Einige Traktoren haben auf dem Hof zwar irgendwann ausgedient, aber man hat sie so lieb gewonnen, dass sie noch mehrere Generationen lang als Ausflugs- und Hilfsmaschine bleiben dürfen. Sei es der Trecker, auf dem man das Fahren gelernt hat, der Schlepper, den man auf einen anderen Hof mitgenommen hat oder einfach das verlässliche Gefährt für die Ausflüge mit den Enkeln: Als Redakteure haben wir oft die Aufgabe, wirklich schöne Geschichten in wenigen Sätzen zusammenzufassen. Weil wir aber auch diejenigen wertschätzen wollen, die sich Zeit nehmen, um ihre Geschichten detailliert aufzuschreiben, lesen Sie hier fünf Einsendungen unserer Leseraktion in voller länge.
13 Stunden zur neuen, alten Heimat
„Am 29. März 1991 startete ich mit diesen beiden Traktoren, dem damals flammneuen Fendt 612 LSA und dem John Deere 1130, in ein neues Leben. Die Reise begann von meinem damaligen zu Hause Detmold in Ostwestfalen aus, wo ich geboren und aufgewachsen bin, und eine kleine Landwirtschaft mit Geflügelhaltung und dem 1130 als Hauptschlepper betrieb. Nach 13-stündiger Fahrt erreichte ich mit dem 612 als Zugschlepper und dem 1130 auf dem Anhänger mein Ziel: das thüringische Zottelstedt nahe Apolda. Dort, an der Geburtsstätte meiner Mutter, begann ich, einen neuen Ackerbaubetrieb aufzubauen. Der 612 war damals der Hauptschlepper, mit dem alle anfallenden Arbeiten erledigt wurden.
Der 1130 diente als Hofschlepper und mit Pflegebereifung zur 6-reihigen Rübenaussaat. Nach einem Getriebeschaden am 612 und dem Versuch, diesen selbst zu beheben, indem wir den Schlepper in seine Einzelteile zerlegten, lag der entstandene Scheiterhaufen drei Jahre lang auf dem gesamten Betrieb verteilt.
Nach 33 gemeinsamen Jahren werden diese beiden Schlepper, wenn überhaupt, nur mit dem Besitzer in der Waagerechten auf dem Anhänger, den Betrieb wieder verlassen.
Der Versuch, die Teile als Paket zu verkaufen, scheiterte. Dank der Hartnäckigkeit meines Sohnes und eines jungen motivierten Landmaschinenschlossers wurde der Schlepper in sechs Monaten akribischer Arbeit und ca.15 Schachteln Apoldaer Pils zu neuem Leben erweckt. Mittlerweile hat er 14.500 Std. auf der Uhr und wird noch vor dem Saatgutwagen, dem Kremser, oder zur gelegentlichen Getreideabfuhr und anderen Arbeiten genutzt.
Der 1130 dient heute noch als Hofschlepper und ist bei der Aushilfe bei den Nachbarn in unserer recht engen Dorflage eine wertvolle Hilfe. Beide Schlepper werden von allen Fahrern ob ihrer einfachen Bedienung gelobt. (Springt immer an, es hupt nichts, es piept nichts und es erscheinen auch keine komischen Hinweise auf dem Display.)
Nach 33 gemeinsamen Jahren werden diese beiden Schlepper, wenn überhaupt, nur mit dem Besitzer in der Waagerechten auf dem Anhänger den Betrieb wieder verlassen.
Frei nach Willy Brandt: Es ist zusammengewachsen, was zusammen gehört.“
Eckart Weirich
Ein Trecker fürs ganze Leben
„Ich bin auf einem Bauernhof in Dodenau aufgewachsen, dazu gehörte der 15er Kramer, Baujahr 1955. Mein Vater hatte ihn 1959 gebraucht gekauft. Ich hatte mit 16 Jahren meinen Führerschein gemacht und durfte ihn fahren. Im Sommer 1962 war ich sogar mit dem Schlepper in der Hessenschau im Fernsehen. Ich habe dann in 1962 geheiratet und der Kramer blieb auf dem elterlichen Hof. Wenn meine Eltern uns mit dem Kramer (6 km entfernt) besuchten, hörte ich das beliebte Motorengeräusch schon von Weitem. Mein Bruder hörte mit der Landwirtschaft auf, nachdem meine Eltern verstarben. Somit stand der Kramer in der Ecke und verstaubte vor sich hin.
