Der Bundestag hat Ende Januar noch eine Anpassung des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes (TEHG-Europarechtsanpassungsgesetz) angenommen. Der sperrige Name sagt erst einmal wenig aus, hat aber das Zeug, tiefgreifend in die deutsche Wirtschaft, aber auch in das Leben der Verbraucher hineinzuwirken – und das nicht unbedingt im positiven Sinn.
Bis zu 300 €/ an CO2-Abgabe drohen
Ganz kurz zusammengefasst sorgt das Gesetz dafür, dass die CO₂-Abgabe sich ab 2027 nicht mehr an fest vorgegeben Werten, sondern am europäischen Emissionshandelssystems (ETS-2) orientiert. Damit sollen die Ziele des Europäischen Green Deals unterstützt werden, insbesondere die Reduzierung der Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 % im Vergleich zu 1990 und die Erreichung der Klimaneutralität bis 2050.
Neu: Ab 2027 werden die Sektoren Wärme und Verkehr in das ETS-2 einbezogen. Dies betrifft direkt Kraft- und Brennstoffe, die bisher vom nationalen Brennstoffemissionshandel erfasst waren. Die ganz konkrete Folge ist ein drastischer Sprung bei der CO₂-Abgabe zum 1. Januar 2027. Aktuell gilt in Deutschland ein CO₂-Preis von 55 €/t. Ab 2027 wurde dann der jeweils geltende „Marktpreis“ im Zertifikatehandel gelten. Fachleute gehen davon aus, dass dieser dann mindesten bei 100 €/t, möglicherweise aber auch bei 300 €/t liegen könnte.
Agrarsektor: Höhere Belastung als Agrardiesel-Aus
Bei einem CO₂-Preis von 200 €/t könnten die Preise um etwa 38 Cent pro Liter Benzin und ähnlich für Diesel steigen. Für einen durchschnittlichen Agrarbetrieb mit einem Jahresverbrauch von etwa 110 l Diesel/ha würde das unmittelbar rund 42 €/ha an Mehrkosten bedeuten. Die jährliche Belastung des Agrar- und Forstsektors mit geschätzten 2 Mrd. l Dieselverbrauch dürfte bei etwa 760 Mio. € liegen. Zum Vergleich: Die Agrardieselrückerstattung machte geschätzt 450 Mio. € pro Jahr aus. Ihre Streichung löste 2023/24 die größten Bauernproteste seit Jahrzehnten aus.
Auch als Verbraucher bleiben die Landwirte dann nicht verschont: Ein CO₂-Preis von 200 €/t würde die Heizkosten für Erdgas um etwa 20 % bis 30 % erhöhen. Für einen durchschnittlichen Haushalt mit einem Verbrauch von ca. 20.000 kWh Erdgas könnte dies Mehrkosten von 200 bis 300 € pro Jahr bedeuten. Haushalte mit Heizöl oder Fernwärme könnten ähnliche oder leicht höhere Steigerungen erleben. Wärmepumpen und Holzpelletheizungen sind weniger betroffen, da diese Systeme geringere CO₂-Emissionen verursachen.
Kein Klimabonus in Sicht
Auch viele Vorleistungen dürften sich wegen der höheren Vorkosten verteuern. Unmittelbar betroffen wären die Logistikkosten – an einem Anstieg dürfte dort kaum ein Weg vorbeiführen. Das Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel) geht deshalb davon aus, dass das sogenannte Potenzialwachstum der deutschen Wirtschaft 2027 nur noch bei 0,7 % liegen dürfte. Der langjährige Durchschnitt dieses Richtwerts liegt bei 1,3 %. Absehbar dürfte die Inflation durch den Schub bei der CO₂-Abgabe 2027 steigen – umgekehrt wird die Kaufkraft der deutschen Haushalte sinken, was wiederum negativ auf den Konsum schlagen dürfte.
Zwar versprechen etliche Parteien, die höheren Abgaben an anderer Stelle wieder an die Verbraucher zurückzugeben. Ob das so kommt, muss allerdings abgewartet werden. Ein entsprechender Klimabonus in Form eines „Klimagelds“ wurde 2021 bereits im Koalitionsvertrag der Ampelparteien festgelegt. Dazu sollten jedes Jahr etwa 300 € pro Person rückerstattet werden. Diesen Bonus hatte die Ampel allerdings bis zu ihrem Bruch nicht umgesetzt.