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Bundestagswahl 2025 Maul- und Klauenseuche Gülle und Wirtschaftsdünger

topplus Markteinschätzung

Quotenbetrug und illegale Importe bestimmen auch 2025 den Biokraftstoffmarkt

Auf einer Pressekonferenz im Vorfeld des Kongresses „Kraftstoffe der Zukunft 2025“ gaben Branchenvertreter einer Markteinschätzung. Weiterhin ist nicht mit steigenden THG-Quotenpreisen zu rechnen.

Lesezeit: 7 Minuten

Das Thema Biokraftstoffe beschäftigt die Landwirtschaft aus mehreren Gründen:

  • Nach Abschaffung der Agrardieselrückvergütung sind Alternativen zum fossilen Diesel neu in den Fokus gerückt.

  • Als wichtigster Absatzmarkt für Raps ist die Biodieselproduktion in Deutschland für Ölsaaten anbauende Landwirt von Interesse.

  • Genauso beschäftigt Anbauer von Getreide und Zuckerrüben die Zukunft des Bioethanolmarkts in Deutschland.

  • In der Hoffnung auf hohe Erlöse über den Verkauf von Treibhausgasminderungsquoten (THG-Quoten) haben einige Biogasanlagenbetreiber geplant, die Substratbasis auf Wirtschaftsdünger umzustellen und von der Vorortverstromung auf die Biomethanproduktion und Gaseinspeisung umzusteigen.

„Darum erwartet die Landwirtschaft von den Parteien im Wahlkampf auch realistische Aussagen, wie es denn nun weitergehen soll in diesem Bereich“, sagt Stephan Arens, Geschäftsführer der UFOP. Er verwies auf den Erlebnisbauernhof in Halle 3.2 auf der „Grünen Woche“ in Berlin, auf dem Messebesucher technische Alternativen mit Vertretern von Fendt, John Deere, Claas und New Holland diskutieren können. Zudem gibt der Kongress "Kraftstoffe der Zukunft" am 20. und 21. Januar viele Informationen zu den verschiedenen Biokraftstoffoptionen sowie die politischen Rahmenbedingungen.

Mortler: "Zuschauen, zaudern, zögern"

„Unsere Branche bewegt viele Themen. Das sind einmal die betrügerischen Importe angeblich fortschrittlicher Biodiesel aus China. Zweitens die gefälschten Upstream Emission Reduction-Zertifikate (UER), die ebenfalls aus China kommen und eine negative Rolle spielen. Drittens die Umsetzung der RED III bis Mai diesen Jahres. Viertens auf EU-Ebene der Start der Uniondatenbank und die stockenden Verhandlungen zur Energiesteuerrichtlinie“, zählt Marlene Mortler, neue Vorsitzende des Bundesverbandes Bioenergie auf. Sie kritisiert die schleppende Ursachenbekämpfung der Betrugsfälle rund um die THG-Quote. „Zudem sind die Preise für die THG-Quote in den letzten zwei Jahren in diesem Kontext drastisch eingebrochen. Wir reden von damals 400 €. Jetzt liegen die Preise bei 60 bis 85 € im Schnitt“, sagte sie bei der Pressekonferenz.

Leider hätten die Bedenkenträgerei im Bundesumweltministerium (BUMV) und der fehlende Handlungswille das Ganze weiter verschleppt und verzögert. „Deshalb brauchen wir als Befreiungsschlag ein behördliches Zulassungsverfahren für Produzenten fortschrittlicher Biokraftstoffe“, fordert sie. In Frankreich, Belgien oder Österreich sei man da schon weiter. „Ein bisschen entsteht schon der Eindruck, dass der Schaden an der Branche dem BUMV ganz recht kommt, weil man – und das ist meine persönliche politische Erfahrung – mit unseren Biokraftstoffen wenig am Hut hat“, erklärt sie.

