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topplus "Als Ahnungsloser angefangen"

Landwirt baut komplett neue Hofstelle mit Hennenhaltung

Thomas Wickenbrock hatte seine Masterarbeit über die Wirtschaftlichkeit der Freilandhaltung verfasst. Das war der Zündfunke, selbst Hühnerställe zu bauen. Nun folgt die Neugründung eines Hofes.

Lesezeit: 6 Minuten

In Zeiten wo sich immer mehr Hoftore für immer schließen, geht Thomas Wickenbrock in die entgegengesetzte Richtung: Vier Freiland-Legehennenställe betreibt der 34-Jährige bereits zusammen mit einem Berufskollegen. Auch der Ein- und Verkauf für dessen Biogasanlage liegt in den Händen von Wickenbrock. Er ist außerdem Geschäftsführer und Gesellschafter der Biogasanlage.

Der nächste Entwicklungsschritt ist noch markanter: Auf einer 12,5 ha großen Ackerfläche in Saerbeck wird eine neue Hofstelle mit Wohnhaus für Wickenbrocks Familie und einem weiteren Freilandstall entstehen. Anekdote am Rande: auf dieser Fläche hat Thomas Wickenbrock in seiner Jugend das Treckerfahren erlernt.

Gute Zahlen überzeugten

Landwirtschaft liegt Thomas Wickenbrock im Blut. Sein Vater stammt vom Hof, der jedoch von dessen Bruder weitergeführt wurde. Wickenbrock selbst ging nach der landwirtschaftlichen Ausbildung zum Studieren an die Hochschule Osnabrück. Nach dem Bachelor wechselte er an die Universität Göttingen, um auch noch den Master-Abschluss zu erlangen.

Die Masterarbeit umfasste wirtschaftliche Auswertungen von Freilandhaltungen in NRW. Wickenbrock war von den Ergebnissen beeindruckt und sah Potenzial in diesem Betriebszweig. Als er die Masterarbeit zum Lesen an einen Bekannten gab, kam dieser zum gleichen Schluss.

Wickenbrock, der in der Ausbildung nur die Schweine- und Rinderhaltung kennengelernt hatte, ging daraufhin für eine Woche ins Emsland. Dort hospitierte er auf einem Legehennenbetrieb in Lingen. Nach dem Praktikum hatte sein Enthusiasmus Bestand und zusammen mit Tobias Werning stieg er in die Planungen ein.

Inzwischen betreiben die beiden in Kooperation drei gewerbliche Freilandställe in Greven. Jeweils 14.999 Tiere sind in den Ställen untergebracht. „Ich habe als Ahnungsloser mit der Hühnerhaltung angefangen“, schmunzelt Wickenbrock. Im Stall ist er allerdings nicht anzutreffen. „Die Ökonomie hat mich immer schon mehr interessiert“, sagt er.

Werning, der in Greven ansässig ist, hat mit dem Schwenk zur Hühnerhaltung seine Mastschweine abgeschafft. Die zum Betrieb gehörende Biogasanlage speist Biomethan ins Netz ein. Die Anlage wird inzwischen zu 100 % mit Mist beschickt: Pferdemist, Rindermist, Hähnchenmist und Hühnermist, letzteres aus den eigenen Ställen.

Ingesamt 120 t pro Tag müssen an Mist herangekarrt werden. Dafür hat das Team auch zwei eigene LKW angeschafft.

Autarker Stall in Feldmark

Vor drei Jahren gelang es Wickenbrock über das Kleinanzeigen Portal ebay in Riesenbeck eine 5 ha große Fläche zu kaufen. Auch dort steht nun ein baugleicher Freilandstall – ohne Anschluss an das Stromnetz. Denn das hätte das Vorhaben aufgrund der Entfernung von 1,5 km zum Anschlusspunkt enorm verteuert.

Für das Betreiberduo stellten sich die Kosten für den Trafo als zu hoch und die Lieferzeit als zu lang heraus. Deshalb garantieren nun eine 80 kW große Batterie sowie eine PV-Anlage auf dem Dach die Aufrechterhaltung des Betriebes.

Wickenbrock, dessen Bauvoranfrage zuvor mehrfach abgelehnt worden war, fand die dort aufgeführten Argumente „nicht schlüssig“. Ohne Beistand eines fachlich versierten Rechtsanwaltes seien solche Projekte kaum noch durchzubringen, erzählt der Landwirt von seinen Erfahrungen. Er ließ sich nicht beirren und probierte es trotzdem wieder. Dank juristischer Unterstützung steht nun der Stall „mitten in der Walachei“, wie Wickenbrock es nennt.

