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Westnetz erklärt Verzögerungen bei der EEG-Vergütung

Nach Umstellung von IT-Systemen bei Westnetz verzögert sich die EEG-Vergütung. Anlagenbetreiber sind frustriert. Welche Gründe gibt es? Der Leiter des Netzvertriebs bei Westnetz im Interview.

Lesezeit: 6 Minuten

Dieser Beitrag ist zuerst erschienen im "Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben".

Solaranlagenbetreiber in Westfalen hatten zuletzt erheblichen Ärger mit dem Netzbetreiber Westnetz. Sie klagen unter anderem über fehlende Vergütungen. Das Wochenblatt spach nun mit Dr. Thomas Tischbein, Leiter des Netzvertriebs. Er verantwortet die Netzanschlussprozesse bei Westnetz.

Herr Dr. Tischbein, warum kommuniziert Westnetz nicht offen, wie lange es dauert, bis die Vergütung kommt? Dann wüssten Anlagenbetreiber, woran sie sind.

Dr. Thomas Tischbein: Wir verstehen, dass die Verzögerungen für Unmut sorgen, und bedauern diese entstandenen Unannehmlichkeiten ausdrücklich. Aber die Gründe würde ich gerne ­erläutern: In den Jahren 2022 und 2023 waren wir mit zwei parallel laufenden Herausforderungen konfrontiert: Zum einen mussten wir gesetzliche Vorgaben erfüllen, um die verschiedenen Wechselprozesse für die Stromkunden zu beschleunigen. Zum anderen haben wir nach dem Osterpaket 2022 einen Boom bei den erneuerbaren Energien im privaten Umfeld erlebt. Es gab einen enormen Zuwachs an Photovoltaik, Wärmepumpen, Ladesäulen, Hauspeichern etc. Wir haben unsere IT-Systeme von Grund auf erneuern müssen. Dieser Umbau ist hochkomplex und aufgrund kaufmännischer Vorgänge auch hochsensibel.

Zur Wahrheit gehört aber auch: Die Verzögerungen haben wir unterschätzt und uns tun die damit verbundenen Unannehmlichkeiten für die Kunden sehr leid. Wir arbeiten da­ran, die Probleme so schnell wie möglich in den Griff zu bekommen. Wir stehen für eine sichere Energieversorgung. Unsere Kunden vertrauen uns. Dieses Vertrauen wollen wir uns wieder erarbeiten. Dafür werden wir alles tun.

Kunden stört es, dass ihre ­Ansprechpartner stets wechseln. Wäre es nicht für beide Seiten effizienter, wenn es einen zuständigen Mitarbeiter und bei Bedarf feste Gesprächstermine gäbe?

Dr. Thomas Tischbein: Wir nehmen die Rückmeldungen unserer Kunden sehr ernst. Unser aktuelles Vorgehen basiert aber darauf, dass verschiedene Experten die jeweiligen Bearbeitungsschritte übernehmen müssen, um sicherzustellen, dass jedes Anliegen fachkundig bearbeitet wird. Wir bemühen uns natürlich, dass Kunden am Ende des Prozesses – sofern noch Fragen bestehen – von einer festen Ansprechperson kontaktiert werden. Bei der Fülle der Anfragen ist uns das aber nicht immer möglich. Dafür bitten wir um Verständnis. Für uns ist es selbstverständlich, dass wir kontinuierlich unsere Prozesse weiterentwickeln und optimieren, wo immer es möglich ist, um den Service noch transparenter und kundenfreundlicher zu gestalten.

Automatisierte Prozesse sparen Kosten, aber haben ihre Grenzen. Manchmal wissen Kunden einfach nicht, welches Dokument gemeint ist oder wo das Kreuz sitzen muss. Warum erhalten die Kunden keine individuelle Hilfe oder teilweise überhaupt keine Rückmeldung?

Dr. Thomas Tischbein: Wir wissen, dass automatisierte Prozesse nicht alle individuellen Fragen klären können – besonders dann, wenn es um komplexe Dokumente oder formale Anforderungen geht.

Unsere Prozesse sind darauf aus­gelegt, die gesetzlichen Vorgaben so verständlich wie möglich abzubilden. Allerdings ist die Gesetzesgrundlage vielschichtig und unterliegt ständigen Änderungen. Allein im Bereich Photovoltaik gibt es beispielsweise mittlerweile mehr als 20 verschiedene Vergütungsmodelle. Was 2014 noch nicht möglich war, kann 2024 zulässig sein. Das erfordert eine genaue Prüfung und macht die Bearbeitung anspruchsvoll.

Um unsere Kunden bestmöglich zu unterstützen, haben wir auf unserer Homepage eine Reihe ausführlicher Erklär-Videos zu den verschiedenen Prozessschritten bereitgestellt. Wir arbeiten zudem kontinuierlich da­ran, unsere Informationsangebote weiter auszubauen.

Andere Frage: Wer kontrolliert Netzbetreiber?

Dr. Thomas Tischbein: Die Bundesnetzagentur ist die zuständige Aufsichtsbehörde und stellt sicher, dass Netzbetreiber ihre Aufgaben gemäß den gesetzlichen Vorgaben erfüllen.

