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Photovoltaik: Darum ist die Festvergütung bei kleinen Anlagen schädlich

Warum kleine Photovoltaikanlagen häufig für die steigende Zahl an negativen Börsenstrompreisen zuständig sind und was sich ändern müsste, erklärt Thomas Schoy vom Privaten Institut.

Lesezeit: 6 Minuten

Das Unternehmen „Privates Institut“ pachtet Frei- und Dachflächen, erstellt darauf Solaranlagen und überträgt sie an Investoren. Der Investor ist Betreiber der Anlage und verkauft den erzeugten Strom an vertraglich gebundene Abnehmer, wobei die Verpächter der Flächen prozentual an den erzielten Stromerträgen beteiligt sind. Auch wenn eine Freiflächenanlage verschiedenen Betreibern gehört, übernimmt das Private Institut die technische und kaufmännische Betriebsführung der Anlagen und bleibt der Ansprechpartner für die Flächenbesitzer. Genauso übernimmt das Unternehmen das Vermarktungsmanagement für den erzeugten Strom. Mit der Erfahrung von über 500 Anlagen an ca. 200 Standorten in Deutschland berichtet Mitinhaber und Geschäftsführer Thomas Schoy über Herausforderungen und Lösungsansätze im Strommarkt.

Sie sehen die feste Einspeisevergütung im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) für Solarstromanlagen sehr kritisch. Warum?

Schoy: Über viele Jahre trug die gesetzlich garantierte EEG-Vergütung für Betreiber von Photovoltaikanlagen zum Erfolg der erneuerbaren Energien bei. Ohne diese Förderung hätte sich der Ausbau der Solarenergie in Deutschland kaum in dem Tempo entwickelt, was heute immer noch als Vorzeigebeispiel gilt. Doch inzwischen hat sich der Markt grundlegend gewandelt und die EEG-Vergütung droht sich zunehmend zum Hemmnis zu entwickeln. Denn alle Kleinanlagen bekommen permanent ihre EEG-Garantievergütung, egal, ob es auch eine entsprechende Nachfrage an Strom im Netz gibt oder nicht.

Welche Folgen hat das?

Schoy: Das führt zu bestimmten Zeiten im Sommer zur Mittagszeit zur erheblichen Mehrproduktionen an Strom. Die Überschüsse waren schon im Jahr 2024 so hoch, dass es an 460 Stunden im Jahr zu negativen Strompreisen an der Börse kann. Die meisten davon wurden von Photovoltaikanlagen verursacht. Die negativen Strompreise drücken wiederum den Durchschnittspreis für den produzierten Solarstrom, also den ‚Marktwert Solar‘. Je größer die Menge des überschüssigen Stroms, desto niedriger fällt der Marktwert Solar aus.

Die Folge: Anlagenbetreiber der nachfrageunabhängig geförderten Anlagen, die einen Großteil des Zubaus ausmachen, erhalten immer größere und durch Steuermittel finanzierte Marktprämien, also die Differenz zwischen der gesetzlich garantierten Vergütung (dem „anzulegendem Wert“) und dem Marktwert Solar. Und das, obwohl viele davon alleine über die Nutzung des Eigenstromanteils wirtschaftliche Vorteile generieren könnten. Parallel dazu sinken die Renditen für größere, gewerblich betriebene Anlagen. Statt freier Preisbildung sorgt damit die Förderung für eine künstliche Verknappung der Gewinne.

Warum sinken die Renditen?

Schoy: Gerade hat die Bundesnetzagentur die Ausschreibungswerte bei der letzten Ausschreibung veröffentlicht. Da liegen die anzulegenden Werte schon bei unter fünf Cent für die gewerblichen Anlagen. Das ist nur knapp über den Erzeugungskosten und bedeutet: Im gewerblichen Bereich spielt die Marktprämie und damit das EEG für die Wirtschaftlichkeit einer solchen Investition wirklich keine Rolle mehr. Daher sollte man darüber nachdenken, die Garantievergütung abzuschaffen.

Das Solarspitzengesetz, das Ende Januar verabschiedet wurde, geht genau in diese Richtung. Für Klein- und Kleinstanlagen wird jetzt die Förderung zukünftig von der Zeitförderung auf die Mengenförderung umgestellt. Das heißt im Klartext: Auch Anlagen kleiner Kategorie müssen in Zukunft zu negativen Zeiten abregeln, bekommen aber dann die Menge, die sie während dieses Zeitraums nicht einspeisen konnten, am Ende der Laufzeit hinten dran gehängt, sodass mengenmäßig und vergütungstechnisch über die Marktprämien noch nichts verloren geht. Das wird auch die Zunahme der Stunden mit negativen Strompreisen bremsen. Der Strompreis wird dagegen weiter steigen.

