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topplus "Politik trifft Praxis"

Konrad: "Politiker sollten nicht entscheiden, was funktioniert und was nicht"

FDP-Politikerin Carina Konrad weint Özdemirs Pflanzenschutzprogramm keine Träne nach. Im top agrar-Interview skizziert sie ihre Ideen wie sich Naturschutz und Ertragssicherheit kombinieren lassen.

Lesezeit: 5 Minuten

Am 2. Dezember ist es wieder soweit: Bei der vierten Ausgabe von "Politik trifft Praxis" diskutieren Landwirte aus ganz Deutschland gemeinsam mit Bundestagsvertretern über die drängenden agrarpolitischen Fragen beim Thema Pflanzenschutz. Die Debatte verspricht, besonders lebhaft zu werden, immerhin ist die Ampel Geschichte und der Wahlkampf hat längst begonnen. Anmeldungen sind an dieser Stelle noch möglich, die Plätze werden aber knapp.

Im Vorfeld von "Politik trifft Praxis" haben wir mit den teilnehmenden Politikerinnen und Politikern Interviews geführt. Hier die Gedanken der stellvertretenden Vorsitzenden der FDP-Bundestagsfraktion, Carina Konrad, zur Zukunft des Pflanzenschutzes.

"Mehr war mit den Grünen nicht zu erreichen"

Frau Konrad, die Ampel ist auseinandergebrochen, und mit ihr auch Cem Özdemirs „Zukunftsprogramm Pflanzenschutz“. Ist das eine gute Nachricht für die deutschen Ackerbauern?

Carina Konrad: Ja. Der Schutz von Kulturpflanzen und die Sicherung der Produktion haben für mich Priorität. Die Verlagerung der Produktion ins Ausland ist keine Lösung.

Die Verlagerung der Produktion ins Ausland ist keine Lösung.
Carina Konrad

Nicht ohne Grund haben wir Freien Demokraten in Regierungsverantwortung erfolgreich gegen pauschale Reduktionsziele durch die SUR gekämpft. Julia Klöckner hatte Glyphosat abgeschrieben, wir haben die Zulassung verlängert.

Mehr war mit den Grünen jedoch nicht zu erreichen. Pauschale Reduktionsziele sind ein Irrweg. Es muss darum gehen, Kulturpflanzen zu schützen. Dafür brauchen wir neue Wirkstoffe und mehr Forschung – das war mit SPD und Grünen nicht möglich. Die geopolitischen Veränderungen erfordern einen neuen Fokus auf stabile Ernten. Eine stabile Versorgung mit Nahrungsmitteln ist auch eine Frage der Sicherheit. Landwirtschaftliche Betriebe brauchen Erträge, um sich auf neue, moderne Technik einlassen zu können. Verbote und Beschränkungen, die stabile Erträge gefährden, sind dementsprechend logischerweise kontraproduktiv. Das Zukunftsprogramm Pflanzenschutz war nie ein Programm der Bundesregierung – es war das Wahlprogramm von Landwirtschaftsminister Özdemir. Die FDP hat dem nie zugestimmt.

Zentrales Ziel des Zukunftsprogramms war die Halbierung des chemischen Pflanzenschutzes bis 2030, wie es auch Brüssel ausgegeben hatte. Wie verträgt sich so eine Vorgabe mit liberalen Werten wie unternehmerischer Freiheit und Marktwirtschaft?

Carina Konrad: Was die CDU/CSU Politikerin Ursula von der Leyen sich dabei gedacht hat, müssen Sie sie selbst fragen. Wir Freien Demokraten haben das Ziel der Versorgungssicherheit aus der GAP nie aufgegeben und werden daran aus Überzeugung festhalten.

Den Schutz der Umwelt forcieren wir durch die Forschung und Entwicklung neuer Wirkstoffe und Verfahren, nicht durch pauschale Reduktionsziele. Ausgebildete Anwender sind geschult und können nachhaltigen Ackerbau besser umsetzen als Bürokraten in Brüssel. Statt ständig über Einschränkungen und Verbote zu diskutieren, sollten wir lieber über die Beschleunigung von Zulassungen sprechen – auch für neue Züchtungsmethoden.

Wo zieht Ihre Partei die Grenze zwischen notwendigem Artenschutz und der Einschränkung der landwirtschaftlichen Autonomie?

