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Bundeswaldinventur: Experten fordern Verjüngung des Waldes durch Nutzung

Der Anteil an Totholz hat so stark zugenommen, dass der Wald zum CO2-Emittenten wird. Lebende Bäume und der Ersatz von fossilen Brennstoffen durch Waldrestholz sind die Lösung, sagen Experten.

Lesezeit: 7 Minuten

Die Wälder in Deutschland tragen nicht wie erwartet zur Speicherung des klimaschädlichen Treibhausgases CO2 bei. Das ist das Ergebnis der jüngsten Bundeswaldinventur (BWI), die Bundesminister Cem Özdemir am Dienstag vorgestellt hat.

Demnach ist der Wald, lange Zeit als Kohlenstoff-Senke geschätzt, in den letzten Jahren aufgrund der Klimakrise und ihrer Folgen zur Kohlenstoff-Quelle geworden. Das bedeutet, der überwiegende Abgang durch Stürme und Dürre sowie Käferbefall ist größer als der Zuwachs an lebender Biomasse. Seit 2017 hat sich der Kohlenstoffvorrat im Wald um 41,5 Millionen Tonnen verringert. Die Bundeswaldinventur ist die umfangreichste Erhebung zum Zustand und zur Entwicklung des Waldes in Deutschland.

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Mehr Totholz im Wald

Der Wald hat in der zweiten Hälfte der Dekade durch Trockenheit und Schädlingsbefall so stark gelitten, dass der Holzvorrat und damit auch der Kohlenstoffvorrat seit 2017 erheblich abgenommen haben. „Aktuell ist ungefähr die gleiche Menge Kohlenstoff in der lebenden Biomasse im Wald gespeichert wie vor zehn Jahren. Bis 2017 hat die gespeicherte Kohlenstoffmenge um 52 Millionen Tonnen zugenommen. Danach hat die lebende Biomasse allerdings 42 Millionen Tonnen Kohlenstoff in Totholz und Holzprodukte abgegeben“, erläutert Dr. Thomas Riedel, Leiter der Bundeswaldinventur am Thünen-Institut für Waldökosystem in Eberswalde, die Zahlen.

Totholz zersetzt sich und gibt dabei den Kohlenstoff in Form von Humus an den Boden und als Kohlendioxid (CO2) an die Atmosphäre ab. „Werden aus dem Holz langlebige und hochwertige Holzprodukte, bleibt das Kohlendioxid hingegen im Durchschnitt noch 30 weitere Jahre gebunden“, so Riedel. Durch den massiven Verlust an lebender Biomasse ist der Wald seit 2017 von einer Kohlenstoff-Senke zu einer Kohlenstoff-Quelle geworden.

„Wälder müssen verjüngt werden“

Die Ergebnisse der vierten Bundeswaldinventur wertet der Fachverband Holzenergie (FVH) als Auftrag, die Wälder aktiv an den Klimawandel anzupassen. Gerolf Bücheler, Geschäftsführer des FVH, erklärt: „Damit der Wald auch in Zukunft seine Rolle als Treibhausgassenke erfüllen kann, ist es notwendig, unsere Wälder zu verjüngen und klimaresilient umzubauen und einen weiteren Anstieg der Holzvorräte zu begrenzen. Da alte Bäume sowohl schadensanfälliger sind und weniger CO2 binden als junge, müssen wir den Wald jetzt aktiv nutzen und an den Klimawandel anpassen.“

Die aktive Bewirtschaftung und Nutzung der Wälder sichere den Walderhalt. Die energetische Verwertung von Rest- und Nebenprodukten aus der Forstwirtschaft und Holzverarbeitung erfüllt laut Bücheler zwei wichtige Aufgaben: Zum einen schafft sie für Waldbesitzer und holzverarbeitende Industrien einen wichtigen Absatzmarkt und hilft damit, Waldbesitzern die Bewirtschaftung und den Waldumbau zu finanzieren. Zum anderen ersetzt energetisch genutztes Holz fossile Energieträger wie Kohle, Öl und Gas und stellt damit eine verlässliche erneuerbare Energiequelle dar.

 Im Jahr 2023 sparte Holzenergie durch den Ersatz fossiler Energieträger 34 Mio. t CO2 ein, was rund 5 % der deutschen Gesamtemissionen des Jahres entspricht.

„Alte Wälder sind anfällig“

Auch der Hauptverband der Deutschen Holzindustrie (HDH) hält den deutschen Wald für zu alt: „Das Durchschnittsalter der Bäume ist jetzt auf 82 Jahre gestiegen. In Zeiten des Klimawandels ist das ein Problem: Alte Bäume sind zwar wertvoll für die Artenvielfalt, aber alte Wälder sind auch besonders anfällig für lange Dürreperioden, wie wir sie in den letzten Jahren erleben mussten“, sagt HDH-Präsident Johannes Schwörer.

Auch der Trend zu einem höheren Laubholzanteil, der sich in der Inventur abzeichnet, birge Risiken. „Wir dürfen beim Waldumbau nicht alles auf eine Karte setzen. Die Erfahrungen der letzten Trockenjahre haben gezeigt, dass Borkenkäfer- und Dürreschäden alle Baumarten betreffen können – Laubbäume wie Nadelbäume. Wir sollten das Risiko streuen und bei der Waldverjüngung auf einen gesunden Baumarten-Mix setzen, der die Auswirkungen des Klimawandels voraussichtlich besser verträgt“, fordert er. Außerdem sollten bei der Verjüngung auch Bedürfnissen des Verbrauchers und damit der Marktnachfrage berücksichtigt werden, denn mehr als 80 % aller Holzprodukte bestünden aus Nadelholz.

