Das Unternehmen Verbio sieht akuten Handlungsbedarf bei der Bundesregierung, um den chinesischen Klimabetrug nachhaltig zu stoppen und weiteren Betrugsversuchen wirksam vorzubeugen. Dies liegt nicht nur im Interesse der Biokraftstoff-Branche, sondern ist von Bedeutung für alle Branchen, die an der Energiewende beteiligt sind.
Fake-Projekte in China
In der aktuellen Ausgabe des Podcasts #strohklug erklären Claus Sauter und sein Gast, Stefan Schreiber, welche gravierenden Auswirkungen der Klimabetrug für die Biokraftstoffproduzenten und die Erneuerbare-Energien-Branche in Deutschland hat. Stefan Schreiber ist in seinen Funktionen als Vorstand bei Verbio, Präsident des Verbands Deutscher Biokraftstoffhersteller (VDB) und einer von drei Sprechern der „Initiative Klimabetrug Stoppen“ Experte für die Regulatorik und den dazugehörigen Austausch mit Behörden und Politik.
Der massive Import von zu Unrecht als fortschrittlich deklariertem Biodiesel und der Betrug bei Upstream-Emissions-Reduktionsprojekten (UER) haben der deutschen Biokraftstoffbranche durch den damit verbundenen Preisdruck und sinkende THG-Quotenpreise schwer geschadet. Sauter greift die Ergebnisse einer ZDF-frontal-Recherche auf und erklärt empört: „Eines dieser UER-Ausgleichsprojekte war ein stillgelegter Hühnerstall in der Nähe von Peking.“
Dramatischer Preisverfall
Mit Blick auf die wirtschaftlichen Schäden erläutert er am Beispiel der Verbio SE: „Vor zwei Jahren hat die Tonne CO₂-Einsparung 400 Euro gekostet. Im Moment reden wir über 50 Euro. Der Rückgang ist also dramatisch. Unsere Erträge sind im letzten Geschäftsjahr sukzessive zurückgegangen. Zwar haben wir deutlich mehr Biokraftstoffe produziert als im Vorjahr, aufgrund dieser Problematik haben wir aber rund 30 Prozent weniger Umsatz gemacht. Das Ergebnis hat sich im Vergleich zum Vorjahr sogar halbiert.“
Von diesen Marktverwerfungen ist nicht nur die Biokraftstoffbranche betroffen. Der Verfall der Preise für THG-Quoten wirkt sich auch auf weitere Branchen aus, die die Energiewende vorantreiben. Schreiber erklärt: „Wenn ein Stadtwerk einen Elektrobus angeschafft hat, konnte ungefähr ein Drittel bis die Hälfte der Mehrkosten dieses Busses durch den Handel von THG-Quoten wieder eingebracht werden und die Mehrkosten entsprechend zu deutlichen Teilen kompensiert werden.“ Dies sei nun nicht mehr der Fall. „Dies ist heute auf einen Bruchteil dessen abgerutscht, weil der Preis einer eingesparten Tonne CO₂, der sogenannte THG-Quotenpreis, in den Keller gerauscht ist“, so Schreiber. „Es ist ein absolut existenzielles Problem, was ja erste Insolvenzen schon gezeigt haben. Und zwar nicht nur im Biomethan-Bereich, wo es also viel durch die Presse ging, sondern im Prinzip auch auf der Elektro-Seite.“
Forderung an die Politik
Angesichts des Schadens zeigt sich Claus Sauter verärgert über die verhaltene Reaktion der Bundesregierung: „In den USA gab es im Bereich Biokraftstoffe auch Betrügereien. Die sitzen heute alle im Gefängnis. Bei uns reden wir hier wirklich über Milliardenschäden, und es passiert nichts.“
Damit Betrug in Zukunft vermieden wird, fordern Sauter und Schreiber die Einführung eines nationalen Zulassungsverfahrens für Biokraftstoffe, bei dem sich laut Schreiber „erst einmal jeder registrieren lassen muss, der fortschrittliche Biokraftstoffe auf den deutschen Markt liefern will.“ Dieses müsse noch um ein Betretungsrecht vor Ort erweitert werden. Schreiber erläutert: „Das heißt, gibt es nach Prüfung von Unterlagen immer noch Zweifel, muss es die Möglichkeit geben, vor Ort einen Besuch abzustatten.“
Die Umsetzung dieses Verfahrens wäre seitens des Bundesumweltministeriums noch vor den anstehenden Bundestagswahlen möglich: „Man kann dieses Zulassungs- oder Registrierungsverfahren auf dem Verordnungswege verabschieden“, erklärt Stefan Schreiber.
Auf eine europäische Lösung kann die Branche laut Schreiber nicht warten: „Europa ist eine richtige Lösung, aber es würde mindestens ein bis zwei Jahre dauern, um das auf dieser Ebene umzusetzen. So lange können wir als Branche nicht warten; viele Unternehmen würden diesen Zeitraum nicht mehr überleben.“
Die ganze Geschichte zum Nachhören
Die neue Ausgabe des Podcasts #strohklug mit den Verbio-Vorständen Claus Sauter und Stefan Schreiber ist ab sofort überall, wo es Podcasts gibt, und im Web auf www.strohklug.de zu finden.