Nicht zuletzt in Reaktion auf den schrecklichen Anschlag von Solingen, wo zwei Menschen durch einen Messertäter getötet wurden, hatte die Bundesregierung deutliche Verschärfungen des Waffenrechts vorgenommen, die auch den Bundestag passiert haben. Neben dem viel diskutierten totalen Messerverbot auf Veranstaltungen wurden zahlreiche Verschärfungen bei Schusswaffen vorgenommen, die nach Auffassung des Deutschen Jagdverbandes (DJV) zum Teil auch unbescholtene Sportschützen und Jäger betreffen. Der Verband hatte das scharf kritisiert und vor einer ungerechtfertigten Kriminalisierung rechtstreuer Bürger gewarnt.
Terror und Messerkriminalität: Ziele verfehlt
Nun steht das novellierte Waffengesetz unmittelbar vor dem Inkrafttreten. Der Jagdverband hat die Verschärfungen analysiert und ist nicht der Meinung, dass damit das eigentliche Ziel, islamistischen Terror und Messerkriminalität zu bekämpfen, erreicht werden kann. Gleichwohl kommen ihm zufolge nun eine Reihe von neuen Regeln auf Jäger und Anwärter für eine waffenrechtliche Erlaubnis zu, bei denen er sich fragt, wie das mit den schon jetzt überlasteten Behörden überhaupt umgesetzt werden soll.
Unter anderem gilt demnächst, dass bei der vorgeschriebenen Prüfung von Zuverlässigkeit und persönlicher Eignung künftig auch Äußerungen gegenüber der Behörde sowie öffentliche Äußerungen, beispielsweise aus den sozialen Medien, herangezogen werden können.
Die Gründe der „absoluten Unzuverlässigkeit“, die eine Waffenrechtsbescheinigung ausschließt, werden um eine Reihe von Straftaten erweitert, die im weiteren Sinne zu den staatsfeindlichen Taten gehören, aber keine Verbrechenstatbestände sind. Hier gilt laut DJV jemand schon ab einer Verurteilung zu mindestens 90 Tagessätzen in jedem Fall als unzuverlässig.
Bei der Prüfung der Zuverlässigkeit wird der Kreis der abzufragenden Behörden um weitere Polizeibehörden und Kriminalämter ergänzt. Auch bei der Prüfung der persönlichen Eignung wird der Kreis der abzufragenden Behörden erweitert, etwa um die zuständigen Polizeibehörden am Wohnsitz der letzten zehn Jahre, die Bundespolizei und das Zollkriminalamt.
Die Nachberichtspflicht wird auf die persönliche Eignung und auf alle an der Prüfung von Zuverlässigkeit und persönlicher Eignung beteiligten Behörden ausgeweitet. Bisher galt die Nachberichtspflicht nur für die Verfassungsschutzämter.
Die Waffenbehörden sind künftig verpflichtet, die Jagdbehörde über den Verlust von Zuverlässigkeit oder persönliche Eignung zu informieren. Die Prüfung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit wird auch bei der Jagdscheinerteilung künftig durch die Waffenbehörden durchgeführt.
Die Tatbestände aufgrund derer ein individuelles Waffenverbot verhängt werden kann, werden ausgeweitet.
Die Waffenbehörden können allein schon, wenn der Verdacht der Unzuverlässigkeit besteht, Waffen und Munition für bis zu sechs Monate sicherstellen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass durch den weiteren Umgang mit Waffen oder Munition eine Gefährdung bedeutender Rechtsgüter droht. Notfalls dürfen dazu Wohnungen durch die Behörde durchsucht werden.
Bärendienst für die innere Sicherheit
Der Deutsche Jagdverband geht davon aus, dass sich die Situation bei den ohnehin schon überlasteten Sicherheitsbehörden in den Ländern durch die Umsetzung des Sicherheitspakets weiter verschärfen wird. Der Dachverband der Jäger bezeichnet das Vorgehen der Bundesregierung als „Bärendienst an der Inneren Sicherheit“, weil das eigentliche Problem, der Vollzug bestehender Gesetze, überhaupt nicht angegangen werde.
Er gibt zu bedenken, dass die Attacken in Mannheim und Solingen mit bereits illegalen Messern in bestehenden Messerverbotszonen stattfanden. Fokus der Politik muss es laut DJV sein, den illegalen Waffenbesitz zu bekämpfen. Der DJV hält die Novelle sogar in Teilen für verfassungsrechtlich bedenklich und will nun juristische Schritte gegen die Waffengesetzänderungen prüfen.