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topplus Küchentischgespräche

Landwirt konfrontiert Habeck: Wo bleibt der frische Wind?

Tilo von Donner hat Robert Habeck zum Küchentischgespräch eingeladen. Obwohl sie längst nicht bei allen Themen auf einer Linie liegen, ist Donner froh, den Grünenpolitiker auf dem Hof gehabt zu haben.

Lesezeit: 6 Minuten

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ist Kanzlerkandidat der Grünen im vorgezogenen Bundestagswahlkampf. Ein wichtiger Teil seiner Kampagne sind „Küchentischgespräche“ mit ganz normalen Bürgern.

Einer davon ist der Landwirt Tilo von Donner. Er bewirtschaftet den Hof Breiteneiche im Landkreis Plön, hält auf knapp 100 ha Mastrinder, demnächst Masthähnchen und bietet Lohnarbeiten an. Von Donner hat Robert Habeck an seinen Küchentisch eingeladen und der Spitzenpolitiker kam am vergangenen Sonntag tatsächlich.

top agrar hat im Anschluss mit Tilo von Donner gesprochen und seine Meinung über Robert Habeck und das Treffen mit dem Kanzlerkandidaten der Grünen eingeholt. Kurz zusammengefasst: Für von Donner hat das Gespräch mit Habeck gezeigt, dass Dialog der erste Schritt zu echtem Verständnis sein kann.

 „Er hat sich wirklich Zeit genommen.“

top agrar: Herr von Donner, Sie hatten Robert Habeck zum Küchentischgespräch auf Ihrem Hof. Wie kam es überhaupt dazu?

Tilo von Donner: Ich habe auf Instagram das erste Küchentischgespräch von Robert Habeck gesehen. Das Konzept gefiel mir sehr, denn ich bin der festen Überzeugung, dass es viel mehr Dialog von „unten nach oben“ braucht. Daran fehlt es heute viel zu oft auch in der Landwirtschaft. Und das trägt auch zur Politikverdrossenheit bei.

Ich bin der festen Überzeugung, dass es viel mehr Dialog von „unten nach oben“ braucht
Tilo von Donner

So ein Format wie das von Robert Habeck ist nach meiner Überzeugung ein guter Ansatz. Deshalb habe ich mich per E-Mail für ein Küchentischgespräch beworben. Ich hätte übrigens auch gerne mit Friedrich Merz oder Olaf Scholz gesprochen, aber die bieten solche Formate nicht an.

Vorher habe ich mich natürlich mit meiner Frau besprochen. Leider besteht in der aktuellen Zeit die Gefahr der Anfeindung, wenn man sich aus dem privaten Raum heraus bewegt. Das besorgt mich. Aber die Gelegenheit, unsere landwirtschaftlichen Anliegen direkt mit einem Kanzlerkandidaten zu besprechen, wollte ich nicht verpassen.

 War es tatsächlich Ihr Küchentisch oder wurde alles neu arrangiert?

Tilo von Donner: Das war unser Küchentisch. Wir haben die Küche natürlich vorher auf Vordermann gebracht.

Wie lange war Robert Habeck auf Ihrem Betrieb und wie lief das Gespräch ab?

Tilo von Donner: Robert Habeck ist am Sonntagnachmittag zu uns gekommen und wir sind direkt ins Gespräch eingestiegen. Vorher habe ich ihm das „Du“ angeboten, so macht man das bei uns im Norden. Geredet haben wir mehr als eine Stunde – er hat sich wirklich Zeit genommen und viel nachgefragt. Er wollte wirklich wissen, was im Berufsstand gerade los ist.

Worüber haben Sie sich unterhalten?

Tilo von Donner: Ich baue gerade mit meinem Nachbarn einen Hähnchenmaststall mit 30.000 Plätzen in Haltungsform 3. Das Thema kam gleich als Erstes auf den Tisch. Er wollte wissen, wie die Tiere gehalten werden, welche ökonomischen Entscheidungen dahinter stecken und welche Vermarktungschancen sich mit Tierwohl ergeben.

Länger gesprochen haben wir auch über die Rinderhaltung. Ich habe ihm erzählt, dass ich es falsch finde, dass Kühe immer wieder als „Klimakiller“ bezeichnet werden.

Ich habe ihm erzählt, dass ich es falsch finde, dass Kühe immer wieder als „Klimakiller“ bezeichnet werden.
Tilo von Donner

Nach meiner Überzeugung sind sie gerade auf unseren Grünlandstandorten unverzichtbar für natürliche Kreisläufe und die Biodiversität. Habeck sieht das ganz ähnlich wie ich.