Zudem habe das Umweltbundesamt viel zu spät auf Hinweise der Biokraftstoffbranche zu gefälschten Upstream-Emission-Reduction-Zertifikaten reagiert. Sie fordert, dass der entgangene Klimaschutz durch andere THG-Quotenoptionen nachgeholt werden müsse, wie zum Beispiel durch nachhaltige Biokraftstoffe. „Wir lassen die Argumentation von Umweltministerin Steffi Lemke nicht durchgehen, es sei ja kein Schaden für den Verbraucher entstanden und die Betrugsprojekte seien günstiger als ehrliche Erfüllungsoptionen. Das ist ein Schlag ins Gesicht der Klimaschutzbranche“, kritisiert sie. Zudem stünde ein milliardenschwerer Umweltskandal im Raum.

Höhere THG-Quote nötig

Mehr Engagement fordert sie auch bei der Umsetzung der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (RED III) der EU, die bis Mai 2025 in deutsches Recht umgesetzt sein muss. Sie setzt das Ziel, dass im Verkehr bis 2030 insgesamt 29 % erneuerbare Energien und 14,5 % THG-Minderung erreicht werden sollen. „Deutschland erreicht die Klimaziele im Verkehr seit Jahren nicht und wird es nach Berechnungen von Agora-Energiewende auch 2024 wieder verfehlen. Wir brauchen also eine ambitionierte Umsetzung des Verkehrsziels der RED III sowie eine Anhebung der THG-Minderungsquote im Bundesimmissionsschutzgesetz auf mindestens 37 % bis 2030“, fordert sie. Ohnehin verschenke Deutschland Potenzial, da die Obergrenze für Biokraftstoffe aus Anbau-Biomasse hierzulande niedriger sei als von der EU erlaubt.

Ein weiterer Kritikpunkt aus Sicht des BBE ist die immer noch nicht zufriedenstellend funktionierende Datenbank der EU für Nachhaltigkeitsnachweise in Verbindung mit der RED II. Zudem sollte der ermäßigte Mindeststeuersatz für nachhaltige Biokraftstoffe aus Sicht der Branche nicht nur befristet, sondern langfristig festgeschrieben werden. „Das bedeutet Anreize für Investitionen in nachhaltige Biokraftstoffe wie Biomethan, Biodiesel, Bioethanol oder HVO“, betont Mortler.

Keine steigenden Preise erwartet

Ob sich bezüglich THG-Quotenpreis bis zur Bundestagswahl oder zumindest in diesem Jahr noch etwas ändert, bezweifelt die Branche. „Auswirkungen auf die Quotenpreise sind nicht zu erwarten, weil die Schädigung im Moment so massiv ist und der Markt mit den Zertifikaten überschwemmt ist“, erklärt Arens. Normalerweise müsse man doch davon ausgehen, dass zertifizierte Mengen, die hierzulande angerechnet werden oder hier in den EU-Kontrollen importiert werden, auch entsprechend der Realität entsprechen. „Aber jetzt wurden Zahlen der indonesischen Regierung bekannt, wonach die Verarbeitungskapazität für POME bei 300.000 t liegt“, sagt Arens. Gemeint ist „Palm Oil Mill Efluent“ (POME), ein Abfallstoff der Palmölindustrie, der zu Biokraftstoffen verwendet werden kann. Aus Indonesien exportiert wurden dagegen über 3,45 Mio. t, die dann zu angeblich nachhaltigem Biodiesel auf Basis von POME verarbeitet worden seien. „Das zeigt das absurde Missverhältnis der Zahlen und macht das Betrugspotenzial deutlich“, bringt Arens auf den Punkt.

„Ein Hoffnungsschimmer besteht in einem  Änderungsantrag, mit dem das Bundesimmissionsschutzgesetz sowie  mehrere Verordnungen kurzfristig angepasst werden sollen“, ergänzt Elmar Baumann, Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Biokraftstoffwirtschaft. Dabei geht es darum, Vertretern der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) weltweit ein Betretungsrecht zu erlauben, um Audits von Zertifizierern zu überwachen. Die Möglichkeit, diese so genannten Witness Audits bei Biokraftstoffproduzenten durchzuführen, soll damit zur Voraussetzung für die Anrechnung von Biokraftstoffen in Deutschland werden.

