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Biogas: Dringende Korrekturen am Biomassepaket nötig

Die Biogasbranche fordert schnelle Korrekturen des Biomassepakets. Sonst drohen bereits 2025 Stilllegungen im großen Stil. Das sei auch mit Blick auf die Nahwärmeversorgung vieler Dörfer fatal.

Lesezeit: 4 Minuten

Heute fand im Ausschuss für Klimaschutz und Energie des Deutschen Bundestages eine öffentliche Anhörung zum Fraktionsentwurf der SPD und der Grünen zum sogenannten Biomassepaket statt. Die Bioenergieverbände im Hauptstadtbüro Bioenergie begrüßen zwar die wichtigen Änderungen, die die beiden Regierungsparteien vor Weihnachten eingebracht haben, doch unterstreichen die Verbände auch, dass so die bereits eingesetzte Rückbauwelle nicht aufgehalten wird. Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüro Bioenergie (HBB), war als Sachverständige geladen.

Back-up für Sonne und Wind

Sandra Rostek betonte in ihrem Eingangsstatement: „Die Bioenergiebranche will Verantwortung für das Energiesystem übernehmen, künftig als Back-up für Sonne und Wind einstehen und flexibel Strom und Wärme bereitstellen! Es geht also bei der Frage nach der Flexibilisierung von Biogas für uns nicht um das OB, sondern um das WIE.“ 

Der zunächst veröffentlichte Referentenentwurf des Bundesministeriums für Energie und Klimaschutz zeichnete laut Rostek keineswegs die von Wirtschaftsminister Robert Habeck angekündigte Zukunftsperspektive, sondern einen klaren Sterbepfad für 95% der Biogasanlagen und damit nahezu der gesamten Biogasbranche.

Spürbare Verbesserungen

Rostek begrüßt daher die Initiative von SPD und Grünen, die spürbare Verbesserungen im Fraktionsentwurf eingebacht haben. Allen voran zu erwähnen seien die Anpassungen des bislang viel zu niedrigen Flexibilitätszuschlages auf die heutigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie eine zusätzliche, leichte Anhebung des Ausschreibungsvolumens.

Dennoch dürften diese guten Änderungen nicht über die weiterhin zahlreichen und teils schwerwiegenden Probleme im Gesetzesentwurf hinwegtäuschen, welche in Summe die bereits eingesetzte Rückbauwelle nicht aufhalten würden. 

„Wir hatten schon vor Jahren das Zielbild formuliert, bis 2030 über den gesamten Anlagenpark hinweg eine Verdreifachung der installierten Leistung auf 12 Gigawatt zu gewährleisten. Nachdem dieses Angebot jahrelang leider ignoriert wurde, soll es nun quasi über Nacht umgesetzt werden. Dies ist schlicht vom Prozess und der Technik her nicht möglich“, kritisiert Rostek.

In den extrem kurzen Fristen des Gesetzentwurfs könnten die Anlagen nicht auf eine mindestens vierfache Überbauung umgerüstet werden. Finanzierung, neue Genehmigungen, Planung, Netzanschluss, Lieferung und Installation neuer technischer Anlagen seien in der Kürze der Zeit nicht zu schaffen.

Die Zeit drängt

Existenzielle Probleme sieht Rostek insbesondere bei Biogasanlagen, für die bereits 2025 der erste EEG-Vergütungszeitraum ausläuft. Diese hätten nur knapp zwei Monate Zeit, um ein fundiertes Angebot zu vorzulegen, und müssten die Umrüstung in etwa sieben Monaten bewerkstelligen.

Nach einer aktuellen Umfrage des Fachverbandes Biogas könnten 76 % der Anlagen unter diesen Rahmenbedingungen nicht an den Ausschreibungen teilnehmen und müssten ihre Anlage stilllegen. So würden wir große Mengen an gesichertem Strom und die zugehörige grüne Wärme riskiert, häufig in vergleichsweise strukturschwachen ländlichen Regionen. 

„Um dies zu verhindern, muss entweder der vorliegende Entwurf um einen realistischen Transformationspfad ergänzt werden, mit praktikablen und verhältnismäßigen Flexibilitätsanforderungen. Oder, falls dies in der Kürze der Zeit nicht mehr möglich ist, plädieren wir für eine Übergangsregelung, nach der nur für die Jahre 2025/2026 das Ausschreibungsvolumen und der Flexzuschlag angehoben werden, um die Stilllegungswelle aufzuhalten und allen Zeit für eine vertiefte fachliche Diskussion des „wie’s“ der Flexibilisierung zu verschaffen,“ schließt Rostek.

Anlagen mit 400 MW betroffen

„Jetzt muss schnell gehandelt werden,“ fordert auch Marcus Hrach, Geschäftsführer des Landesverbandes Erneuerbare Energien in Schleswig-Holstein (LEE SH). Wenn der aktuelle Bundestag sich nicht auf ein substanzielleres Biogaspaket einige, werde ein weiterer Biogas-Jahrgang überwiegend stillgelegt. Dies beträfe deutschlandweit ca.  400 MW. Diese haben ein mögliches Potenzial von drei Gigawatt installierter flexibler Leistung, wenn die richtigen regulatorischen Weichen gestellt werden. Damit ginge ein langfristig wertvoller Beitrag zur Energie- und Wärmewende unwiederbringlich verloren.

Auch Kraftwerksstrategie im Blick

Neben einem zukunftsweisenden Biomassepaket, auf das sich die Fraktionen im Bundestag zeitnah einigen müssten, fordert der LEE SH zudem eine Kraftwerksstrategie, die technologisch für Biogas-Speicherkraftwerke offen ist. Diese Biogas-Speicherkraftwerke könnten die Versorgung schneller und klimafreundlicher als die bisher in der Strategie geplanten neuen Gas- und Wasserstoff-Kraftwerke sichern. Zudem sei Biogas deutlich günstiger. Gleichzeitig werde ein substanzieller Konjunkturschub ausgelöst und die Abhängigkeit von fossilen Erdgasimporten verringert. Marcus Hrach richtet daher den Appell an eine zukünftige Bundesregierung: „Weichenstellungen zur Zukunft der Bioenergie gehören in das 100-Tage Programm der neuen Regierung.“

Weitere Infos

  • Den Entwurf zum Biomassepaket finden Sie unter BT-Drucksache 20/14246

  • Die Stellungnahme des Hauptstadtbüros Bioenergie finden Sie hier.

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