Mercosur war auch Thema. Hier merkte man, dass Robert Habeck so ein Freihandelsabkommen als Bundeswirtschaftsminister sehr positiv einschätzt. Er hat betont, dass die sensiblen Agrarbereiche durch das Abkommen wirksam geschützt werden müssen. Darüber sei sich die Bundesregierung mit der EU Kommission einig. Die Auswirkungen auf die Landwirtschaft hält er für eher überschaubar, weil auch für Importe EU-Standards gelten und es klare Mengenbegrenzungen gibt.

Ich bin da hin- und hergerissen. Gerade auch, was die unterschiedlichen Produktionsstandards angeht. Wir müssen aufpassen, dass wir unsere Landwirtschaft nicht einer Konkurrenz unter unseren Produktionsstandards aussetzen, was letztlich zur Abwanderung der eigenen Produktion und zu neuen Abhängigkeiten führt. Herr Habeck hat meine Sorgen verstanden und deutlich gemacht, dass auch in Zukunft alle Importe weiterhin die Standards der EU erfüllen müssen. Sowohl bei der Produkt- und Lebensmittelsicherheit als auch bei Tier- und Pflanzengesundheit.

Hatten Sie noch anderen Gesprächsstoff?

Tilo von Donner: Worüber wir noch gesprochen haben, waren die von unseren Behörden sehr eng ausgelegten EU-Regelungen für den Kuchenverkauf von Vereinen wie den LandFrauen. Dazu gab es letztens einen krassen Fall in Bordesholm. Das ist ein Wahnsinn und betrifft ja nicht nur Torten. Wir hatten am Wochenende Lichterfahrt im Ort. Zwei Nachbarn haben spontan einen Grill aufgestellt, Bratwurst und Punsch gespendet und dabei für einen guten Zweck Geld gesammelt. Am Ende kamen 700 € für die Kinderkrebshilfe zusammen. So etwas steht auf dem Spiel, wenn die Ämter hier mit einer Vielzahl von Regeln kommen. Das hat Habeck sehr ernst genommen. Er hat klar gemacht, dass es ehrenamtliches Engagement braucht und es unsere Gesellschaft zusammenhält – und dass das nicht an praxisfernem Verwaltungshandeln scheitern darf.

Hatten Sie das Gefühl, es ist ein Showtermin oder hat Habeck echtes Interesse für Sie und Ihre Sorgen mitgebracht?

Tilo von Donner: Das Interesse war echt. Das hat man auch im Anschluss an das Gespräch gesehen. Wir haben uns noch eine ganze Weile weiter unterhalten, obwohl Habecks Wahlkampfmanager gedrängelt hat. Auch für meine Frau und meine Tochter hat er sich Zeit genommen und über die Schule geredet. Wir sind dann noch in den Pferdestall, Esel streicheln. Ich hatte am Ende wirklich nicht das Gefühl, es gehe hier nur darum, schnell einen Werbespot zu drehen und dann zum nächsten Termin zu rasen.

Hat das Treffen mit Robert Habeck Ihre Wahlentscheidung beeinflusst?

Tilo von Donner: Auf die eine oder andere Art hat das sicherlich Einfluss auf meine Überlegungen zur Bundestagswahl. Stand heute könnte ich aber nicht sagen, wo ich mein Kreuz setze.

Stand heute könnte ich aber nicht sagen, wo ich mein Kreuz setze.
Tilo von Donner

Rein als Mensch ist mir Robert Habeck sympathisch. Ich kenne ihn ja auch noch als ehemaligen Landwirtschaftsminister von Schleswig-Holstein. Schon damals hat er auf Dialog und Interessenausgleich gesetzt, um zu breit getragenen Lösungen zu kommen. Das gefiel mir immer gut. Mit den Küchentisch-Gesprächen setzt er diesen Politikstil jetzt fort.

Wenn ich auf die politischen Inhalte schaue, dann tue ich mich momentan aber mit allen Parteien schwer. Seien wir doch mal ehrlich: Man hat inzwischen die Nase voll von dieser verkrusteten Politik. Ein Olaf Scholz oder ein Friedrich Merz sind seit Jahrzehnten Teil des Postengeschachers in der Politik. Das hat nichts mit frischem Wind zu tun. Den brauchen wir aber genauso wie mehr fachliche Kompetenz in der Politik.

Vielen Dank für das Gespräch!

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