Der Finanzausschuss des Bundestages hat sich heute mit dem Jahressteuergesetz und den geplanten Änderungen der Umsatzsteuerpauschale für Landwirte beschäftigt (7.10.2024). Bereits seit Längerem warnen Steuerexperten die Regierung davor, den Pauschalierungssatz noch in diesem Jahr von aktuell 9 % auf 8,4 % und dann am 1.1.2025 auf 7,8 % zu senken. Auch der Bundesrat hatte in der vergangenen Woche kritische Töne angeschlagen. Mehr dazu finden Sie hier: Ampel unter Druck: Bundesrat fordert Stopp der Vorsteuersenkung für Landwirte
Anhörung im Finanzausschuss
Nun hat der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages Steffen Wiegand, Geschäftsführer des Hauptverbandes der landwirtschaftlichen Buchstellen und Sachverständigen (HLBS), heute Morgen in einer öffentlichen Sitzung dazu befragt.
Seine Hauptkritik: Innerhalb kurzer Zeit wolle die Regierung gleich mehrfach den Satz senken. Voraussichtlich trete das Gesetz erst Anfang Dezember in Kraft und damit sinke der Umsatzsteuersatz schlagartig von einem Tag auf den anderen von 9 auf 8,4 %. Am 1.1.2025 stehe dann bereits die nächste Kürzung an. Das stelle nicht nur die Landwirte vor einer Herausforderung, auch die Anbieter der entsprechenden Buchführungs- und Rechnungsprogramme könnten mit diesem Tempo nicht mithalten. Chaos sei vorprogrammiert.
Wiegand lies auch kein gutes Haar an der Berechnungen der neuen Sätze. Das dafür zuständige Bundesfinanzministeriums habe aus seiner Sicht, sich nicht an den Vorgaben der EU gehalten. Die Mehrwertsteuersystemrichtlinie der EU schreibe vor, dass die Pauschalsätze auf Basis makroökonomischer Daten der letzten drei Jahre festgelegt werden sollen. Die Regierung greife stattdessen nicht auf diese realen Daten zurück, sondern auf den gesamten Produktionswert der Landwirtschaft. „Dieser Wert unterscheidet nicht nach regelbesteuerten oder pauschalbesteuerten Umsätzen“, so Wiegand. Das verzerre das Ergebnis.
Regierung will künftig Parlament umgehen
Was Wiegand gar nicht nachvollziehen konnte: Die Regierung muss den Vorsteuersatz jährlich neu festlegen, wobei bisher das Parlament in letzter Instanz entschieden hat. Nun will die Regierung per Verordnung eine automatische Anpassung des Satzes ab 2026 vorschreiben – ohne eine Abstimmung im Bundestag und -rat. Dass 75 Jahre nach Verabschiedung des Grundgesetzes die Koalition erstmals das Parlament bei einer für Landwirte so wichtigen Entscheidung umgehen wolle, sei kaum nachvollziehbar.
Zunächst hatte die Regierung versucht, die automatische Anpassung der Umsatzsteuerpauschale im Jahressteuergesetz unterzubringen und war auf Widerstand gestoßen. Nun versucht sie eine entsprechende Verordnung auf den Weg zu bringen, die keine Zustimmung des Bundestages benötigt.