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Klimaschutzbetrug: UBA reagiert – verhalten

Das Umweltbundesamt will einige gefälschte Klimaschutzzertifikate wieder aberkennen. Die Initiative „Klimabetrug stoppen“ sieht weiterhin erhebliche Versäumnisse der Behörde.

Lesezeit: 6 Minuten

Das Umweltbundesamt (UBA) hat ein Jahr nach Bekanntwerden von Betrugsvorfällen bei Klimaschutzzertifikaten reagiert und bei acht Zertifikaten zu „Upstream Emission Reductions“ (UER) aus China eine Freischaltung verhindert.

UER-Projekte sind Maßnahmen zu Minderung von CO₂-Emissionen bei Kraftstoffen im „Upstream“-Bereich, d.h. vor der Verarbeitung des Rohöls in der Raffinerie. Emissionen können u.a. bei der Verbrennung von Begleitgasen auf Ölbohrtürmen entstehen. Diese sollen sich durch UER-Projekte vermeiden lassen. UER-Projekte sind attraktiv für die Mineralölwirtschaft, die damit eine vergleichsweise kostengünstige Möglichkeit hat, ihre Treibhausgasminderungsquote nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz zu erfüllen. Seit Anfang 2023 haben Zertifikate von UER-Projekten, aber auch Importe von gefälschtem Biodiesel aus Altspeiseöl den Markt überschwemmt und zum Absturz der THG-Quotenpreise geführt.

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Im Mai hatte das ZDF über die Betrugsvorfälle berichtet. Das Umweltbundesamt war daraufhin in die Kritik geraten. Mit Blick auf die vom ZDF erhobenen Vorwürfe sagte UBA-Präsident Dirk Messner, dass die reine Begutachtung von UER-Projekten aus der Ferne auf Basis von Satellitenbildern oder die Papier-Prüfung der von Projektträgern eingereichten Berichte oftmals nicht ausreiche, um den Missbrauch des UER-Systems aufzudecken und nachzuweisen.

Das UBA hat sich daher zusätzlich zu seinen eigenen Ermittlungen durch eine internationale Anwaltskanzlei unterstützen lassen. Diese hat Projekte in China vor Ort im Auftrag des UBA untersucht. Insgesamt gibt es weltweit 75 UER-Projekte, zumeist in China – das UBA wird neben den acht Projekten auch weitere kritische UER-Projekte untersuchen.

Freischaltung zurückgezogen

Bei sieben der acht Projekte – die von großen, internationalen Unternehmen durchgeführt werden – wurden die Anträge auf Freischaltung von UER-Zertifikaten für 2023 zurückgezogen, nachdem das UBA die Projektträger mit gravierenden rechtlichen und technischen Ungereimtheiten bei ihren Projekten konfrontiert und eine Vor-Ort-Überprüfung angedroht hatte. Das UBA hat nach eigenen Angaben damit sichergestellt, dass für diese Projekte keine UER-Nachweise für 2023 mehr ausgestellt werden können und dass unberechtigte UER-Zertifikate im Umfang von 159.574 t CO₂-Äquivalente in den Markt gelangt sind.

Bei einem weiteren Projekt in China hat das UBA die Ausstellung von UER-Zertifikaten untersagt, weil das Projekt vorzeitig begonnen wurde, wie umfassende Satellitenbild- und vertiefte technische Analysen durch UBA-Experten ergaben. Auch darüber hatte das ZDF schon im Mai berichtet. Ein solcher vorzeitiger Beginn ist nach der Verordnung zur Anrechnung von Upstream-Emissionsminderungen auf die Treibhausgasquote (UERV) nicht zulässig.

Weitere Prüfungen

Den nächsten Aufklärungsschwerpunkt setzt das UBA zusätzlich zu den acht Projekten mit Freischaltungsanträgen für das Jahr 2023 auf weitere 13 Projekte. In allen diesen 21 Projekten wurden die Projektträger um Autorisierung von Kontrollbesuchen vor Ort gebeten. In nur fünf dieser 21 Projekte hat das UBA diese Autorisierungen uneingeschränkt bekommen; zwei der Besuche fanden schon statt, drei weitere stehen aus.

„Für uns ist die Verweigerung der Vor-Ort-Kontrollen ein sehr starkes Indiz, dass die Projektträger nicht bereit sind, ihre Verpflichtungen unter der UERV zu erfüllen, oder – wie in der UERV gefordert – die erforderliche Kontrolle über die Projekte haben. Wir nehmen das unter anderem zum Anlass, die Aufhebung unserer Zustimmung zu diesen Projekten zu prüfen. Und wir werden sicherstellen, dass nur noch rechtmäßige UER-Zertifikate neuer Projekte in den Markt kommen“, so UBA-Präsident Dirk Messner.