Aber viele Vertreter der Solarbranche betonen doch immer wieder, dass der Solarausbau zu sinkenden Preisen führen wird. Sie sprachen ja selbst davon, dass sich der Strom für knapp unter 5 ct/kWh erzeugen lässt.

Schoy: Durch den Zubau an erneuerbaren Energieanlagen wird die Strompreisentwicklung gedämpft, aber der Strompreis an sich reduziert sich nicht. Das ist ein häufiges Missverständnis.

Woran liegt das?

Schoy: Das hängt zum einen mit der stetig steigenden Nachfrage nach Strom zusammen. Heute haben wir einen Gesamtenergieverbrauch von knapp 3000 Terawattstunden (TWh). Die Zahlen stammen von 2023. Der Bruttostromverbrauch liegt dagegen bei 525 TWh. Das bedeutet: Wenn wir noch mehr fossile Brennstoffe ersetzen und die Energieversorgung in verschiedenen Bereichen elektrifizieren wollen, brauchen wir erheblich mehr Strom. Gleichzeitig steigt mit dem Ausbau von Wind- und Solarenergie die Volatilität. Wir brauchen also Reservekraftwerke für die Lücken. Das sollen vor allem neue Gaskraftwerke sein, die sehr teuer bei den Investitionskosten, aber auch beim Brennstoff sind.

Damit beeinflusst der Brennstoff Gas indirekt den Strompreis beeinflusst. Wenn ich also weiterhin eine hohe Nachfrage nach Strom habe und über die nächsten Jahre neue Gaskraftwerke benötige, um diese Schwankungen auszugleichen, dann wird sich dieser preissetzende Faktor des Gases immer bemerkbar machen. Daher bleibt die Frage: Warum sollen wir über eine künstliche Förderung weiterhin dafür sorgen, dass der Markt verzerrt wird und zu höheren Kosten für den Steuerzahler führt?

Ist das ein Plädoyer für Großanlagen, weil sich diese besser steuern lassen? Oder sind Kleinanlagen in Ordnung, müssen aber raus aus dem EEG und dann mit Batteriespeichern für den Eigenverbrauch genutzt werden?

Schoy: Man muss sich überlegen, wie sinnvoll ein Eingreifen ist. Für die Kleinanlagen sehe ich jedenfalls keine Notwendigkeit mehr für eine so hohe Förderung, weil viele dieser Anlagen schon die Wirtschaftlichkeit durch Eigenverbrauch in Kombination mit Speichern sicherstellen können. Ich kann über aktives Management in der Vermarktung des Stroms immer mehr Erträge generieren als über die klassischen Marktprämien oder EEG-Vergütungen.

Nach dem Solarspitzengesetz erhalten neue Anlagen keine Vergütung mehr, wenn der Strompreis negativ ist. Das ist an vielen Sommertagen mittags der Fall. Wird das dazu führen, dass mehr Speicher und Verbrauchsverschiebung eingesetzt werden, um die Mittagsspitze zu vermeiden?

Schoy: Ja, das ist tatsächlich eine Idee. Wenn wir für unsere Kunden heute Prognosen machen für die zukünftigen Erträge ihrer Investitionen, gehen wir zum Beispiel für die ersten fünf Jahre davon aus, dass wir etwa 20% weniger einspeisen können, als wir eigentlich könnten, um negative Preise zu vermeiden. Der Verlust reduziert sich aber in unseren Prognosen, weil externe Experten davon ausgehen, dass sich die Dauer der negativen Stunden über die nächsten Jahre durch den Zubau von Speichersystemen verringern wird. Dafür ist jedoch entscheidend, dass der weitere Zubau von Neuanlagen nicht zu zusätzlichen negativen Preisen führt.

Was können denn Solarparkbetreiber wie Sie machen, um die Verluste durch Abregelungen zu reduzieren?

Schoy: Nach § 51 EEG werden größere Anlagen ab 100 kW bei negativen Strompreisen ohnehin abgeregelt. Diesem Effekt kann man durch aktive Betriebsführung entgegenwirken.  Anders als im klassischen Modell wird die Anlage nicht mehr durch den Marktwert Solar vergütet, sondern erhält einen anlagenspezifischen Marktwert (ASM), welcher ebenfalls monatlich berechnet wird. Dieser hängt nicht mehr von der Erzeugung aller PV-Anlagen in Deutschland ab, sondern ausschließlich von dem Lastgangdaten der jeweiligen PV-Anlage. Durch aktive Betriebsführung (Zu- und Abschaltung) der Photovoltaikanlage bei bestimmten Schwellenwerten (Strike-Preise), wird die Erzeugungskurve an die Preiskurve angeglichen und der monatliche ASM erhöht. Auch hier ist dabei eine gewisse Reduzierung der Einspeiseleistung unvermeidbar. Aber weil beim ASM Solar die negativen Preise nicht länger in die Berechnung eingehen, erhöht sich damit die monetäre Vergütung der Anlagen.

 

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