Sprechen wir nun übers Geld. Betreiber großer Anlagen lassen diese meist über Kredite finanzieren. Weil die Einspeisevergütung nicht kommt, haben viele Bedenken wegen der Finanzierung. Sehen Sie das als unternehmerisches Risiko oder wie lautet Ihre Antwort?

Dr. Thomas Tischbein: Wir sind uns bewusst, dass die Verzögerungen bei der Einspeisevergütung für viele Anlagenbetreiber eine erhebliche Belastung darstellen, insbesondere wenn Finanzierungsverpflichtungen bestehen. Wir arbeiten mit Hochdruck daran, die offenen Vergütungen schnellstmöglich zu bearbeiten und Verzögerungen künftig zu vermeiden.

Grundsätzlich stellt die Wahl des Finanzierungsmodells eine unternehmerische Entscheidung dar, auf die wir keinen direkten Einflusshaben. Gleichzeitig ist die EEG-Vergütung ebenso volatil wie die erneuerbare Stromerzeugung selbst, da sie von Faktoren wie Sonnen- und Windstunden abhängt. Diese natürlichen Schwankungen sind Teil der wirtschaftlichen Planung einer Anlage. Die Abschlagszahlungen, die auch für die Stromeinspeisung gezahlt werden, berücksichtigen aber Durchschnittswerte für Größe, Lage, Sonnen- und Windstunden. Sie sind konservativ kalkuliert, sichern also meistens einen Basisbetrag.

Nach eigener Aussage zahlt Westnetz die Vergütung rückwirkend. Passiert das verzinst, mit Zinseszins und Inflationsausgleich?

Dr. Thomas Tischbein: Im Normalfall begleichen wir die Stromeinspeisung auf der Basis der gesetzlich vorgegebenen Vergütungssätze.

Wenn nun das Geld nicht kommt und ein PV-Anlagenbetreiber verstirbt, mit wem regelt Westnetz die Zahlungsansprüche?

Dr. Thomas Tischbein: Die EEG-Vergütung ist nicht an eine Person gebunden, sondern an die Anlage. Die Zahlungsansprüche gehen bei einem Erbfall oder einer Eigentumsübertragung auf die rechtmäßigen Nachfolger über. Sollte ein solcher Fall eintreten, kümmern wir uns um eine schnelle Klärung und Auszahlung der offenen Beträge.

Westnetz stellte im Juni 2024 das IT-System um. Auch das trägt dazu bei, dass sich die Auszahlungen von EEG-Vergütungen verzögern. Haben Sie die Probleme inzwischen in Griff?

Dr. Thomas Tischbein: Ausbau, Modernisierung und Digitalisierung unserer Netze haben für uns als Westnetz allerhöchste Prio­rität. Insbesondere die Digitalisierung des Netzbetriebs ist von hoher strategischer Relevanz für das Gelingen der Energiewende.

Die Umstellung unseres IT-Systems im Juni 2024 war ein notwendiger Schritt, um unsere Prozesse lang­fristig effizienter und zukunftssicher zu gestalten. Unsere Kollegen arbeiten mit Hochdruck daran, noch bestehende Verzögerungen schnellstmöglich zu lösen und auch die ­verbleibenden IT-Funktionen zu ­optimieren, damit alle Prozesse ­reibungslos laufen.

Nun läuft auch aufseiten der PV-Anlagenbetreiber nicht alles rund. Welche sind die häufigsten Fehler bei der Antragstellung?

Dr. Thomas Tischbein: Wir wissen, dass die Antragstellung mit vielen Details verbunden ist und es dabei auf präzise und vollständige Angaben ankommt. Besonders wichtig sind die sogenannte Marktstammdatenregister-Nummer sowie klare, konsistente Angaben zum Messkonzept – also ob der erzeugte Strom ausschließlich für den Eigenbedarf genutzt oder ins Netz eingespeist wird.

Diese Angaben sind essenziell für ­eine zügige Bearbeitung, da sie den automatisierten Prozess unterstützen und eine nachträgliche Klärung vermeiden. Um Anlagenbetreiber bestmöglich zu unterstützen, bieten wir auf unserer Website eine detaillierte Anleitung, die den Antrag Schritt für Schritt erklärt und so den gesamten Prozess erleichtert.

Was können Anlagenbetreiber tun, damit der Antrag flott bearbeitet wird und das Geld zügig auf dem Konto landet?

Dr. Thomas Tischbein: Damit ein Antrag möglichst schnell und vollständig bearbeitet werden kann, sollten Anlagenbetreiber besonders auf folgende Punkte achten:

  • vollständige und korrekte Angaben – insbesondere Marktstamm­datenregister-Nummer, Bankverbindung und Anlagendetails

  • passende Auswahl bei Vergütungsoptionen – insbesondere für die jeweilige Einspeisesituation

  • korrektes Messkonzept – also ob der erzeugte Strom ausschließlich selbst genutzt oder teilweise eingespeist wird

In vielen Fällen kann der Installationsbetrieb unterstützen, da diese regelmäßig mit der Antragstellung vertraut sind. Zusätzlich bietet unsere Website hilfreiche Anleitungen und Checklisten, um Fehler zu vermeiden und den Prozess zu beschleunigen. Eine sorgfältige Antragstellung trägt wesentlich dazu bei, dass die Bearbeitung reibungslos erfolgt und die Vergütung schnell ausgezahlt wird.

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