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topplus Betriebsmittel finanzieren

Kurzfristige Agrarkredite: Worauf kommt es an?

Worauf müssen Landwirte achten, wenn sie kurzfristig Betriebsmittel wie z.B. Dünger finanzieren müssen? Wir haben uns bei Unternehmens- und Bankberatern aus der Agrarbranche deutschlandweit umgehört.

Lesezeit: 5 Minuten

Wer kurzfristig ein Kontokorrent- oder Dispokredit aufnimmt, zahlt schnell 7 % und mehr Zinsen an seine Bank. Trotzdem greifen viele auf kurzfristige Verbindlichkeiten zurück. Ein typisches Beispiel: Ein Ackerbaubetrieb nutzt einen Kontokorrentkredit, um die Kosten für Dünger und Saatgut im Frühjahr zu decken, bevor die Einnahmen aus der Ernte im Herbst eingehen.

Laut Situationsbericht des Deutschen Bauernverbandes (DBV) entfiel im Wirtschaftsjahr 2023/24 rund ein Viertel der Verbindlichkeiten auf kurzfristige Kredite, im Durchschnitt 55.900 €/Betrieb. Angesichts der hohen Zinssätze zwischen 7 bis 13 % beim Kontokorrentkredit summieren sich die Zinsen schnell auf mehrere tausend Euro im Jahr.

Wir haben Berater gefragt, welche Alternativen Landwirte haben und wie diese die Belastung senken können. Neben Kontokorrent- bzw. Dispokrediten sowie Händlerkrediten gibt es verschiedene Betriebsmittel-Darlehen wie Saison- oder Terminkredite (Tabelle, s.u.).

Liquiditätsplanung ist das A und O

Christian Solle, Referent für Einkommens- und Vermögenssicherung der Landwirtschaftskammer NRW, empfiehlt: „Zunächst ist es wichtig zu hinterfragen, warum eine Betriebsmittelfinanzierung überhaupt notwendig ist und nicht aus dem Cashflow des Betriebes finanziert werden kann.“ Der erste Schritt müsse sein, den fehlenden Betrag möglichst genau zu beziffern und u.a. offene Forderungen z.B. aus Lohnarbeiten etc. so schnell wie möglich einzufordern.

Agrarkundenberater Steffen Rothe von der VR Bank Mitte in Duderstadt beobachtet aufgrund der starken Preisschwankungen in den vergangenen zehn Jahren sowohl in Ackerbau- als auch in tierhaltenden Betrieben ebenso große Liquiditätsschwankungen. „Gute Betriebsleiter kalkulieren mit diesen Schwankungen, die Betriebsleiter-Fähigkeiten sind das Zünglein an der Waage“, sagt er. Die Liquiditätsplanung erfordere von der betriebsleitenden Person vor dem Hintergrund der volatilen Märkte eine rechtzeitige und vorausschauende Steuerung.

Agrarkundenberater Sören Schmidt von der VR Bank Nord eG in Schleswig sieht das ähnlich: „Bei den heutigen Größenordnungen der landwirtschaftlichen Betriebe muss sich ein Betriebsleiter auf die reinen Zahlen fokussieren. Das ist für eine moderne Betriebsführung elementar, denn das reine Bauchgefühl reicht heutzutage nicht mehr aus, bleibt aber nach wie vor wichtig“, sagt er.

Eine Betriebsmittelkreditlinie sei keine dauerhafte Lösung, sondern für die temporäre Nutzung sinnvoll. „Wenn der Bedarf dauerhaft besteht, sollte die Finanzierungsstruktur des Betriebes hinterfragt werden“, so Schmidt. Oftmals würden die Betriebsprämien genutzt, um eine solche Linie abzulösen, diese sollten aber eher als Puffer dienen.

Das spricht gegen Händler- und Dispokredite

Ist dennoch eine Finanzierung notwendig, rät Christian Solle eher zu Saisonkrediten über die Hausbank. Bei Händlerkrediten bringe sich der Landwirt in eine schlechtere Verhandlungsposition und es werden oftmals hohe Zinsen fällig. Gleiches gelte für Kontokorrentkredite bei der Bank.

Auch Unternehmensberater Bernd Lührmann von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen rät, für den kurzfristigen Kapitalbedarf einen Betriebsmittelkredit aufzunehmen: „Das ist immer die zinsgünstigste Variante, denn ein Dispokredit bringt Betriebe in Unsicherheit. Ein Dispo ist kein Selbstbedienungsladen, aus dem ich mir nehmen kann, was ich will“, warnt er. Flexibel sei das nur, wenn der Betrieb die Verbindlichkeiten auch innerhalb von wenigen Wochen tilgen könne.