Neben den acht nun nicht freigeschalteten Projekten wird das UBA weitere kritische UER-Projekte weltweit überprüfen, bis alle Vorwürfe ausgeräumt seien. Parallel ermittelt die Staatsanwaltschaft Berlin gegen 17 Personen wegen des Verdachts des gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Betruges. Bei den Beschuldigten handelt es sich um die Geschäftsführer bzw. Mitarbeitende von Prüfstellen, die an der Verifizierung UER-Projekten beteiligt gewesen sein sollen.

Gegen die Beschuldigten bestehe der Anfangsverdacht, die zuständigen Mitarbeitenden des UBA hinsichtlich der Existenz und/oder jedenfalls der Antragsberechtigung verschiedener Klimaschutzprojekte getäuscht zu haben, weshalb zwischenzeitig gewährte Sicherheiten der Projektträger nicht zugunsten der Staatskasse vereinnahmt werden konnten.

Kritik von „Klimabetrug Stoppen“

Die neu gegründete Initiative „Klimabetrug Stoppen“, die sich die Aufklärung und Verhinderung dieser Betrugsfälle am Klimaschutz zum Ziel gesetzt hat, begrüßt die Nachricht aus dem UBA. „Wir werten dies als einen ersten wichtigen Erfolg unserer Arbeit, denn es waren die Mitglieder unserer Brancheninitiative, die das UBA auf die Spur der Betrugsvorfälle geführt haben. Trotzdem ist es ernüchternd, dass dadurch lediglich die Spitze des Eisbergs betrachtet wird“, heißt es in einer Pressemitteilung der Initiative. Die ersten Hinweise auf Betrug rund um UER-Nachweise seien vor über einem Jahr im August 2023 beim UBA eingegangen.

Dass nun über ein Jahr später gerade einmal acht Projekte abschließend untersucht wurden, sei in keiner Weise zufriedenstellend. „Hätten die Behörden unsere Hinweise ernst genommen, wären sie heute vermutlich auf demselben Kenntnisstand wie wir und wüssten, dass 68 von 69 Projekten anzuzweifeln sind. Im Juni 2024 hat Prof. Messner öffentlich das Betrugsgeflecht bestätigt, das die Branche seit langem erkannt hat. Wir fragen uns daher, warum seither nur so wenige Projekte und nicht alle 69 unter die Lupe genommen wurden“, so die Intiative.

Die Vorhaben, die nun geprüft wurden, deckten sich auch nicht mit den Projekten, bei denen das ZDF bereits Unstimmigkeiten festgestellt hatte. Es wäre nur konsequent gewesen, an die Vorarbeit durch die Recherchen des ZDF anzuknüpfen und so wertvolle Zeit zu sparen.

Fragwürdige Firmen

Auch die Bekundung des UBA, dass für jede Analyse eigens vor Ort in China jeder Stein umgedreht werden muss, kann die Intiative nicht nachvollziehen. Hätten die Behörden ihre eigenen Regularien beachtet und am Beginn des Prozesses zur Anmeldung eines neuen Projektes Handelsregisterauszüge und angemessene Bürgschaften eingefordert, wäre sehr rasch offenkundig geworden, dass die Firmen hinter den Projekten bestenfalls höchst fragwürdig sind, so „Klimabetrug Stoppen“. Allein das reiche aus, um einen Anfangsverdacht zu begründen und die Projektträger aufzufordern, selbst die vermeintliche Rechtmäßigkeit ihrer Projekte zu belegen. Dies würde die Ressourcen im UBA schonen, den Prozess massiv beschleunigen und die Leidensfähigkeit der redlichen Marktakteure hierzulande nicht zusätzlich strapazieren.

Klimaschutz wird nicht nachgeholt

Die Initiative kritisiert zudem, dass am Beispiel der jetzt aberkannten Projekte das größte Problem des Betrugsmechanismus "UER" zu Tage trete: Aufgrund der seit Monaten angemahnten Regelungslücke in der UER-Verordnung führe diese formale Aberkennung nämlich nicht dazu, dass der nachweislich nicht erbrachte Klimaschutz aufgrund der fehlenden THG-Minderung nachgeholt werde. Es gäbe keinerlei Rechtsfolge, die für eine Marktbereinigung sorgen würde.

Diesen eklatanten Missstand zu beseitigen ist eines der wichtigen Ziele der Initiative und gelte im Übrigen auch für die mutmaßlich gefälschten Biodieselimporte. Die an der Initiative beteiligten Verbände und Unternehmen haben daher die Hausleitung der beteiligten Ministerien um einen kurzfristigen Gesprächstermin gebeten, um Lösungen dieser Problematiken zu finden und die Betrugsprävention zu stärken.

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