Die Verhandler der EU-Mitgliedstaaten, der Europäischen Kommission und des Europaparlamentes haben sich in den Trilogverhandlungen zum EU-Gesetz zur Wiederherstellung der Natur auf einen Kompromiss verständigt. Das gaben die Verhandler im späten Donnerstagabend in Brüssel bekannt.
Der EU-Kommissar für Umwelt Virginijus Sinkevičius zeigte sich auf dem Nachrichtendienst X zufrieden: „Ich begrüße die vorläufige Einigung mit den Ko-Gesetzgebern über das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur.
I welcome the provisional agreement on the Nature Restoration Law reached with co-legislators!
— Virginijus Sinkevičius (@VSinkevicius) November 9, 2023
Thanks @Europarl_EN & @eu2023es for the constructive discussions.
I trust it can be formally endorsed by the co-legislators, turning this flagship #EUGreenDeal initiative into law. pic.twitter.com/4ySxuT6A22
Dazu veröffentlichte er ein Bild von sich (2. v.l.), dem Chef-Verhandler des EU-Parlamentes Cesar Luena (links), der spanischen Agrarministerin Teresa Ribeira und dem Vorsitzenden des Umweltausschusses im Europaparlament Pascal Canfin. Die spanische Agrarministerin hat im Trilog stellvertretend für die EU-Mitgliedstaaten verhandelt.
10 % Landschaftselemente offenbar raus
Neben dem Spanier Cesar Luena (Sozialdemokraten) haben für das Europaparlament auch Jutta Paulus (Grüne) und Christine Schneider (CDU/EVP) an den Trilogverhandlungen teilgenommen. Schneider bestätigte im Nachgang der Verhandlungen am späten Donnerstagabend, dass das Ergebnis unter anderem vorsieht, dass es „keine Notwendigkeit mehr gibt, 10 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche stillzulegen“.
„Die Mitgliedstaaten sollen lediglich melden, welchen Anteil beispielsweise Landschaftselemente an der Agrarlandschaft haben“, erklärte Grünen-Verhandlerin Paulus am Freitagmorgen in Brüssel.
Das kommt bei Mooren
Die Wiedervernässung der Moore bleibt ein zentrales Element des EU-Naturschutzgesetzes. Die Mitgliedstaaten sollen trockengelegte Moore „wiederherstellen“, was laut dem Kompromiss jedoch nicht unbedingt die Wiedervernässung bedeuten müsse.
Die Verhandler einigten sich auf folgende Zielmarken:
- Bis 2030 30 % der Moore wiederherstellen, davon 25 % vernässt,
- bis 2040 40 % der Moore wiederherstellen, davon ein Drittel vernässt,
- bis 2050 50 % der Moore wiederherstellen, davon ein Drittel vernässt.
Zusätzlich können Mitgliedstaaten diese Werte unterschreiten, wenn die Weidervernässung „erhebliche negative Auswirkungen auf Infrastrukturen, Gebäude, Klimaanpassung oder andere öffentliche Interessen hat und wenn die Wiedervernässung nicht auf anderen als landwirtschaftlichen Flächen erfolgen kann“, heißt es in einem Kompromisspapier, das top agrar vorliegt.
Kampfabstimmung im Europaparlament
Im Juli lieferten sich Grüne und die konservative Europäische Volkspartei (EVP) im Europaparlament eine Kampfabstimmung über das NRL. Dabei gelang es den Grünen, eine Mehrheit für das EU-Naturschutzgesetz zu organisieren.
EVP will Trilogergebnis "prüfen"
Vor allem die EVP warnte vor unvorhersehbaren Folgen für Landwirtschaft und den Ausbau der erneuerbaren Energien. Ob die durch das vorliegende Trilogergebnis abwendbar sind, will die EVP nun prüfen.
"Entscheidend ist dass die Wiederherstellung der Natur und die Verwirklichung unserer Klimaziele Hand in Hand mit Land- und Forstwirtschaft gehen. Nur dann können wir die Ernährungssicherheit Europas sichern", sagte EVP-Verhandlerin Schneider am späten Donnerstagabend.
Sowohl die Mitgliedstaaten als auch das Europaparlament müssen das Trilogergebnis noch in einer formalen Abstimmung offiziell absegnen.
Bauernverband kritisiert Einigung
Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied erkennt zwar "wichtiger Veränderungen im Detail und der Berücksichtigung der erheblichen landwirtschaftlichen Betroffenheit". Er kritisiert jedoch das Ergebnis der Einigung zwischen Kommission, Rat und Europaparlament im Trilog grundsätzlich.
„Das Verhandlungsergebnis fällt hinter die Ziele der Zukunftskommission Landwirtschaft zurück, Naturschutz in Kooperation mit den Landwirten und Grundeigentümern umzusetzen und mit Anreizen statt Verboten zu arbeiten. Hätte man die Ergebnisse der ZKL ernst genommen, wäre das nicht passiert", so Rukwied. Das EU-Naturschutzgesetz bleibe "eher rückwärtsgewandt und ordnungspolitisch mit weitreichenden Vorgaben und pauschalen Zielen für die Mitgliedsstaaten".
Lemke: "Hoffnungevolles Zeichen"
Bundesumweltministerin Steffi Lemke (B'90/Die Grünen) erkennt in der Trilog-Einigung hingegen ein "hoffnungsvolles Zeichen".
"Es ist unser aller Verantwortung, die Natur besser zu schützen und wiederherzustellen. Nur so kann sie uns gegen die Klimakrise und gegen das Artenaussterben schützen, nur so können wir unsere natürlichen Lebensgrundlagen erhalten", so Lemke am Freitagmorgen.