Die Gesellschaft Freie Bauern aus Bad Frankenhausen in Thüringen will neue Proteste der Landwirte anfachen. Am 20. März sollen möglichst viele Berufskollegen auf die Straße gehen und ihre „Empörung über die hohen Herrschaften und eine verantwortungslose Agrarpolitik“ zum Ausdruck bringen, zitiert die Bildzeitung aus einem Aufruf in den sozialen Medien.
Geplant sei, dass Petra Wolter-Klußmann aus Eimersleben (Sachsen-Anhalt) zwölf Forderungen an die nächste Bundesregierung verliest. Auch Forstwirt Franz Prinz zu Salm-Salm und Alfons Josef Wolff (64), Bundessprecher der Freien Bauern, werden reden.
„Politisch haben die bisher wenig bewirkt, aber sie haben zu einer hohen Akzeptanz unserer Forderungen in der Öffentlichkeit geführt und das Zusammengehörigkeitsgefühl unter uns Landwirten gestärkt. Wir sind jetzt auch viel besser vernetzt“, sagt Wolff. Deshalb rechnet der Bundessprecher damit, dass am 20. März auch Mitglieder anderer Verbände nach Bad Frankenhausen kommen.
Historisches Datum
Laut der Zeitung sind dabei Ort und Zeit kein Zufall. Denn am 20. März 1525 verkündeten aufständische Bauern die „Zwölf Artikel der Bauernschaft“ und lösten damit den Deutschen Bauernkrieg aus. Bad Frankenhausen war ein Zentrum der Erhebung.
Abschaffung des Green Deals gefordert
Vor 500 Jahren kämpften die Bauern unter anderem für die Abschaffung des Kleinzehnten (Abgabe von Gartenfrüchten und Jungtieren), die Aufhebung der Leibeigenschaft und für eine vertragliche Regelung von Dienstleistungen für ihren Grundherren.
2025 verlangen die Freien Bauern in ihren „Zwölf Forderungen“ etwa die Abschaffung des EU-Programms Green Deal sowie der 2017 eingeführten Auflagen für Düngung, Pflanzenschutz und Tierhaltung, außerdem faire Lieferbeziehungen und die Erlaubnis, Wölfe am Weidezaun zu schießen, schreibt die Bild.
Papier von vor dreieinhalb Jahren gilt noch heute
Unterstützt wird die Aktion auch vom Bundesverband der Freien Bauern. Der erinnert daran, dass sie zusammen mit LSV Deutschland, BDM, AbL, Milchboard und LSV Original im Oktober 2021 einen Forderungskatalog vorgelegt hatten.
Kernpunkte waren eine Ausrichtung der Agrarpolitik auf bäuerliche Familienbetriebe, eine Verringerung des Preisdrucks durch unter niedrigeren Standards produzierte Billigimporte sowie eine Stärkung der Landwirtschaft in der Wertschöpfungskette gegen die Macht der Monopole, außerdem eine Überprüfung unsinniger Produktionsauflagen und ein Ende der Flächenkonkurrenz durch den Naturschutz.
„Alle damals aufgestellten Forderungen sind aus unserer Sicht nach wie vor dringend notwendig, um faire Rahmenbedingungen für unsere Betriebe zu schaffen und die regionale Versorgung zu sichern“, argumentiert Wolff und bietet den Verhandlungspartnern von CDU/CSU und SPD die Unterstützung seiner Organisation an.
Mit Agrardieselerstattung allein ist es nicht getan
„Wer das nach den Bauernprotesten gegen die letzte Große Koalition voller Hoffnung auf echte Reformen entstandene Papier heute noch einmal durchliest, muss sich schon die Frage stellen, warum die Ampel in dreieinhalb Jahren kein einziges unserer wichtigen Anliegen ernsthaft angepackt geschweige denn umgesetzt hat.“ Noch einmal dürfe eine aus den etablierten Parteien gebildete Bundesregierung die bäuerliche Bevölkerung nicht so schwer enttäuschen, meint der 64jährige Ackerbauer aus Hohenthurm in Sachsen-Anhalt und mahnt eine grundsätzliche Wende in der Landwirtschaftspolitik an: „Die längst überfällige Rücknahme der von der Ampel beschlossenen Steuererhöhung für Agrardiesel würden wir als Signal des guten Willens werten, sie reicht aber bei weitem nicht aus.“
Leserstimmen
"Die Wahl des historischen Datums ist ja eine Sache, aber wie das Ding dann ausging, war weniger ruhmreich. Ich würde jetzt noch nicht allzuviel sticheln und mal abwarten WER die nächste Regierung stellt und WAS diese dann wirklich zuwege bringt.
Ansonsten sehe ich den bisherigen Rückhalt in der Bevölkerung schwinden, denn noch sind alle Möglichkeiten offen. Trotzdem ist es schon sinnvoll, jetzt seine Standpunkte und Wünsche an eine künftige Regierung klar vorzutragen. Nur eben mit Besonnenheit und nicht gleich mit einer Forderung zum Bauernaufstand." (Stefan Lehr)
"Die Forderung, Wölfe am Weidezaun schießen zu dürfen, scheitert an geltendem internationalen, europäischem und innerstaatlichem Recht. Also Unfug. Der Green-Deal wurde demokratisch vom Europaparlament und dem Ministerrat und den nationalen Parlamenten beschlossen, um die natürlichen Lebensgrundlagen vor bäuerlicher Ausbeutung zu schützen. Er ist gesetzlich geregelt in europarechtlichen und innerstaatlichen Gesetzen. Seine Abschaffung zu fordern, ist Unfug. Auflagen für Düngung, Pflanzenschutz und Tierhaltung sind die gesetzlichen Folgen aus z. B. der europäischen Wasserschutzrichtlinie, oder dem Staatsziel Umwelt- und Tierschutz. Die Forderung gerade diese Auflagen wieder abzuschaffen ist Unfug. Wollen die "Freien Bauern" ernsthaft Umweltverschmutzung und Tiermisshandlungen wie in Bad Grönenbach legalisieren für ihren privaten Profit?" (Günter Schanné)
"Ich finde es richtig, die Geschichte wiederholt sich immer wieder, zwar in einer anderen Zeit mit anderen Spielregeln aber sie wiederholt sich. Und da darf mann ruhig daran erinnern als Mahnung für die aktuelle oder zukünftige Regierung. Wenn ich als Landwirt investiere egal in was dann muss ich ein Konzept vorlegen mit Finanzplanung. Und in Berlin machen se Sondervermögen ohne jegliche Konzepte. Und da darf ruhig jemand vom Berufsstand aufstehen und ermahnen, wenn es auch die Aufgabe vom DBV wäre." (Thomas Schill)
"Auch die Industrie möchte den Green Deal am liebsten abschaffen oder zumindest ganz stark abschwächen. Da kann man sich verbünden! Und die Bürger werden es auch noch bemerken, spätestens wenn der Green Deal am eigenen Konto ankommt, dann wird es wohl genauso Widerstand geben. Laut einer aktuellen Umfrage will die deutsche Bevölkerung im Wesentlichen billige Mobilität, mit Green Deal dürfte das sehr schwer werden. Ähnlich mit der wirtschaftlichen Entwicklung: wenn es weitere Entlassungen gibt, könnte die Stimmung der Zivilgesellschaft ganz schnell kippen." (Erwin Schmidbauer)