Für viele Betreiber von Biogasanlagen ist die Anschlussfinanzierung mit dem Ampel-Aus in weitere Ferne gerückt. Bayerns Wirtschafts- und Energieminister Hubert Aiwanger drängt deshalb darauf, das angekündigte Biomassepaket noch in diesem Jahr umzusetzen. „Die Biogasbranche braucht dringend Gewissheit, wie es weitergehen soll. Der Bund hat bereits im August ein Biomassepaket angekündigt - das muss jetzt endlich kommen.“ Konkret fordert er, dass das Ausschreibungsvolumen für Biogasanlagen auf mindestens 1.200 Megawatt jährlich erhöht wird. Das aktuelle Volumen für das Jahr 2024 liegt dagegen 500 MW. Der Fachverband Biogas hält wegen der großen Zahl an Post-EEG-Anlagen in mehreren Stellungnahmen eine Erhöhung auf mindestens 1800 MW für nötig.
Aiwanger will die Rahmenbedingungen so gestalten, dass die Betreiber von Biogasanlagen die notwendigen Anreize erhalten, um ihre Kapazitäten auszubauen und Anlagen noch flexibler betreiben zu können. Diese Forderungen hat Bayern gemeinsam mit anderen Bundesländern in der Energieministerkonferenz am 7. November nochmals bekräftigt.
Bevorstehender Winter: Fatale Folgen
Biogas spielt laut Aiwanger nicht nur eine wertvolle Ergänzung zu anderen erneuerbaren Energien, sondern stabilisiert auch das Energiesystem. Ein Abwarten bis nach der Neuwahl hätte fatale Folgen. Aiwanger: „Gerade zu Beginn des Winters benötigen wir Biogasanlagen, um Dunkelflauten zu kompensieren. Gleichzeitig steht der Weiterbetrieb für viele Anlagen in Frage. Wir dürfen keine Zeit verlieren und müssen sofort handeln.“
Die Umsetzung des Biomassepakets Mitte 2025 würde das Aus für viele Anlagenbetreiber bedeuten. Der Bund lasse die Branche am ausgestreckten Arm verhungern. „Und das könnten wir uns nicht leisten - weder wirtschaftlich, noch wenn wir den Ausbau erneuerbarer Energien und den Klimaschutz ernst nehmen wollen.“
Bundeswirtschaftsminister antwortet
Der Minister reagiert damit auf eine Antwort von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck: „Den Versprechungen folgen leider keine Taten. Laut Habeck arbeite sein Ministerium mit Hochdruck an Lösungen zur Verbesserung der Perspektive und Anschlussförderung für Biogasanlagen. Davon ist aber noch nichts zu sehen. Weder wurden die Ergebnisse der Biomasse-Ausschreibungen vom 1. Oktober 2024 veröffentlicht noch kommen Vorschläge für das seit August angekündigte Biomassepaket im Energiewirtschaftsgesetz.“
Schicksalsjahre der Branche
„Die nächsten Jahre werden Schicksalsjahre für die Betreiber von Biogasanlagen. Die Bayerische Staatsregierung fordert den Bund schon lange auf, endlich die Rahmenbedingungen so zu ändern, dass für die Landwirte ein auskömmlicher Weiterbetrieb möglich wird“, betonte die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber zum Abschluss der bayernweiten Informationskampagne „Biogas ist mehr! Aus der Landwirtschaft für Bayern".
„Ständige Diskriminierung“
Kaniber appellierte anlässlich des Fachgesprächs „Biogas ist Blühfläche! – Wildpflanzen als Substrat“ und des Besuchs der Biogasanlage in Bad Königshofen erneut in Richtung Berlin: „Die ständig ideologisch getriebene Diskriminierung der Biomasse aus der Land- und Forstwirtschaft durch den Bund ist eine ernsthafte Gefahr für die Energiewende! Wir brauchen aus Berlin endlich Erleichterungen für die Betreiber unserer Anlagen, sonst werden wir in naher Zukunft eine wichtigste Wertschöpfung für den ländlichen Raum verlieren.“
Die aktuellen Rahmenbedingungen für die bayerischen Anlagen hätten sich dramatisch verschlechtert: Voll leistungsfähige Anlagen laufen Gefahr, nur noch als Investitions- und Bauruine zu bestehen. Denn die letzten Ausschreibungen waren dreifach überzeichnet. „Das bedeutet, dass zwei Drittel der Biogasanbieter eine Absage erhielten, obwohl sie unter dem festgelegten Höchstwert angeboten haben“, so die Ministerin. Bayern drängt neben der Erhöhung des Ausschreibungsvolumens auf eine deutliche Erhöhung des Flexibilitätszuschlags von 65 auf 120 €/kW.
Kaniber fordert Klimazuschlag
Außerdem fordert der Freistaat einen Klimazuschlag für besonders klimafreundliche Substrate, da diese für den Anlagenbetreiber mit höheren Kosten verbunden sind. Dazu zählen u.a. Blühpflanzen, die u.a. die Betreiber der Biogasanlage in Bad Königshofen anbauen. Die Biogasanlage war Teil des Projekts BiogasBlühfelder, hierbei wurde die Wildpflanzenmischung „Veitshöchheimer Hanfmix“ angebaut und anschließend zur Energiegewinnung genutzt. Auch die Agrokraft, eine Tochter des Bayerischen Bauernverbandes und Initiator der Anlage in Bad Königshofen, fordert schon länger eine gesellschaftliche Förderung von Blühpflanzen, die zwar weniger Gas, dafür aber einen bedeutenden Beitrag zur Artenvielfalt und zur Trockenheitsresistenz bieten.
Die Agrarministerin hob in diesem Zusammenhang nochmals die Vorteile von Biogas hervor: „Biogas ist ein Mulitalent und elementarer Baustein der Energiewende in Bayern und kann nachhaltig aus nachwachsenden Rohstoffen Strom, Wärme oder Kraftstoff liefern. Und zwar auch dann, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht.“ Für Bayern stellt die Biogaserzeugung einen wichtigen und zudem, grundlastfähigen Baustein der Energiewende dar und sorgt für Wertschöpfung im ländlichen Raum. Jede vierte deutsche Biogasanlage steht in Bayern. Aktuell gibt es in Bayern 2.750 Biogasanlagen mit einer elektrischen Leistung von 1.450 Megawatt. Das entspricht ungefähr der Leistung des Kernkraftwerks Isar 2, das seit dem vergangenen Jahr nicht mehr am Netz ist.
Abschluss der Info-Kampagne
Um die vielfältigen Möglichkeiten der Biogaserzeugung bekannter zu machen, hat das Landwirtschaftsministerium das Centrale Agrar-Rohstoff Marketing- und Energie-Netzwerk (C.A.R.M.E.N. e.V.) beauftragt, im Jahr 2024 eine Informationskampagne durchzuführen. In Fachgesprächen in allen Regierungsbezirken sowie bei Messeauftritten und in den Sozialen Medien wurde über Biogas im Öko-Landbau, alternative Substrate wie zum Beispiel Blüh- und Wildpflanzen oder Gülle, Güllekleinanlagen sowie Gärproduktmanagement informiert. C.A.R.M.E.N. e.V. ist die Koordinierungsstelle für Nachwachsende Rohstoffe und erneuerbare Energien mit Sitz im Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe in Straubing.