Heute kann ich den Kramer nicht mehr fahren, aber meine beiden Enkelkinder, fahren ihn genauso gerne wie ich es getan habe.“
Nach etlichen Jahren bekam ich den Kramer geschenkt. Mein Mann und unser Sohn holten ihn ab und ich stand auf dem Hof und habe vor Freude geweint. In meiner Fantasie sah ich meine Eltern kommen. Er wurde dann von uns restauriert und wieder zum Fahren fertig gemacht. Das Nummernschild wurde mit den Geburtsdaten unseres ältesten Enkel versehen. Für leichte Arbeiten und Spazierfahrten kommt er heute noch zum Einsatz. Heute kann ich den Kramer nicht mehr fahren, da ich schon 81 Jahre alt bin, aber meine beiden Enkelkinder, 17 und 19 Jahre, fahren ihn genauso gerne, wie ich es getan habe.“
Hannelore Koch
Heckgewicht? Braucht man nicht!
„Seit nunmehr 56 Jahren ist der IHC 423 fester Bestandteil unseres Hofes. Der erste Schlepper mit Frontlader, wow, was das ohne Allrad bedeutet, sollte ich erst später erfahren. Nach kurzer Einfahr- und Eingewöhnungszeit ging es mit Vater auf die Weide in der Marsch. Dort musste Grabenaushub planiert werden. Ich also mit voller Euphorie, allerdings ohne Heckgewicht, machte mich mit „zarten“ 13 Jahren an die Arbeit.
Wäre nicht zufällig ein Bekannter mit Schlepper vorbeigekommen, der unseren 423 befreite, stünde er wohl heute noch da.
Klappte anfangs auch ganz gut, erst recht im Vergleich zum alten Hecklader. Als jedoch die Schaufel mal so richtig voll und eine Furche zu durchfahren war, kapitulierte der Hinterrad-IHC. Die Hinterräder drehten also locker durch, Differenzialsperre, Vorwärts- Rückwärts, keine Chance. Was tun?
Frontladerschaufel leer gemacht – immer noch drehten die Hinterräder durch, ohne dass der Schlepper sich aus der zwischenzeitlich tiefen, vom neuen Reifenprofil ausgearbeiteten Furche befreien konnte. Wäre nicht zufällig ein Bekannter mit Schlepper vorbeigekommen, der unseren 423 befreite, stünde er wohl heute noch da.
Die Lehre aus dem Geschehenen: Frontladerarbeiten mit dem IHC-Hinterradschlepper wenn überhaupt, nur mit Heckgewicht.
Heute wird unser Schätzchen überwiegend zum Holzspalten, wie auf dem Foto zu sehen, genutzt.
Die Daseinsberechtigung unseres IHC wird weiter getragen von unserem Sohn Nico und dem fast zweijährigen Enkel Liam, der bereits jetzt schon, sobald er auf den Hof kommt, nur die Schlepper im Kopf hat. Bei ihm heißen sie noch ‚Dita‘.“
Klaus Morisse
Inklusive Rückbank für die Enkelkinder
„Ich bin Wiebke Jagels aus Hepstedt und möchte Euch heute unseren David Brown Selectmatic 880, oder auch liebevoll „Schimmel“ genannt, vorstellen.
Der David Brown 1212 gehörte u. A. schon immer als treues Arbeitsgerät zu unserem Hof. Anfang der 2000er streckte es ihn nieder, sodass unser Hof fortan „Schimmel los“ war.
Mein Vater entdeckte im Frühjahr 2021 einen David Brown Selectmatic 880 (BJ 71) in einem keineswegs ansehnlichen Zustand. Trotzdem ließ der Trecker sein Herz höher schlagen, sodass er ihn kaufte und komplett restaurieren ließ.
Er ist zu einem richtigen Liebhaberstück meines Vaters geworden. Voller Stolz fährt er z. B. regelmäßig Themenwagen bei Erntefestumzügen. Unser Schimmel ist zudem ein wahrer Hingucker auf dem großen jährlichen Reitturnier unseres Reitvereins, wenn er dort die Reitplätze schleppt und walzt. Die Komplimente für das Fahrgefühl und den Spaß auf dem Trecker von anderen Fahrern erwidert mein Vater ganz lässig mit einem verschmitzten Lächeln „Das wusste ich schon immer.“
Wie schön wäre es, wenn die Melodie des Schimmels auch in unseren Kindern weiter summt.“
Aufgrund des Fahrspaß wird das Heu für die Pferde im Sommer nicht mehr mit dem John Deere 6800, sondern mit dem David Brown gewendet.
