Der Kampf gegen die Entwaldung des Regenwaldes ist ein edles Anliegen, eine gute Idee. Wie aus solchen „guten Ideen ‚Monster‘ werden“ können, fragte der Bundesverband der deutschen Süßwarenindustrie (BDSI) am Dienstagabend in Brüssel.
Konkret ging es der süßen Branche um „Bürokratiemonster“ wie etwa die EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) oder die EU-Verordnung über Berichtspflichten zur Nachhaltigkeit (CSRD).
EUDR ab 2026 in Kraft
Bis die EUDR gilt, dauert es noch ein Jahr. EU-Kommission, die 27 Mitgliedstaaten und das EU-Parlament einigten sich – ebenfalls am Dienstag – auf die Verschiebung um ein Jahr. Wäre die Übereinkunft gescheitert, hätte die EUDR ab dem 01. Januar 2025 gegriffen.
150.00 Unternehmen und Landwirte von EUDR betroffen
Durch die EUDR müssen Erzeuger, Importeure und Händler nachweisen, dass ihre Produkte nicht mit Entwaldung und Waldschädigung in Verbindung stehen. Betroffen sind Soja, Ölpalmen, Rinder, Kaffee, Kakao, Kautschuk und Holz sowie daraus hergestellte Erzeugnisse.
Alleine in Deutschland werde das ca. 150.000 Unternehmen, Land- und Forstwirte betreffen, berichtete Dr. Andreas Schäfer. Der Jurist leitet das Grundsatzreferat für entwaldungsfreie Produkte bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) in Bonn.
Die BLE ist vom Bund mit der Umsetzung der EUDR betraut. „Die Unternehmen werden künftig insgesamt mehrere Millionen Sorgfaltspflichterklärungen pro Jahr abgeben müssen“, zeigte sich Schäfer überzeugt.
Schäfer wirkte in Brüssel erleichtert, dass die EUDR verschoben wird: „Wir haben jetzt 12 Monate mehr Zeit, in denen uns die Unternehmen ihre Herausforderungen mit der EUDR schildern können.“
Die BLE informiert von der EUDR betroffene Unternehmen und Landwirte auf ihrer Website:
BDSI-Chef: Bürokratiewust hemmt Mittelstand
Laut Bastian Fassin, BDSI-Vorsitzender und Eigentümer von Katjes, ist es die Bürokratie, der dafür sorgt, dass die Umsätze der deutsche Süßwarenindustrie 2023 sanken – nach Jahrzehnten des Wachstums. Deutschland ist bei Süßwaren Exportweltmeister.
„Der Bürokratiewust hemmt den Mittelstand“, machte Fassin den Gästen in der bayerischen Landesvertretung in Brüssel klar.
Manfred Jus leitet den Schokoladenhersteller Piasten im fränkischen Forchheim. Er bemängelte: „Wenn neue Gesetz auf den Weg gebracht werden, steht zuerst die Deadline und die Strafen. Was davor fehlt ist die Umsetzbarkeit für die Unternehmen. Das ist für uns ein Problem.“
Bei der Entwaldungsverordnung habe die EU-Kommission bis Ende August „nichts geliefert“, so Jus‘ Vorwurf. Und das für eine Verordnung die eigentlich im Januar hätte in Kraft treten sollen.
Der Bürokratiewust hemmt den Mittelstand“
Die EU-Kommission war das System lange Zeit schuldig geblieben, mit dem sie einzelnen Länder in verschiedene Stufen, je nach Entwaldungsrisiko einordnen will. Davon hängt ab, wie hoch die Dokumentationspflichten werden.
NGO: Wir brauchen die Entwaldungsverordnung!
Nicole Polsterer von der Umweltorganisation Fern (dt. Farn) findet, dass freiwillige Verpflichtungen der vergangenen Jahre "nicht die Entwaldungsfreiheit gebracht" haben. "Darum ist die Entwaldungsverordnung leider von nöten", ist Polsterer überzeugt.
Sie glaubt, dass die Bürokratie vor allem für Land- und Forstwirte überschaubar bleibt. „Landwirte liefern durch die Gemeinsame Agrarpolitik sowieso schon viele Daten. Wir hoffen da auf Schnittstellen.“ So bliebe zusätzlicher Dokumentationsaufwand gering, meint Polsterer.
Für Forstwirte, die mit einem Harvester arbeiten, hatte Polsterer den Tipp: „Der Forstharvester erhebt sowieso schon Standortdaten, sodass diese dann auch für das EU-Register vorhanden sind.“
Wie viel Bürokratie Unternehmer, Land- und Forstwirte durch die ENtwaldungsverordnung stemmen müssen, zeigt sich spätestens am 01. Januar 2026.