Nach der Bundestagswahl ist vor den Koalitionsverhandlungen. Der Wahlgewinner CDU/CSU peilt bekanntermaßen eine „kleine GroKo“ mit den Sozialdemokraten an. Die haben sich grundsätzlich zu Gesprächen bereiterklärt. Dabei ist aber nicht sicher, ob man am Ende auch zu einem von allen Seiten getragenen Koalitionsvertrag kommt, zumal erfahrungsgemäß der kleinere Partner in solchen Pokerrunden gern den Preis hochtreibt.
Und es gibt bei etlichen Themen erhebliche Unterschiede zwischen den drei Parteien CDU, CSU und SPD. Die betreffen zwar oft die großen Problemfelder wie Migration oder innere Sicherheit, doch auch in der Agrar- und Energiepolitik gibt es einiges zu besprechen. Wo liegen die Kompromisslinien, wo sind die größten Hürden? Wir haben die Wahlprogramme der möglichen Partner nebeneinandergelegt.
Ampeljahre agrarpolitisch grün geprägt
Grundsätzlich hatte die SPD während der Ampeljahre agrarpolitische Themen nicht selten den Grünen und der FDP überlassen. Ein Großteil der Projekte, ob zur Tierhaltung, zum Pflanzenschutz oder zum Düngemanagement trugen überwiegend die Handschrift der grün geführten Fachressorts.
Auch im Wahlprogramm zur Bundestagswahl bleiben die Sozialdemokraten mitunter vage, beispielsweise was den Umgang mit dem Wolf angeht. Der taucht dort schlicht nicht auf, während die Union in ihrem Wählerangebot ein Bestandsmanagement und die Aufnahme des Wolfs ins Jagdrecht fordert. Die zuständige SPD-Bundestagspolitikerin Isabel Mackensen-Geis hatte sich allerdings vor der Wahl positiv geäußert, was die von der EU beschlossene Absenkung des Schutzstatus für den Wolf angeht. Prinzipiell sollte es an dieser Stelle also zwischen den Verhandlern nicht haken.
Agrardiesel mögliches Streitthema
Fraglich ist auch, ob man beim Agrardiesel zusammenkommt. Die Steuerrückvergütung hatten Scholz, Lindner und Habeck schließlich Ende 2023 im Handstreich abgeschafft. Die Union hat versprochen, die Regelung wieder zurückzuholen. Der Anwärter auf das Amt des Bundeslandwirtschaftsministers, Günther Felßner (CSU), hatte das zuletzt noch bekräftigt. Die SPD hat sich dazu in ihrem Wahlprogramm nicht geäußert und auch zwischenzeitlich gab es keine Signale, das Agrardiesel-Aus wieder zurückzunehmen. Zusätzlich könnten sich die Geister auch an einer von der Union propagierten Energiesteuerbefreiung für alternative Kraftstoffe scheiden. Ausgemacht ist in diesen Punkten jedoch nichts.
Was ist mit der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP)? Hier bekennt sich die Union im Wahlprogramm zu einem eigenständigen EU-Agrarbudget und zu einer drastischen Vereinfachung der Regularien. „Kleinteilige Kontrollen“ sollen abgeschafft werden. Die SPD geht in puncto Vereinfachung mit, will die GAP aber ab 2028 noch deutlich stärker umstrukturieren. Nach einer Übergangsphase sollen Leistungen für Klima-, Natur- und Artenschutz stärker honoriert werden.
Knackpunkt Energiepolitik?
Hinsichtlich der Tierhaltung in Deutschland gibt es vordergründig viele Schnittmengen. Alle drei Parteien wollen mehr Planungssicherheit für tierwohlgerechte Ställe, weniger Bürokratie und langfristige Horizonte für investitionswillige Betriebe. Alle wollen auch eine Zukunft für Rinderbetriebe mit Kombihaltung. Zur staatlichen Tierhaltungskennzeichnung könnten die Meinungen jedoch auseinandergehen.
Echtes Konfliktpotenzial zeichnet sich bei der Energiepolitik ab: Während die Union eine Wiederinbetriebnahme der stillgelegten Kernkraftwerke zumindest prüfen will, sagt die SPD in ihrem Wahlprogramm „Die Atomkraft in Deutschland ist stillgelegt und das ist gut so“. Die Union will alle Erneuerbaren fördern, die SPD setzt vor allem auf Wind und Solar. Beim Heizungsgesetz könnte es ebenfalls zum Konflikt kommen, da die CDU/CSU das umstrittene Ampelprojekt wieder einstampfen will.
Pro und kontra Waldgesetznovelle
Auch in der Waldpolitik marschieren Union und SPD nicht im Gleichschritt. Die Sozialdemokraten unterstützen eine Novelle des Bundeswaldgesetzes. Die hatte Cem Özdemir in Angriff genommen, war damit aber in der Branche auf heftigen Widerstand gestoßen. Die Union will das Waldgesetz nicht antasten - das wurde von Friedrich März noch im Januar bekräftigt. Alle drei Partien wollen jedoch den Waldumbau unterstützen, wobei die Union den Fokus auf die wirtschaftliche Nutzung legt, während die SPD Klima- und Ökosystemleistungen betont.