Langfristige Pachtverträge

Am Rande Saerbecks, etwa 1,5 km Luftlinie vom Ort entfernt, will Wickenbrock nun mit seiner Familie ansässig werden. Hier entsteht gerade ein Stall für 28.000 Freilandhennen. Die dafür nötige Fläche hat er sich von einer befreundeten Landwirtin langfristig gesichert. Diese betreibt Pensionspferdehaltung an einem anderen Standort und ist auf die Fläche nicht angewiesen.

Als Auflage für die Neugründung der Hofstelle gilt, dass der Betrieb auch über Jahrzehnte erhalten bleibt. Sonst wäre das Wohnhaus nicht genehmigt worden, erzählt Wickenbrock. Nachweisen musste er außerdem langfristige Pachtverträge der 70 ha Futterflächen.

Um die Hofstelle gründen zu können, war es erforderlich mindestens 50 % des Futters selbst zu erzeugen. Die Pachtverträge darüber konnte Wickenbrock glücklicherweise für die Dauer von mindestens 15 Jahren abschließen. Vor dem Projektstart wurde sein Plan zweimal abgelehnt. Gründe unter anderem: den Behörden liefen die Pachtverträge nicht lange genug. Auch gab es Einwände hinsichtlich des Artenschutzes.

Als mittlerweile erfahrener Bauherr ließ Wickenbrock sich davon jedoch nicht beirren und setzte sich schließlich durch. Neben dem Freilandstall ist am neuen Standort auch eine Maschinenhalle geplant. „Mit den Anwohnern haben wir kaum Probleme gehabt“, berichtet Wickenbrock von seinen Erfahrungen.

Berufskollegen jedoch zeigten sich bisweilen nicht erfreut über das Bauvorhaben. So sei die Entnahme der Fläche aus der Produktion und die Versiegelung einigen ein Dorn im Auge. Wickenbrock glaubt, dass da auch Neid und Missgunst mitspielen. „Ich sehe den Eiermarkt positiv“, betont er und ergänzt: „Wir wollen noch weiter wachsen“.

Einzug Ende dieses Jahres

Der neue Legehennenstall soll im Februar erstmals mit Junghennen belegt werden – damit zu Ostern das Geschäft läuft. Vermarktet werden die Eier aus allen Ställen vorwiegend über Großhändler als regionale Ware. Wickenbrock sieht auch deshalb noch Wachstumspotenzial, weil die Selbstversorgung bei Eiern in NRW lediglich bei gut 30 % liegt.

Einen Dämpfer erhielten die Legehennenhalter jedoch, als die Futterpreise im Zuge der Ukrainekrise auf über 40 €/dt gestiegen waren und die Nachfrage nach regionaler Ware sank. „Da war es schon schwer für uns, weil die Kosten einfach zu hoch waren“, sagte Wickenbrock rückblickend.

Drohenden gesetzlichen Auflagen will Wickenbrock von Vornherein aus dem Weg gehen: Im Stall wird ein biologischer Luftwäscher eingebaut. „Ich rechne damit, dass das in den nächsten fünf Jahren Pflicht wird“, begründet er. Ammoniak- und Geruchsemissionen sollen so minimiert werden.

Wickenbrock und sein Kompagnon beschäftigen inzwischen 20 Mitarbeiter. Eine Person sei dabei für die Arbeitskräfte in allen Ställen verantwortlich. Ab August wird sie von einer weiteren erfahrenen Mitarbeiterin unterstützt. „Eine Angestellte mit einer dreiviertel Stelle kümmert sich nur um erforderliche Zertifikate für die Biogasanlage und die Ställe“, weist Wickenbrock auf den enormen bürokratischen Aufwand hin.

Er selbst kümmert sich lieber um das Management. „Ich versuche das Meiste wegzuorganisieren“, sagt er. Unterstützt wird er von seinem Vater. Auch wenn viel Arbeit über Mitarbeiter abgedeckt wird, zerrt die permanente Rufbereitschaft bisweilen an den Nerven. „Es gab schon so manche Krise, weil im Urlaub das Handy klingelte aufgrund von Technikproblemen oder weil ein Mitarbeiter plötzlich erkrankte“, berichtet Wickenbrock.

Im Dezember will der Landwirt zusammen mit seiner Frau Kerstin und den drei Kindern im Alter von ein bis vier Jahren auf den neuen Hof ziehen. „Das Haus muss vor der Inbetriebnahme des Stalles bezogen werden“, nennt Wickenbrock eine weitere Auflage der Behörden. Auch wenn bislang noch nicht einmal die Bodenplatte fertig ist, bleibt er optimistisch. Die älteste Tochter Ida ist ab Dezember im Kindergarten in Saerbeck angemeldet. Bislang wohnt die Familie noch in Greven.

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