Potenzial wird verschenkt

Baumann weist noch auf einen weiteren Missstand hin: Trotz des  Anstiegs der Treibhausminderung von 7 auf 8 % im Vergleich zu fossilen Kraftstoffen ist im Jahr 2023 die eingesetzte Menge von Biokraftstoffen gleichgeblieben. Grund ist die riesige Menge  aus China importierter angeblich fortschrittlicher Biokraftstoffe. „Diese mutmaßlich falsch deklarierten Kraftstoffe haben diejenigen aus Anbaubiomasse sowie aus Altspeisefett und Tierfett verdrängt“, sagt er.

Hätte man die gemäß Kappungsgrenze für Anbaubiomasse und Altspeisefett/Tierfett mögliche Menge von Biodiesel, Bioethanol & Co. eingesetzt, wären zusätzlich 6,3 Mio. t CO2 eingespart worden. „Damit hätten wir die Klimaschutzwirkung im Verkehr um rund fünfzig Prozent steigern können. Aber auf dieses Potenzial verzichten wir aufgrund der unzureichenden Zertifizierung und zu niedriger Quoten“, kritisiert der Geschäftsführer die aktuelle Biokraftstoffpolitik. „Weil wir national nicht weiterkommen, exportieren wir das Klimaschutzpotenzial“, fügt Arens hinzu. Denn aufgrund der bestehenden Regelungen würde Deutschland, das EU-weit Marktführer bei der Biodieselproduktion ist, sehr viel Biodiesel in andere Länder der EU oder in Drittstaaten exportieren, die damit ihre Klimaschutzverpflichtungen erfüllen würden ­ - eine skurrile Situation.

Was Sie auf der Grünen Woche erwartet

Es gibt erneuerbare Antriebsenergien, die perspektivisch das gesamte Leistungsspektrum des land- und forstwirtschaftlichen Fuhrparks abdecken könnten und kontinuierlich im Labor und auf dem Feld getestet, weiterentwickelt und genutzt werden. Die vier Landtechnikunternehmen, die bei der Plattform „Erneuerbare Antriebsenergie für die Land- und Forstwirtschaft“ Mitglied sind, stellen sich auf der Grünen Woche 2025 gemeinsam auf, um ihre jeweiligen Lösungen zu präsentieren:

  • Fendt tritt mit dem elektrisch angetriebenen e100 S Vario S auf, der sich mit einer Dauerleistung von 55 kW und einer Akkukapazität von 100 kWh etwa fünf Stunden im Einsatz bewähren kann. Durch die geringe Lärm- und Emissionsbelastung eignet er sich laut Hersteller für Arbeiten im Stall und auf dem Hof, aufgrund seiner relativ kleinen Breite bietet er sich zudem in Obst- und Weinbergen an.

  • New Holland präsentiert sich auf dem Gemeinschaftstand mit seinem 7.270 Methane Power, der ausschließlich mit Biomethan angetrieben wird. Dank ergänzbarem Fronttank punktet der Schlepper unter anderem mit einer Tankvolumenkapazität von 1.295 Litern, einen um 70 % reduzierten Stickstoffoxid-Ausstoß und einer um 99 % verringerten Partikelemission gegenüber Motoren der Abgasstufe 5. Besonders für Betriebe, die selbst eine Biogasanlage besitzen oder in der Nachbarschaft eine Biomethan-Tankstelle haben, könnte er eine zukunftsfähige Lösung sein.

  • Claas stellt sich mit seinem Axion 960 Terra Trac auf, der es mit HVO-Dieselkraftstoff (hydriertes Pflanzenöl) auf bis zu 445 PS Maximalleistung schafft. Durch das CEMOS-Fahrerassistenzsystem können rund 12 % Kraftstoff eingespart werden. Gleichzeitig soll "Terra Trac" für einen um 50 % reduzierten Reifendruck und 15 % mehr Traktion sorgen. Bei der Verwendung von HVO aus Abfall- und Reststoffen können die CO2-Emissionen um 90 % reduziert werden.

  • John Deere positioniert sich daneben mit dem vielfach erprobten 6 R 215, der ausschließlich mit Pflanzenöl betankt werden kann und dabei eine Maximalleistung von 237 PS plus 22 PS Intelligent Power Management auf den Acker bringt. Die Ölsaaten für den Kraftstoff können auf den betriebseigenen oder auf benachbarten Feldern angebaut und regional verarbeitet werden, sodass ein klimaneutraler Energieträger entsteht.

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