Klimagerechter Umbau nötig

Torben Niemann, Projektleiter der Initiative Holzwärme: „Nur eine nachhaltige Bewirtschaftung und der klimagerechte Umbau unsere Wälder kann dafür sorgen, dass der Wald auf der einen Seite als CO2-Senke dient und auf der anderen Seite durch thermische und stoffliche Nutzung bereits kurzfristig zur Reduktion von klimaschädlichen Emissionen aus fossilen Quellen beiträgt. Wärme aus fester Biomasse ist klimaneutral und zukunftsfest. Forderungen nach einer Einschränkung der Nutzung des Holzes aus heimischen Wäldern sind daher im Sinne des Klimaschutzes nicht zielführend und stehen der Forderung nach klimaresistenten Wäldern entgegen. Stoffliche und thermische Verwertung sind zwei Seiten einer Medaille, die dem Erhalt und dem Ausbau des Waldes dienen.“

Kaniber: „Wir müssen mehr Holz nutzen“

„Wir können unsere Wälder und ihre lebenswichtigen Leistungen für uns Menschen nur dann sichern und für kommende Generationen erhalten, wenn wir sie auf Dauer aktiv pflegen und bewirtschaften. Dabei unterstützen wir in Bayern nach Kräften unsere Waldbesitzer, anstatt sie durch immer neue Vorgaben zu gängeln und zu bevormunden“, betont die bayerische Forstministerin Michaela Kaniber. 

Besonders erfreulich ist laut Kaniber, dass in Bayerns Wäldern immer mehr Laubbäume stehen: ihr Anteil hat um fast drei %punkte auf gut 38 % zugenommen. In den jüngeren Waldbeständen liegt er inzwischen sogar bei rund 60 %. „Diese Entwicklung zeigt, dass in Bayern der Waldumbau längst auf Hochtouren läuft. Allein in den vergangenen zehn Jahren haben Bayerns Waldbesitzer und Förster unter großem finanziellem Aufwand rund 150.000 Hektar klimafeste, zukunftsfähige Mischwälder aufgebaut“, unterstrich Kaniber. Während der Freistaat sie dabei maximal unterstütze, fahre der Bund nach langer Hängepartie seine Hilfen deutlich zurück. „Nur noch 90 statt 125 Millionen Euro – ein fatales Signal für die Zukunft der Wälder“, ergänzte die Ministerin.  

Sorgen bereitet der Ministerin, dass die bayerischen Wälder immer holzreicher werden: „Zu hohe Holzvorräte machen unsere Wälder instabiler und anfälliger für Stürme, Trockenheit und Insektenbefall.“ Seit der letzten Inventur 2012 ist der Holzvorrat in den bayerischen Wäldern auf durchschnittlich 405 m3 pro Hektar angestiegen. In Bayerns Wäldern stehen damit aktuell mehr als eine Milliarde m3 Holz. Ministerin Kaniber: „Bei uns im Freistaat besteht wahrlich kein Mangel an Holz. Deshalb müssen wir nicht weniger, sondern mehr Holz nutzen als bisher.“

Dem Klimaschutz käme das gleich mehrfach zugute: Die Wälder würden stabiler, der Waldumbau würde beschleunigt und die Holzverwendung sowie die damit einhergehende langfristige Kohlenstoff-Speicherung würden gestärkt. Allen Bestrebungen, Forstwirtschaft zu beschränken und die Wälder sich selbst zu überlassen, erteilte die Ministerin erneut eine klare Absage: „Großflächige Stilllegungen bremsen den Aufbau zukunftsfähiger Wälder aus und sind ein Bärendienst für Walderhalt, Klimaschutz und Wirtschaftskraft.“ 

Falsche Klimaschutzpolitik

„Die Forstwissenschaften weisen bereits seit Jahren darauf hin, dass eine zusätzliche Speicherung von Kohlenstoff in unseren Wäldern nicht dauerhaft sein kann. Hochbevorratete Waldökosysteme werden mit zunehmendem Alter in Zukunft immer mehr zu Quellen von Treibhausgasen“, erklärt der Forstwissenschaftler Prof. a.D. Roland Irslinger aus Tübingen.

 Je höher die Vorräte und je älter die Wälder, desto größer würden die potenziellen CO2-Emissionen, zeigen aktuelle Studien. Dieser zusätzlich gebundene Kohlenstoff ist laut einer neuen Studie einem hohen Risiko ausgesetzt, spätestens in wenigen Jahren bis Jahrzehnten, wenn diese Wälder infolge des Klimawandels zur Quelle werden, wieder unkontrolliert in die Atmosphäre emittiert zu werden. „Deshalb ist es grundsätzlich nicht zulässig, emittierte fossile CO2-Emissionen mit einer zusätzlichen C-Speicherung in alten Wäldern gegenzurechnen“, warnt Irslinger.

Besser sei die Vermeidung fossiler Emissionen, auch z.B. durch mehr Holzbauweise und die energetische Verwertung von ansonsten nicht verwertbarem Waldrestholz und Sägerestholz als Ersatz für Öl und Gas. Denn Vermeidung sei quasi auf ewig, Speicherung in alten Wäldern dagegen nur temporär.  „Nur der Waldumbau wird die Wälder stabilisieren. Dabei müssen Wälder aufgelichtet werden, um sie zu verjüngen, wobei vermehrt die genannten Resthölzer anfallen“, betont er. „Das bedeutet, dass die Strategie der Bundesregierung, noch mehr CO2 in unseren Wäldern binden zu wollen, klimapolitisch fehlgeschlagen ist.“

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