Ausgerechnet dieser Käufer, ausgerechnet dieser Verkäufer: In Thüringen wechseln 6000 ha ihren Besitzer und der Beobachter reibt sich verwundert die Augen. Mit der Boscor Land- und Forstwirtschafts GmbH sichert sich nicht nur ein überregional agierender Investor wertvolle Böden im Herzen des Freistaats, sondern eine Tochterfirma der privaten Stiftung des Aldi-Erbens Theo Albrecht. Und möglich machen das Geschäft nicht irgendwelche dubiosen Gestalten, sondern mit Klaus Kliem eine verdiente Persönlichkeit und der Ehrenpräsident des thüringischen Bauernverbandes.
Nun ist die Empörung groß. Und sie ist berechtigt. Es ist in einer freien Marktwirtschaft seine freie Entscheidung, an wen Klaus Kliem seine Mehrheitsanteile an der Agrar-, Dienstleistungs-, Industrie- und Baugesellschaft mbH, kurz ADIB, in Bad Langensalza veräußert. Als langjähriger Bauernpräsident muss er sich aber fragen lassen, ob er mit der Entscheidung seiner Verantwortung gerecht wird. Die 6000 ha hätten auch thüringischen Betrieben gut zu Gesicht gestanden. In einer Zeit, in der sich Investoren auf Shoppingtour immer schamloser ganze Betriebe und Landstriche zur Spekulation oder Erweiterung ihres Kapitalportfolios unter den Nagel reißen, setzen er und seine Gesellschaftspartner ein fatales Signal.
Hat der Berufsstand endgültig vor der Landnahme außerlandwirtschaftlicher Investoren resigniert? Und wenn selbst ein Ehrenpräsident mit Mehrheitsanteilen an einem Betrieb dieser Größe bei einem lukrativen Angebot schwach wird, was erwartet man an berufsständischer Solidarität dann noch von einem kleineren Sauenhalter, dem das Wasser bis zum Halse steht?
So verblüffend wie der Gesamtvorgang ist allerdings auch der Kanon der Kritiker. Vom Landesminister bis zum Berliner Politbetrieb ist die Entrüstung groß. Und das ist gut so. Wort und Tat klaffen allerdings auch hier gewaltig auseinander. Die latenten Schwächen des Grundstückverkehrsgesetzes liegen seit Jahren auf dem Tisch. Passiert ist bei Dauerbrennern wie Sharedeal und Co. seitdem zwischen Bund und Ländern so gut wie nichts. Man zeigt wechselseitig auf den anderen, in Richtung Brüssel oder gibt neue Studien und Prüfaufträge in Auftrag. Konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Transparenz auf dem Bodenmarkt, zur Novellierung des Grundstückverkehrsgesetzes oder zur Anpassung der Grunderwerbssteuer versickern auf dem Weg zur Umsetzung aber so treffsicher im Sande wie das Wasser in der thüringischen Provinz.
Es wird salbungsvoll geredet und hinter den Kulissen versilbert, was das Zeug hält. 6000 ha zum Aldipreis könnten sich nicht nur für die Landwirte in und um Thüringen noch als ein schlechtes Geschäft erweisen. Sie sollten endgültig ein Ansporn sein, die zahnlos gewordenen Instrumente zum Schutz einer vielfältigen Agrarstruktur endlich wieder mit Leben zu füllen.