nicht zahlen, darum hat sich das Übergeberpaar selbst gekümmert.
Dankbar für die Chance
Bis Ingo Hiller den Betrieb selbst übergibt, hat er noch Zeit. Momentan bewirtschaftet er den Betrieb hauptsächlich alleine mit tatkräftiger Unterstützung seiner neuen Partnerin, die außerlandwirtschaftlich tätig ist, und deren drei Kindern. „Ich brauche nicht bis 65 Jahre hier der Chef sein.“ Deshalb baut er sich jetzt schon ein zweites Standbein als Gutachter und Berater auf und kann sich gut vorstellen, dass seine Stiefkinder den Hof übernehmen.