Carina Konrad: Die angesprochenen Zielkonflikte wurden durch den einseitigen Fokus auf Artenschutz in den vergangenen Jahren leider nicht aufgelöst, sondern verstärkt. Flächen für Biodiversität und Artenschutz zu schaffen, gelingt doch einfacher durch eine effiziente und produktive Nutzung von bestehenden Ackerflächen. Nicht die Extensivierung der Produktion schafft Raum für Natur und Artenschutz, sondern eine nachhaltige Intensivierung mit moderner Technik – vom Saatkorn, über Pflanzenschutz bis zur Erntemaschine.

Besteht nicht die Gefahr, dass Reduktionsmaßnahmen per Ordnungsrecht die Erträge und Qualitäten im Ackerbau und damit die deutsche Ernährungssicherheit gefährden?

Carina Konrad: Ja. Es macht keinen Sinn, angesichts steigender Herausforderungen im Ackerbau – durch kriegerische Auseinandersetzungen, weltweite Unruhen und rasante klimatische Veränderungen – durch Verbote und Einschränkungen Optionen zu verlieren. Die Aufgabe ist es, durch Offenheit neue Entwicklungen zuzulassen – etwa in der Digitalisierung, Automatisierung und bei Produktionsmitteltechnologien. Das ist die Wahlentscheidung, vor der die Bürger jetzt stehen: „Weiter so“ oder ein Richtungswechsel.

Das ist die Wahlentscheidung, vor der die Bürger jetzt stehen: „Weiter so“ oder ein Richtungswechsel.
Carina Konrad

Können biologische Pflanzenschutzmittel, Biostimulanzien und Präzisionslandwirtschaft aus Ihrer Sicht eine ernsthafte Alternative zu herkömmlichen Methoden sein? Ist das mehr Wunschdenken von außenstehenden Politikern oder tatsächlich praktikabel für landwirtschaftliche Betriebe, auch finanziell?

Carina Konrad: Politiker sollten nicht entscheiden, was funktioniert und was nicht – dazu fehlt ihnen in der Regel die praktische Erfahrung. Deshalb plädiere ich dafür, alle Möglichkeiten zuzulassen und die Landwirte selbst entscheiden zu lassen, was zu ihren Betrieben passt.

Welche progressiven Ideen und Lösungsansätze sehen Sie sonst noch, die sowohl den ökologischen Anforderungen als auch den praktischen Bedürfnissen der Landwirte gerecht werden?

Carina Konrad: Die Biotechnologie, insbesondere in der Züchtung neuer Pflanzensorten, eröffnet enorme Potenziale für die Landwirtschaft. Diese Methode bietet die Chance, Pflanzen widerstandsfähiger gegen Wetterextreme und Schädlinge zu machen und auch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren. Wir müssen uns für diese Innovationen öffnen. Unbegründete Angst vor neuen Technologien ist kein guter Ratgeber – sie bremst uns aus, wo wir dringend Fortschritt brauchen.

Ein Blick ins Ausland zeigt, wie es geht: In Finnland erkennen sogar die Grünen die Notwendigkeit neuer Züchtungsmethoden an und befürworten pragmatische Ansätze. Das zeigt, dass es möglich ist, ideologische Scheuklappen abzulegen und mutige Entscheidungen zu treffen. Es geht hier nicht um ein „Entweder-oder“, sondern darum, wissenschaftliche Erkenntnisse und Innovationen verantwortungsvoll zu nutzen, um Herausforderungen wie Ernährungssicherheit und Klimawandel zu bewältigen. Statt Blockaden brauchen wir den Willen, gemeinsam nach vorne zu gehen – mit Offenheit und Vertrauen in den technologischen Fortschritt.

Statt Blockaden brauchen wir den Willen, gemeinsam nach vorne zu gehen – mit Offenheit und Vertrauen in den technologischen Fortschritt.
Carina Konrad

Cem Özdemir hat eine Pflanzenschutzabgabe mittelfristig nicht ausgeschlossen. Würden die Liberalen in einer neuen Bundesregierung da mitgehen?

Carina Konrad: Nein. Warum sollte man Betriebsmittel noch teurer machen? Das nützt nur dem Staatshaushalt, und der hat kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem – im Gegensatz zu den landwirtschaftlichen Betrieben. Wer die Kosten für die Betriebe erhöhen will, um Lenkungswirkungen zu erzielen, die der eigenen urbanen Wählerschaft gefallen, trägt die Schuld daran, dass die Preise für Lebensmittel weiter steigen, obwohl sie eigentlich sinken müssten. Das spielt den Populisten in die Hände – da mache ich nicht mit.

Vielen Dank für das Gespräch!

 

 

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