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Bei der Vorstellung des Koalitionsvertrages am 9. April in Berlin war die Zuständigkeit für die Landwirtschaft klar geregelt. Es lag an CSU-Chef Markus Söder, auf Aspekte aus dem Kapitel Landwirtschaft hinzuweisen. Schließlich hat die CSU den Zugriff auf das künftige Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Heimat in den schwarz-roten Koalitionsverhandlungen erhalten.
Agrardiesel-Rückvergütung fest eingeplant
Söder pickte die Übereinkunft heraus, die Agrardiesel-Rückvergütung vollständig wieder einzuführen. Dazu werde es wirklich kommen, insistierte er. Um seine demonstrative Nähe zur Landwirtschaft zu unterstreichen, bediente er sich einem althergebrachten Sprichwort: "Liebe vergeht, Hektar besteht", sagte er in Bezug auf die künftige Zusammenarbeit zwischen CDU/CSU und SPD.
Konkrete Jahresmarken fehlen im Vertrag
Auffällig ist, dass Union und SPD im neuen Koalitionsvertrag mit konkreten Jahresmarken, bis wann etwas geschafft sein soll, oder messbaren Werten geizen. Das hatte die Ampel anders gemacht und für ihre Vorhaben wie die Tierhaltungskennzeichnung oder den Ausbau des Ökolandbaus (30 % bis 2030) feste Marken festgelegt. So etwas fehlt bei Schwarz-Rot.
Reform der Tierhaltungskennzeichnung ohne Ausbaustufen
Im Vergleich zum ersten Entwurf für den Koalitionsvertrag vom 26. März ist der jetzt geeinte Text an einigen Stellen schwammiger geworden. So bleibt es bei der geplanten Reform des von Ampel eingeführten Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes. Es fehlt aber die Angabe, ob es auch auf andere Tierarten als Schweine und die Gastronomie ausgeweitet werden soll.
Ähnlich ist es der Finanzierungszusage von 1,5 Mrd. € pro Jahr für den Umbau der Nutztierhaltung ergangen. Im Koalitionsvertrag steht nun „Wir stellen die notwendigen Mittel für den tierwohlgerechten Stallbau auf Grundlage staatlicher Verträge dauerhaft bereit.“ Das könnte daran liegen, dass Schwarz-Rot im allgemeinen Teil des Koalitionsvertrages alle Maßnahmen „unter Finanzierungsvorbehalt“ gestellt hatte.
Vereinfachung von Stallumbauten
Beim Stallbau sollen in den nächsten Jahren genehmigungsrechtliche Hürden fallen und ein Bestandsschutz für neu- und umgebaute Tierwohlställe für mindestens 20 Jahre gelten. Im Baugesetzbuch soll ein unkomplizierter Tierartenwechsel festgeschrieben werden. Die Herkunftskennzeichnung aus dem Ampel Koalitionsvertrag ist bei Schwarz-Rot nicht zu finden.
Düngerecht: Abschaffung der Stoffstrombilanz
Im Düngerecht legen sich CDU und SPD auf die Abschaffung der Stoffstrombilanz fest und nehmen sich ein mit der EU-Kommission vereinbartes Monitoring vor. Besonders wasserschonend wirtschaftende Betriebe in Roten Gebieten sollen von den geltenden Düngeauflagen befreit werden. Wie die Koalition das machen will, lässt sie noch offen.
Neuer Anlauf für Zulassungen im Pflanzenschutz
Der Absatz zum Pflanzenschutz kommt ohne feste Reduktionswerte aus. Es soll Anreize für Präzisionslandwirtschaft und integrierten Pflanzenschutz geben. Die neue Koalition will die Zulassungssituation von Pflanzenschutzmitteln verbessern und die behördlichen Verfahren dafür verschlanken. Das ist eine Forderung, die sich sowohl im Koalitionsvertrag der Ampel von 2021 wie auch im Koalitionsvertrag der Groko von 2018 findet.
Steuerbefreiung für alternative Kraftstoffe
Neben der Rückführung der Agrardiesel-Befreiung von der Steuer greifen CDU/CSU und SPD einen weiteren lange gehegten Wunsch aus der Landwirtschaft auf. Der Einsatz alternativer Kraftstoffe in der Land- und Forstwirtschaft soll von der Energiesteuer befreit werden. Allerdings ist die Steuerbefreiung der alternativen Kraftstoffe weicher im Koalitionsvertrag formuliert als die Rückführung der Agrardiesel-Befreiung. Beim Agrardiesel steht "wir werden" und bei den alternativen Kraftstoffen "wir wollen". SPD-Chef Lars Klingbeil hatte bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags gesagt, dass alles was unter "wir wollen" firmiert, unter Finanzierungsvorbehalt steht.
