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topplus Mit spitzer Feder

Ein kurzes Gespräch mit Günther Felßner im Zug

Was passiert, wenn ein Bauer einem Agrarpolitiker im Zug begegnet? Ein Missverständnis über Sachkunde und Ernteerträge sorgt für Verwirrung – bis ein kurzes Gespräch die Wahrheit ans Licht bringt.

Lesezeit: 3 Minuten

Hans Neumayer ist Landwirt in Bayern und schreibt in regelmäßigen Abständen eine Glosse für top agrar.

Es gibt Geschichten, die sind zu schön um wahr zu sein. Diese ist zu wahr, um nicht schön zu sein. Zwei Wochen vor der Bundestagswahl:

Mittwoch: Pflichtfortbildung zum Sachkundenachweis Pflanzenschutz. Der ­Referent erklärt die neuesten Vorschriften zum Thema und auch, dass durch Pflanzenzüchtung keine nennenswerten Ertragssteigerungen mehr zu erwarten sind.

Donnerstag: Die Lokalzeitung berichtet über eine Wahlveranstaltung mit unserem bayerischen Bauernpräsidenten und Anwärter für das Amt des Agrarministers in unserer Stadt. Als eine seiner Thesen stand zu lesen, dass wir die Erträge auf unsern Feldern steigern müssen. Aha?

Freitag: Den Tag über versuche ich, mir die beiden Aussagen zusammen zu reimen. Hat unser Referent geschwindelt, oder hat gar der Herr Präsident seine Sachkundefortbildung geschwänzt?

Samstag: Ich bringe meine Verunsicherung über die unterschiedlichen „Expertenaussagen“ zu Papier. Die ­Kollegen sollen ja auch wissen, von wem sie beraten oder regiert werden. Hat der Präsident das wirklich so ­gemeint, wie es in der Zeitung stand?

Sonntag: Ich habe Geburtstag und pfeife auf die Sachkunde!

Montag: Morgen mache ich mit meiner Frau eine Reise, um ein neues Auto zu kaufen. Wir freuen uns darauf. Mein Text ist immer noch nicht „rund“. War vielleicht der Zeitungsreporter nicht sachkundig?

Dienstag: Der Zug nach München hat Verspätung. Wir verpassen den Anschluss und fahren eine Stunde später. Altersgerecht 1. Klasse! In Nürnberg besetzt ein langer Kerl den freien Platz in der Reihe neben mir. Gerade in Ge-danken über Geburtstag, Auto und Sachkunde sehe ich nur seine Beine, als ich ihn telefonieren höre. Die Stimme kommt mir bekannt vor. Ich schaue ihn der Länge nach an bis zum Kopf und muss lachen: „Auf ein Wort, Herr Präsident – von Bauer zu Bauer“ sage ich. „Wie steht es denn um deine Sachkunde?“ Er lachte auch.

Natürlich hatte die Zeitung seine These arg verkürzt. Mit „Erträgen“ meinte er Lebensmittel, CO2-Bilanz und Artenvielfalt. Jetzt hatte ich ihn verstanden und war von seiner Sachkunde überzeugt. Schade nur um meine schöne Pointe. Wir mussten umsteigen, er fuhr weiter nach Berlin. Vorerst nur zum Schnuppern. Beim Abschied wünschte ich ihm Glück für die Hinreise – und vorsorglich auch für eine eventuelle Rückreise – und versprach ihm, die Geschichte nochmal ­umzuschreiben und seine Sachkunde ­unbedingt zu bestätigen. Ob ihm das bei den Koalitionsverhandlungen hilft, weiß ich natürlich nicht.

Schön ist jedenfalls, dass man sich auf die Verspätungen bei der Deutschen Bahn verlassen kann!

Herzlichst,

Ihr Hans Neumayer

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