Die verpflichtende Tierhaltungskennzeichnung war eines, wenn nicht das große Projekt des scheidenden Bundeslandwirtschaftsministers Cem Özdemir. Als eine der letzten Maßnahmen des Vorhabens ist die Erweiterung des bisher nur für Schweinefleisch geltenden Labels auf die Gastronomie und Außer-Haus-Verpflegung geplant.
Die Einbeziehung von Rind oder Geflügel ist nach wie vor nicht in Sicht. Für die FDP-Bundestagsfraktion war das ein Grund, sich in einer Kleinen Anfrage nach dem Stand der Umsetzung und der Rahmenbedingungen zu erkundigen.
Bund will Pflicht statt Freiwilligkeit
Die Liberalen interessierte, welchen Nutzen das Bundeslandwirtschaftsministerium in einem staatlichen Siegel sieht, im Vergleich zu den zahlreichen privatwirtschaftlichen Labels wie das der Initiative Tierwohl (ITW). Nach Auffassung des Bundes ist deren Nachteil die Freiwilligkeit. Daraus folge, dass die Reichweite der privatrechtlichen Initiativen immer von der Partizipation der Beteiligten abhänge und damit für Verbraucher sowie tierhaltende Betriebe weniger verlässlich sei.
Informationen über das Fleisch in der Gastronomie
Von der Erweiterung der Tierhaltungskennzeichnung auf die Außer-Haus-Verpflegung erhofft sich die Bundesregierung mehr Transparenz für Verbraucher in diesem Segment. Damit werde eine informierte Kaufentscheidung nicht nur im Lebensmitteleinzelhandel, sondern beispielsweise auch in der Gastronomie ermöglicht, heißt es in der Antwort.
Bislang gebe es im Bereich der Außer-Haus-Verpflegung nur wenige bis gar keine Informationen zur Haltung der Tiere, von denen die Lebensmittel stammen. Überdies werde die Leistung der Landwirte für mehr Tierschutz dann auch in diesem Bereich sichtbar.
Tatsächlich kein Preisanstieg zu erwarten?
Recht optimistisch zeigt sich der Bund, was die Umsetzung der Haltungskennzeichnung angeht: Ihm zufolge werden dadurch Haltungssysteme unabhängig von Kosten und Produktpreisen beschrieben. Daher erwartet die Bundesregierung keinen Anstieg der Endpreise für Fleischgerichte in der Gastronomie, in Kantinen, Mensen oder öffentlichen Einrichtungen infolge einer Erweiterung der Tierhaltungskennzeichnung auf die Außer-Haus-Verpflegung.
Harzer kritisiert mehr Papierkram
Die agrarpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Ulrike Harzer, sieht das anders. Für sie zeigt die Antwort des BMEL: „Landwirtschaftsminister Özdemir predigt sonntags den Bürokratieabbau, während sein Ministerium unter der Woche neue Auflagen erfindet. Besonders absurd: Das BMEL erwartet keine Auswirkungen auf die Endpreise in der Gastronomie – obwohl Betriebe künftig Fleischetiketten ausschneiden, Lieferungen minutiös dokumentieren und noch mehr Papierkram bewältigen sollen. Während die Preise für Personal, Energie und Zutaten ohnehin explodieren, käme diese zusätzliche Bürokratie einer realitätsfremden Belastung gleich.“
FDP hat Kennzeichnung in der Gastronomie blockiert
Laut Harzer geht das Ministerium im Zuge der Erweiterung der Tierhaltungskennzeichnung auf zentrale Bedenken – insbesondere zu den steigenden Kosten für Verbraucher und Gastronomen – nicht ein. Deshalb habe die FDP in der Koalition zu Recht blockiert, dass diese Belastung auf die Gastronomie ausgeweitet wird.
„Jetzt zeigt sich, warum: Das BMEL bleibt eine glaubwürdige Strategie schuldig und ignoriert offensichtliche wirtschaftliche Folgen. Eine Regierung, die derart offensiv an der Realität vorbeiregiert, ist alles – nur nicht verlässlich“, so die FDP-Politikerin.