Agrarförderung auf Blühflächen und Agroforst ausgerichtet
Bei der Agrarförderung betont Schwarz-Rot, dass sie diese auf Anreize stützen will. Als konkret förderwürdig werden Blühflächen, Hecken, Feldgehölze und Grünstreifen und deren Vernetzung sowie Agroforstsysteme und die Weidetierhaltung benannt.
GAP-Budget: Schwarz-Rot vermeidet Größenangaben
Beim Ringen um das Agrarbudget aus der EU lautet die Formel von Union und SPD, dass sie sich für ein „entsprechendes GAP-Budget im nächsten EU-Finanzrahmen“ einsetzen wollen. Auffällig ist, dass das ohne eine Größenangabe stattfindet. Das war im Koalitionsvertrag der Groko 2018 noch anders, als man sich auf gleichbleibendes EU-Agrarbudget einigte. Die internationalen und europäischen Verhältnisse haben sich inzwischen geändert.
Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) soll nach dem Willen von Schwarz-Rot zumindest ein eigenständiger Politikbereich bleiben. Sie soll einkommenswirksam, bürokratieärmer, transparenter und effizienter ausgestaltet werden. Einkommensanreize für die Erbringung von Klima-, Umwelt- und Tierwohlleistungen will Schwarz-Rot in der GAP deutlich steigern. Zudem sollen Jung- und Neulandwirtinnen und -landwirte in der GAP stärker gefördert werden.
Ökolandbau: Ausbauhindernisse sollen sinken
Beim Ökolandbau fehlen im neuen Koalitionsvertrag konkrete Ausbauziele, anders als es Ampel (30 % bis 2030) und Groko (20 % bis 2030) noch festgehalten hatten. Stattdessen sollen „Hindernisse bei Erhalt und Ausbau des Ökolandbaus reduziert“ werden.
Fragen zur steuerfreien Risikoausgleichsrücklage bleiben
Ob der schon lange von der Landwirtschaft gehegte Wunsch nach einer steuerfreien Risikoausgleichsrücklage Wirklichkeit wird, wird sich vermutlich auch am Finanzierungsvorbehalt entscheiden. Im Koalitionsvertrag schreiben CDU/CSU und SPD recht verbindlich „Wir werden eine steuerliche Risikoausgleichsrücklage sowie weitere finanzielle Anreize zur Wettbewerbsfähigkeit schaffen und ausbauen“. Zudem soll eine bundesweite Förderung der Mehrgefahrenversicherung aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK) geprüft werden.
Bürokratieabbau bei Agraranträgen geplant
Dem geforderten Bürokratieabbau wollen die Koalitionäre mit einer Vereinfachung der Agraranträge nachkommen und diese auch zwischen den Ländern vereinheitlichen. Außerdem sollen bei Behörden vorliegende Daten auch für statistische Erhebungen nutzbar gemacht und damit Doppelmeldungen der Betriebe beendet werden.
Als konkretes Beispiel nennt der Koalitionsvertrag Doppelmeldungen und Aufzeichnungspflichten im Bereich der Tierarzneidatenbank, die abgeschafft und in Datenbanken zusammengeführt werden sollen.
Wettbewerbsrecht ohne Milchlieferverträge
Im Wettbewerbsrecht will sich Schwarz-Rot an die Umsetzung der EU-Richtlinie über unfaire Handelspraktiken halten, hebt aber keine konkreten Aspekte heraus. Hier hatte die Ampel noch einen Schwerpunkt für Änderungen bei den Lieferbeziehungen auf dem Milchmarkt gesetzt, woran sie nicht zuletzt am Widerstand aus der Agrarbranche gescheitert war.
Mehr Agrarexport und Votum für das Mercosur-Abkommen
Der Koalitionsvertrag enthält anders als bei der Ampel ein klares Bekenntnis zum Agrarexport und zum Erschließen neuer Märkte. Das gilt auch für Freihandelsabkommen. Im Kapitel zur Außenpolitik steht: „Das Abkommen zwischen der EU und dem Mercosur muss endlich finalisiert werden“.
BVVG-Flächen-Regeln sollen überprüft werden
Auf dem Bodenmarkt will Schwarz-Rot die von der Ampel eingeführten neuen Regeln der Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) für die Flächenverpachtung „zeitnah“ überprüfen. Damit könnte der Fokus auf die Verpachtung an vorrangig an nachhaltige und ökologisch wirtschaftende Betriebe wieder auf den Prüfstand kommen.