Damit auch all die Enkelkinder tolle Momente mit dem Schimmel erleben, fertigte mein Vater eine Rückbank an, worauf all seine Enkel Platz finden. Seitdem unternehmen wir regelmäßige Spazierfahrten (oder eher Ortskontrollfahrten) durch die Hepstedter Feldmark und das Dorf. Wenn der Klang des Motors ertönt, dauert es nicht lang, bis die Kids wie die kleinen Mäuse aus all ihren Löchern kriechen und in der Scheune neben dem Schimmel stehen.
Es kommt nicht selten vor, dass die Fahrräder für den Weg in den Kindergarten oder das Freibad zu Hause stehen bleiben.
Auch ich als jüngste Tochter meines Vaters möchte den Schimmel eindeutig nicht mehr missen. Füllt der alte David Brown von damals stark meine Kindheitserinnerungen, blühen diese auf meinen „Ausritten mit dem Schimmel“ wieder in mir auf.
Es ist einfach ein ganz besonderes Gefühl, welches Fahrtwind, Vogelzwitschern, Wildsichtungen und all die Gerüche in den Feldern bescheren. Gewiss ein Gefühl der Freiheit. Umso schöner, dass wir unsere Kinder an diesen Auszeiten aus dem Alltag teilhaben lassen und diese Art und Weise an sie weitergeben können.
Man muss Oldtimer nicht immer an ihrer Optik und Leistung messen. Es geht um Vibes! Es geht um die Geschichten, die sie erzählen können und noch schreiben werden.
Wie schön wäre es, wenn die Melodie des Schimmels auch in unseren Kindern weiter summt.“
Wiebke Jagels
„Geht der Trecker, geht die Frau!“
"Als Landwirtstochter besuchte ich die Deula-Schule und machte mit 15 Jahren und Sondergenehmigung den Treckerführerschein. Auf dem elterlichen Hof wurde dann ein 423 IHC samt Zusatzgeräten angeschafft und ich war fortan die alleinige Treckerfahrerin, denn mein Vater arbeitete noch mit Kaltblutpferden. Zuerst durfte der Trecker auch nicht auf das frisch geackerte und geeggte Feld, denn gesät wurde noch mit den Pferden wegen der geringeren Bodenverdichtung.
Zu meinem 60. Geburtstag stand zu meiner Überraschung mein neu restaurierter IHC vor unserer Tür. Da konnte ich meine Freudentränen nicht zurückhalten."
Die Jahre vergingen und ich heiratete in den Betrieb meines Mannes ein. Mit in die Ehe kam mein 423 IHC. Da mein Aufgabenfeld sich jetzt mehr auf Haushalt und Kinder konzentrierte, musste ich oft sehnsüchtig hinterherschauen, wenn mein IHC von anderen Fahrern benutzt wurde. Mit der Zeit war er der kleinste Schlepper auf dem Hof und eines Tages sagte mein Mann allen Ernstes zu mir : „Wir müssen den IHC verkaufen, er taugt nur noch zum Wasserfassfahren!“ Da habe ich tief Luft geholt, mich groß aufgerichtet und gesagt: ‚Geht der Trecker, geht die Frau!‘ Dieser Satz hat gesessen. Nie wieder habe ich diesen Satz in unserer inzwischen über 50-jährigen Ehe wiederholen müssen. Im Gegenteil: Zu meinem 60. Geburtstag stand zu meiner Überraschung mein neu restaurierter IHC vor unserer Tür. Da konnte ich meine Freudentränen nicht zurückhalten.
Die Jahre vergingen, Kinder und Enkel haben auf diesem 42iger das Schlepperfahren gelernt. Eines Tages stand eine größere Reparatur an. Mein Mann brachte ihn in die Werkstatt und der Meister sagte: ‚Das lohnt sich doch nicht mehr, da kommt eine höhere Reparatursumme zusammen. Stell ihn so in den Garten!‘ Da sagte mein Mann zu ihm: ‚Ist egal, Scheidung ist teurer!‘ Und so war zu meinem 70. Geburtstag die Reparatur meines IHC das schönste Geschenk.
Ich hoffe, dass mein jüngster Enkel mit mir noch gerne Schlepperfahrten zur Weidekontrolle unternimmt und die Knüppel-Gangschaltung nicht ‚oldschool und uncool‘ findet. Auf unserem Hof habe ich viele Traktoren verschiedener Fabrikate kommen und gehen gesehen, aber mein IHC ist immer noch da und seit 60 Jahren an meiner Seite und so wird es hoffentlich noch lange bleiben!"
Doris Meuser