Paukenschlag in München: Günther Felßner steht nicht mehr für das Amt des Bundeslandwirtschaftsministers zur Verfügung. Das ist nach den Vorfällen gegen die eigene Familie und den eigenen Betrieb menschlich und persönlich nachvollziehbar.
Für die politischen Gepflogenheiten, die Regeln des Anstands und Umgangs miteinander, für unsere Demokratie markiert der Schritt einen schwarzen Tag und einen erneuten Tiefpunkt.
Grenzen überschritten
Fachwissen, Praxiserfahrung, ein eigener landwirtschaftlicher Betrieb: Das sind schon lange keine Pluspunkte mehr für die Übernahme von politischer Verantwortung. Sondern für viele politisch Bewegte zunehmend vor allem eines: Angriffsfläche.
Ein erfahrener Verbandsvertreter wie Günther Felßner darf nicht zart besaitet sein. Er ist es gewohnt, hart in der Sache auszuteilen und einzustecken. Rede, Gegenrede, das Ringen um Argumente und Positionen, das Konfrontieren mit Widersprüchen und Zielkonflikten. Das alles gehört zum politischen Geschäft.
Wenn aber der eigene Betrieb, das eigene Zuhause, die eigene Familie zur Zielscheibe von Attacken werden, dann sind Grenzen überschritten. Und das sollte uns alle aufhorchen lassen.
Mit zweierlei Maß?
Dass Felßner zur Zielscheibe harter medialer Attacken werden würde, als er sich mit Markus Söder an seiner Seite bereit erklärte, im Falle eines Wahlsieges Verantwortung als Bundeslandwirtschaftsminister zu übernehmen, das wussten viele und auch er selbst.
Und doch überraschen die Vehemenz und die Maßlosigkeit der Angriffe. Und es wirft Fragen auf, wie einige Medien und NGOs zweierlei Maß anlegen, wenn mit „Aktionen“ wie diesen die Familie eines „Agrarindustriellen“ Landwirts angegangen wird.
Ob der Fall zu ähnlich lauten Verurteilungen führen wird, wie die Vorkommnisse an der Habeck-Fähre zum Höhepunkt der Bauernproteste? Man darf gespannt sein.
Böse Erinnerungen an Tabubrüche und Hetzjagden gegen andere Landwirtinnen und Landwirte werden wach
Böse Erinnerungen an Tabubrüche und Hetzjagden gegen andere Landwirtinnen und Landwirte, die es wagten, den Kopf aus der Deckung zu nehmen und politische Verantwortung zu übernehmen, werden wach. Sei es das Haberfeldtreiben vor dem Hof des damaligen Bauernpräsidenten Gerd Sonnleitner. Oder die infolge regelrechter Kampagnen und illegaler Stallaufnahmen aus dem Amt gedrängten Agrarministerinnen Astrid Grotelüschen und Christina Schulze Föcking.
Das ist fatal. Denn Demokratie lebt von Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren und politische Verantwortung in Parteien, Vereinen und Verbänden übernehmen. Gerade auch in der Landwirtschaft. Leider wirkt es, als nehmen die Verrohung und Hassbotschaften gegen politisch Verantwortliche vor allem in Social Media zu. Das bestätigen viele Verantwortliche in Bund, Land und Kommunen.
Es bleiben bittere Fragen
Was bleibt ist der bittere Beigeschmack, dass sich genau die Falschen durchgesetzt haben, mit Methoden, die einer Demokratie unwürdig sind und die am Ende allen Beteiligten schaden.
Wohin das führt? Zu einer zunehmend gespaltenen Gesellschaft. Einem Diskurs, in dem die Lauten die Leiseren niederbrüllen. Einem Land, in dem das Verbindende kleiner wird und die Fliehkräfte wachsen.
Die USA unter Donald Trump lassen grüßen. Nicht einmal die Aktivisten von Animal Rebellion sollten sich über die Umstände von Günther Felßners Verzicht auf das Amt freuen.