Zur Herstellung von Planungssicherheit sollen aber bestehende Pachtverträge für ein weiteres Jahr wirksam bleiben. Zudem sollen die BVVG-Flächen an die Länder zur Verwaltung übertragen werden. Das aktuell in Brüssel verhandelte EU-Bodengesetz lehnt Schwarz-Rot ab.
Flächenverbrauch wird nicht benannt
Mehr findet sich zum Bodenmarkt nicht im Koalitionsvertrag. An der Stelle hatte die Groko von 2018 bis 2021 noch versucht, Landwirte auf dem Bodenmarkt zu stärken und Share Deals einzuschränken. Ein Vorhaben, das auch die Ampel im Koalitionsvertrag hatte, aber nicht angefasst hat.
Ziele zur Reduktion des Flächenverbrauches gibt es in dem Koalitionsvertrag, anders als in den vorhergehenden Koalitionsverträgen, von Ampel und Groko ebenfalls nicht. Beide Vorgängerregierungen hatten noch das 30 ha-Ziel bis spätestens 2030 in ihren Verträgen.
Ausgleichsflächen sollen reduziert werden
Reduziert werden soll dagegen der Flächenanspruch für Ausgleichsflächen. Bei Maßnahmen zum Klima- und Umweltschutz sowie zur Klimaanpassung soll der naturschutzrechtliche Ausgleich reduziert werden. „Wir stärken die kluge Flächennutzung durch Doppel- und Mehrfachnutzungen (produktions- und betriebsintegrierte Kompensation)“, heißt es im Koalitionsvertrag.
Neue Züchtungstechniken bleiben unerwähnt
Ausgespart im Agrarkapitel haben die Koalitionäre das Thema Neue Züchtungstechniken (NZT). Nachdem sich die Arbeitsgruppe nicht auf eine gemeinsame Position verständigen konnte, wird das Thema nun im Wirtschaftskapitel behandelt.
„Die Biotechnologie wird als Schlüsselindustrie gefördert und ihre Anwendungen werden regulatorisch erleichtert, auch mit Blick auf die neuen genomischen Techniken“, heißt es dort. Genauso war es auch schon der Ampel ergangen, die ebenfalls keinen gemeinsamen Nenner zu den Neuen Züchtungstechniken in den Koalitionsvertrag schrieb und das Thema weitestgehend aussparte.
Obst und Gemüseanbau auf Saisonarbeitskräfte angewiesen
Den Selbstversorgungsgrad mit Obst und Gemüse will Schwarz-Rot erhöhen und dafür ein „Maßnahmenpaket Zukunft Gartenbau“ mit konkreten Schritten umsetzen. Für die dafür benötigten Saisonarbeitskräfte soll die Regelung zur kurzfristigen Beschäftigung auf 90 Tage angepasst werden.
Konfrontiert werden Landwirte mit arbeitsintensiven Kulturen hingegen von Schwarz-Rot mit einem neuen Mindestlohn. Ein Mindestlohn von 15 € sei im Jahr 2026 erreichbar, heißt es im Koalitionsvertrag.
Wölfe sollen ins Jagdrecht aufgenommen werden
Konkret wird der Koalitionsvertrag beim Umgang mit dem Wolf. Sobald die EU den Schutzstatus des Wolfes in der europäischen Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie herabgesetzt hat, soll dies unverzüglich in nationales Recht umgesetzt werden. Damit könne die Entnahme von Wölfen rechtssicher erfolgen. Zudem soll der Wolf umgehend ins Jagdrecht aufgenommen werden. Das wollte auch die Groko von 2018 bis 2021 schon, hatte aber nicht die EU-rechtliche Erlaubnis, an der die EU aktuell arbeitet.
Entlastung für den Wald in Lieferketten- und Naturschutzgesetzen
In der Waldpolitik soll die Förderung über die Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK) und der Aktionsplan Natürlicher Klimaschutz (ANK) forgeführt werden. Zudem will Schwarz-Rot in Europa darauf drängen, dass die Forstwirtschaft bei der EU-Verordnung für entwaldungsfreie Produkte entlastet wird. Erleichterungen soll es für den Forst ebenso bei der europäischen Wiederherstellungsverordnung geben.
Umsatzsteuer-Senkung für Gastronomiebetriebe kommt
Die Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie soll zum 1. Januar 2026 dauerhaft auf sieben Prozent reduziert werden. Hier legte sich die neue Koalition auf ein konkretes Datum fest.