Die Aufgabe eines Händlers liegt im Kaufen und Verkaufen von Wirtschaftsgütern, aber nicht in der Finanzierung dieser."
Bernd Lührmann

Von Händlerkrediten rät Lührmann wegen zu hoher Kosten und der Abhängigkeit ab. „Die Aufgabe eines Händlers liegt im Kaufen und Verkaufen von Wirtschaftsgütern, aber nicht in der Finanzierung dieser“, sagt er.

Michael Völler, Sozioökonomischer Berater an der Landwirtschafskammer Schleswig-Holstein warnt: „Händlerkredite sind oft undurchsichtig, weil bspw. durch die Verrechnung der Ernte nicht transparent wird, wie teuer der Kredit am Ende war.“

Individuelle Konditionen aushandeln

Trotz hoher Kosten wird laut den Bankberatern der Kontokorrent- bzw. Dispokredit für den kurzfristigen Bedarf von landwirtschaftlichen Betrieben am häufigsten genutzt. Diese Überbrückungsfinanzierung sei flexibel und eigne sich, um saisonale Unterschiede in den Einnahmen auszugleichen. Dennoch zeige die Inanspruchnahme laut Stefan Rothe auch, dass oftmals eine ganzheitliche Betrachtung der Liquidität fehle. Günstiger sei es häufig, ein Darlehen aufzunehmen. So bietet die VR Bank Mitte ein Darlehen für Betriebsmittel an, welches über einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren laufen könne. „Ein solches Darlehen kommt beispielsweise zum Einsatz, wenn ein Betrieb große Flächen pachtet und für die Erstbestellung Kapital benötigt“, sagt Rothe.   

Eine Alternative könne ein Ernte-Vorfinanzierungs-Konto sein, das wie ein klassisches Girokonto mit einem Dispo-Limit versehen ist, aber einen günstigeren Zinssatz aufweist. Diese Möglichkeit bietet aber nicht jede Bank an.

Hierzu rät Bernd Lührmann: „Man muss zwar intensiv argumentieren, aber bei einem guten Konzeptvorschlag seitens des Landwirts sind Bankberater oft bereit, sich auf individuelle Konditionen, Laufzeiten sowie Tilgungshöhen einzulassen“, weiß er aus Erfahrung.

Kredithöhe an Einnahmeströmen ausrichten

Die Deutsche Kreditbank AG (DKB) bietet spezielle Terminkredite für Betriebsmittel an, die mit Laufzeiten von ein bis zwölf Monaten auf unterschiedliche Bedürfnisse zugeschnitten sind.

Laut Mirko Jonas, Leiter der DKB Kundenbetreuung Landwirtschaft für Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, sollten Betriebe die Höhe der kurzfristigen Kreditaufnahme sorgfältig an ihren Einnahmeströmen ausrichten: „Ein Milchviehbetrieb mit regelmäßigen monatlichen Milchgeldeinnahmen sollte nicht mehr als drei Monatsmilchgelder als kurzfristigen Kredit inkl. Lieferantenverbindlichkeiten in Anspruch nehmen. Für Ackerbaubetriebe empfehlen wir eine Obergrenze von 500 bis 1.000 €/ha, bei Sonderkulturen ggf. mehr.“

Ausschlaggebend ist, als kritischer Unternehmer aufzutreten, der Preise hinterfragt und vergleicht."
Michael Völler

Werden trotz hoher Kosten Kontokorrentkredite genutzt, empfiehlt Kammerberater Michael Völler am Beispiel eines Milchviehbetriebes, maximal ein Monatsmilchgeld als Limit einzurichten, damit der Kontosaldo monatlich einmal positiv ist. Landwirte sollten sich bei der Wahl der Finanzierungsform immer an ihrer individuellen Situation orientieren.

Als kritischer Unternehmer auftreten

 „Ausschlaggebend ist, als kritischer Unternehmer aufzutreten, der Preise hinterfragt und vergleicht“, rät Völler. Ein freundschaftliches Verhältnis zum Geschäftspartner sei für den Fall einer Preisverhandlung von Nachteil, weil dann die Beziehungsebene womöglich im Vordergrund stehe und nicht der ökonomische Aspekt. „Mit Sicherheit wird eine Preisverhandlung oder eine Absage Ihnen deutlich schwerer fallen“, weiß Völler.

Eine gute Liquiditätsplanung und ein regelmäßiger Austausch mit Unternehmens- und Bankberatern sind entscheidend. Nutzen Sie dazu auch die Informationsveranstaltungen, die viele Hausbanken anbieten, um sich über die verschiedenen Finanzierungsmöglichkeiten und Strategien zur Liquiditätssicherung zu informieren.

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