Schlampig, grob fahrlässig oder sogar einfach nur ignorant? Für das Verhalten, mit dem die Politik auf Bundesebene seit der Gaskrise 2022 mit der Biogasbranche umgeht, gibt es eine Vielzahl von möglichen Beschreibungen. Mit dem Ampel-Aus und den Neuwahlen am 23. Februar droht jetzt ein weiteres Verschleppen.
Nicht nur, dass die Branche in fast jeder der vom Bundeswirtschaftsministerium vorgeschlagenen neuen Strategie zu energiepolitischen Zukunft oder in Förderprogrammen keine oder eine untergeordnete Rolle spielt. Oder, dass der Gesetzgeber das seit Jahren bekannte Problem des viel zu geringen Ausschreibungsvolumens für die Anschlussvergütung ignoriert, obwohl schon lange feststeht, in welchem Jahr wie viele Anlagen das Ende der EEG-Förderung erreichen.
Oder, dass das Bundesumweltministerium als federführende Organisation das Problem der gefälschten Klimaschutzzertifikate aus China monatelang ignoriert, obwohl sie dem deutschen Klimaschutz allgemein, aber insbesondere Biomethananlagen massiv schaden, die klimafreundlichen Kraftstoff anbieten wollen in einem Sektor, in dem jede nur denkbare Klimaschutzoption dringend gebraucht wird.
Netzbetreiber verweigern zustehende Vergütung
Nein, jetzt wird auch noch bekannt, dass noch nicht einmal Betreiber auf der sicheren Seite sind, die einen der wenigen Zuschläge für eine Anschlussvergütung in der Biomasseausschreibung ergattert haben. Denn anscheinend legen viele Netzbetreiber eine schwammige Formulierung im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) so aus, dass sie dem Anlagenbetreiber nicht die ersteigerte Vergütung zahlen, sondern nur die Marktprämie im Schnitt der letzten drei Jahre. In dem Beispiel, das uns vorliegt, soll der Betreiber statt 19 ct nur 11 ct/kWh erhalten. Das wäre das Aus für die Anlage.
Das Fatale dabei: Wer seine Anlage, wie politisch gewollt, flexibilisiert hat und jeden Stromkunden damit entlastet, indem er möglichst viel Strom bedarfsgerecht erzeugt und direkt vermarktet, ist besonders gekniffen. Denn in diesem Fall erzielt er das Gros seiner Erlöse aus der Direktvermarktung, während der Netzbetreiber nur die kleine Differenz zur jeweils zustehenden Vergütungshöhe zahlt – eben die Marktprämie. Da diese bei flexibilisierten Anlagen sehr niedrig ist, würden die Betreiber nach der Auslegung der Netzbetreiber auch nur eine sehr geringe Vergütung erhalten.
Ignoranz der Politik
Das Problem ist nach Aussage des Fachverbandes Biogas schon länger bekannt. Schon länger liegen Anträge dazu bei der Clearingstelle-EEG vor. Und schon länger weiß auch die Fachebene des Bundeswirtschaftsministeriums davon. Doch es passiert wieder mal nichts. Jetzt, mit dem Ampel-Aus stehen Biogasanlagen eh nicht auf der Liste der unerledigten Dinge ganz oben. Zwar hatte Wirtschaftsminister Habeck im August wieder mal eine Strategie angekündigt: dieses Mal eine Biogasstrategie. Aber auch das war nur eine Absichtserklärung.
Darum sind Bundesratsinitiativen wie zuletzt aus Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Bayern zu begrüßen. Aber es reicht nicht. Anscheinend ist bei der Regierung noch nicht angekommen, welche Lücke stillgelegte Biogasanlagen bei der Wärmeversorgung in den Kommunen hinterlassen. Oder wie viele Arbeitsplätze im ländlichen Raum auf dem Spiel stehen. Oder, wie teuer, volkswirtschafts- und klimaschädlich es wäre, blauen Wasserstoff zu importieren oder neue Erdgaskraftwerke zu bauen, anstatt auf saubere, heimische und günstige Bioenergie zu setzen.
Daher muss der Druck von unten steigen, angefangen von den vielen Wärmeenergiegenossenschaften, den betroffenen Kommunen über Zusammenschlüsse wie Landkreistage oder Städte- und Gemeindebunde bis zu den Landesparlamenten. Es muss aufhören, dass jede Woche eine neue Hiobsbotschaft zu düsteren Zukunftsaussichten oder neuen Rückschlägen in der Praxis kommt.