Am 12. März ist es wieder soweit: Bei der schon fünften Ausgabe von "Politik trifft Praxis" diskutieren Landwirte aus ganz Deutschland gemeinsam mit Politikern aus dem Bundestag und aus dem Brandenburger Landtag über die drängenden agrarpolitischen Fragen beim Thema Pflanzenschutz. Die Debatte verspricht, besonders lebhaft zu werden, immerhin werden die Karten nach der Bundestagswahl auch agrarpolitisch neu gemischt. Anmeldungen sind an dieser Stelle noch möglich, die Plätze werden aber knapp.
Im Vorfeld von "Politik trifft Praxis" haben wir mit den teilnehmenden Politikerinnen und Politikern Interviews geführt. Hier die Gedanken des Agrarsprechers der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Albert Stegemann, zur Zukunft des Pflanzenschutzes und den möglichen agrarpolitischen Linien der wahrscheinlich Unions-geführten Bundesregierung.
Klar ist, dass wir Kompromisse machen müssen
Herr Stegemann, zum Zeitpunkt des Interviews liegt die Bundestagswahl noch in der Zukunft. Demoskopisch sieht es aber nach einer CDU/CSU-geführten Regierung aus. Was bedeutet das für die Agrarpolitik in Deutschland?
Albert Stegemann: Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion setzt sich für die Wertschätzung der Landwirtinnen und Landwirte ein. Ihnen muss mehr Vertrauen und Respekt für ihre geleistete Arbeit entgegengebracht werden. Wir denken, dass ein Landwirt wieder Landwirt sein muss und sagen daher der Bürokratie den Kampf an, wie z.B. der Stoffstrombilanz im Düngerecht oder dem Bodengesetz. Die Einführung der Agrardieselrückvergütung ist ebenfalls ein wesentliches Anliegen, weshalb dieser Punkt auch in unserem Sofortprogramm nach der Wahl steht. Außerdem soll die GAP vereinfacht werden und gleichzeitig das Agrarbudget gut ausgestattet bleiben. Der Wolfsbestand muss endlich geregelt werden. Wölfe müssen bejagt werden können, damit weniger Weidetiere gerissen werden.
Gesetzt den Fall, dass an einer Koalition mit den Grünen kein Weg vorbei führt: Stehen dann Projekte wie das Zukunftsprogramm Pflanzenschutz und Reduktionsziele für Düngung und Pflanzenschutz wieder auf der Tagesordnung?
Albert Stegemann: Klar ist, dass wir Kompromisse machen müssen, egal wie es am Ende ausgeht. Sollte es tatsächlich zu einer Koalition mit den Grünen kommen, wird es in der Agrarpolitik sicherlich mehr Differenzen geben. Aber wichtig ist ein Koalitionspartner und eine Bundesregierung, die sehen, dass wir in der Wirtschafts- und Landwirtschaftspolitik nicht einfach so weitermachen können. Wir brauchen eine starke Agrarwirtschaft, dann haben wir starke ländliche Räume.
Wir brauchen eine starke Agrarwirtschaft, dann haben wir starke ländliche Räume.
Und das sogenannte Zukunftsprogramm Pflanzenschutz oder auch Einschränkungen bei der Tierhaltung stehen dazu im Widerspruch.
Wie sieht die Vision von CDU und CSU für einen zukunftsfähigen Ackerbau überhaupt aus?
Albert Stegemann: Wir stehen für eine moderne Pflanzenzüchtung, insbesondere unterstützen wir das „Smart Breeding“. Es gibt in der Forschung eine Vielzahl innovativer Ideen für den Ackerbau – diesen sollten keine Steine in den Weg gelegt werden. Wir sorgen dafür, dass Digitalisierung, Präzisionslandwirtschaft, Pflanzenzüchtung und der Pflanzenschutz ihr volles Potenzial entfalten können, um die Landwirtschaft fit für die Zukunft zu machen.
Lebensmittel waren in den letzten Jahren oft Inflationstreiber, auf der anderen Seite müssen und sollen Landwirte auskömmliche Preise erzielen. Wie kann man erträgliche Verbraucherpreise und wirtschaftliche Erzeugererlöse unter einen Hut bekommen? Oder muss am Ende jemand draufzahlen?
Albert Stegemann: Ich halte wenig von Eingriffen in funktionierende Märkte.
Ich halte wenig von Eingriffen in funktionierende Märkte.
Das führt nicht zu niedrigeren Preisen oder höheren Erlösen. Wir sehen das beispielhaft bei der ökologischen Landwirtschaft. Die Grünen versuchen diese drastisch zu steigern, ohne dass dafür eine Nachfrage besteht. Im Gegenteil kaufen die Verbraucher doch angesichts der Inflation zunehmend günstigere Lebensmittel und weniger hochpreisige Ware wie Bio.
Was hat aus Ihrer Sicht mehr Potenzial für einen nachhaltigen und zugleich wettbewerbsfähigen Ackerbau: Neue Züchtungstechnologien oder Präzisionslandwirtschaft? Was bräuchte es noch?
Albert Stegemann: Ich bin der Ansicht, dass eine Kombination aus neuen Züchtungstechnologien und Präzisionslandwirtschaft das größte Potenzial für einen nachhaltigen und zugleich wettbewerbsfähigen Ackerbau bietet. Durch die Integration beider Ansätze können landwirtschaftliche Produktionsprozesse sowohl effizienter als auch ressourcenschonender gestaltet werden. Deutschland ist eine starke Agrar-Nation, und um international wettbewerbsfähig zu bleiben, sind kontinuierliche Investitionen und Innovationen notwendig. Ein weiterer wichtiger Schritt in diese Richtung ist die Entbürokratisierung. Es gilt, Berichts- und Dokumentationspflichten spürbar zu reduzieren. Nur so bleiben wir wettbewerbsfähig, ohne dass die Nachhaltigkeit darunter leidet.
Die Zulassung neuer Wirkstoffe erfolgt in Deutschland sehr schleppend – die Folge ist ein schleichender Wirkstoffverlust, da tendenziell mehr „alte“ Produkte wegfallen als neue hinzukommen. Was kann, was sollte die neue Bundesregierung am Zulassungsverfahren verbessern?
Albert Stegemann: Wie bereits erwähnt, sollte das Verfahren vereinfacht werden. Wenn die Europäische Union einen Wirkstoff zulässt, ist es nicht notwendig, dass dieser in Deutschland zusätzlich von vier verschiedenen Behörden geprüft wird. Wir setzen uns dafür ein, das Zulassungsverfahren anzupassen, um innovative Produkte schneller verfügbar zu machen. Zudem möchten wir die Nutzung und Förderung biologischer sowie risikoreduzierter Mittel vereinfachen und so einen effizienteren und nachhaltigeren Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ermöglichen.
Vielen Dank für das Gespräch!