Dieser Beitrag ist zuerst erschienen im "Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben".
Steht die größte Umweltbehörde des Landes NRW vor einer Aufspaltung? Diese Frage wirft ein Gesetzentwurf der Landesregierung auf, der zurzeit Fachleute aus Landwirtschaft, Forst, Jagd und Umwelt beschäftigt. Es geht um das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz, kurz LANUV. Die Landesregierung will die Aufgaben des LANUV auf zwei Behörden übertragen – analog zu den beiden Ministerien für Umwelt unter Oliver Krischer und Landwirtschaft unter Silke Gorißen. Dieser Zuschnitt war mit Arbeitsbeginn der schwarz-grünen Koalition Ende Juni 2022 aus dem ursprünglichen Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur und Verbraucherschutz entstanden. Bis dahin waren die Belange von Umwelt und Landwirtschaft unter einem Ministeriumsdach vereint. Und zwar seit 1985.
Mehr als zwei Jahre nach der Aufsplittung des Ministeriums ploppte im NRW-Landtag Mitte November 2024 der besagte Gesetzentwurf als Drucksache 18/11261 in erster Lesung auf. Die 18. Wahlperiode des nordrhein-westfälischen Landtags näherte sich da schon der Halbzeit. Seitdem tauschen Gegner und Befürworter Argumente aus. Vergangene Woche stimmte der zuständige Landtags-Ausschuss mit den Stimmen der Abgeordneten von CDU und Grünen in seiner Beschlussempfehlung für die Annahme des Gesetzentwurfes. In welche Richtung könnte die Behörde nun steuern und wie sind die Kosten dafür einzuschätzen?
Nationalpark als Chefsache
Wer ein paar Jahrzehnte zurückschauen kann, weiß: Das LANUV wurde 2007 unter großen Debatten im Rahmen einer Verwaltungsstrukturreform gegründet. Die Landesregierung stellt sich die Teilung des bisherigen LANUV laut Gesetzentwurf so vor:
Ein neu zu gründendes Landesamt für Verbraucherschutz und Ernährung (LAVE) wird dem Landwirtschaftsministerium zugeordnet und übernimmt Aufgaben des Verbraucherschutzes, der Lebensmittelsicherheit, der Tiergesundheit und des Tierschutzes, des Agrarmarktes, der Jagd und Fischerei sowie den Bereich Ernährung.
Die zweite Behörde ist dem Umweltminister unterstellt und soll LANUK heißen, mit Betonung auf Natur, Umwelt und Klima. Sie übernimmt den weitaus größeren Teil der bisherigen Abteilungen und Aufgaben wie Naturschutz, Landschaftspflege, Umweltschutz, Klima, Umweltbildung, Luftqualität, Wasserwirtschaft und Gewässerschutz und Umweltanalytik. Neu hinzukommen soll das Nationalparkforstamt Eifel. Bisher ist es eines von 16 Forstämtern des Landesbetriebs Wald und Holz NRW. Der Hintergrund: In der Eifel befindet sich der einzige Nationalpark des Landes. Nationalparke sollen als eigenständige Abteilung im neuen LANUK etabliert werden. Sie werden damit Chefsache.
Hoffnung auf mehr Nähe
Der Rheinische Landwirtschafts-Verband (RLV) mit Präsident Bernhard Conzen an der Spitze spricht sich für die Aufsplittung des LANUV aus. Conzen war Mitte Januar als Sachverständiger für die Landwirtschaft vom Landtags-Ausschuss für Umwelt und Landwirtschaft zu dem Gesetzentwurf befragt worden. In einer vorab formulierten Stellungnahme spricht sein Verband von grundsätzlich zuverlässiger Arbeit des LANUV, sieht aber die Neuordnung als notwendig an, um „eine Klarheit der Zuständigkeit“ zu schaffen und „ein effizientes Erledigungsmanagement der zugeordneten Aufgaben“ sicherzustellen.
Vor dem zuständigen Landtags-Ausschuss konkretisierte der RLV-Präsident: Eine Trennung der Aufgaben, die früher unter einem Kopf gebündelt waren, könnte hilfreich sein, um die Zuarbeit zum Landwirtschaftsministerium zu stärken. Wörtlich sagte Conzen: „Insbesondere bei der Seuchenbekämpfung können wir uns kein Kompetenzgerangel erlauben, wer zuständig oder nicht zuständig ist. Vielmehr müssen Entscheidungen innerhalb von zwei, drei Stunden getroffen werden, um zu schnellen Lösungen zu kommen.“ Auf Nachfrage von Ausschussmitgliedern nannte der RLV-Präsident keine konkrete Kritik am Seuchenmanagement des LANUV.
„Insbesondere bei der Seuchenbekämpfung können wir uns kein Kompetenzgerangel erlauben, wer zuständig oder nicht zuständig ist."
Auch die Präsidentin des Landesjagdverbandes Nicole Heitzig steht der Aufsplittung des LANUV positiv gegenüber. Sie erhofft sich davon, dass beispielsweise die beim LANUV angesiedelte Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadenverhütung aufgewertet wird. Sie merkte in der Anhörung auch an, dass jagdliche Anfragen an das LANUV, etwa zur Aufhebung von Schonzeiten bei übermäßigen Schäden durch Tauben und Wildgänse in den vergangenen Jahren im Sande verlaufen seien.
Unnötiges Aufblähen
Gegen die Aufsplittung positionierte sich bei der Sachverständigen-Anhörung der Bund deutscher Forstleute mit seinem Landesvorsitzenden Fred Josef Hansen. Der Grünen-Politiker und ehemalige Landtagsabgeordnete hat selbst viele Jahre beim Landesbetrieb Wald und Holz in verschiedenen Positionen gearbeitet. Er fordert: Die Interessen von Forst und Naturschutz sollten weiterhin unter dem Dach des bestehenden LANUV vereint bleiben. Die neu geplante Nationalpark-Abteilung lehnt sein Verband kategorisch ab: „Da es absehbar keinen zweiten Nationalpark in NRW geben wird, ist ein Aufblähen der Bürokratie für lediglich einen Nationalpark angesichts der schwierigen Haushaltslage des Landes nicht zu rechtfertigen.“
"Ein Aufblähen der Bürokratie für lediglich einen Nationalpark ist angesichts der schwierigen Haushaltslage des Landes nicht zu rechtfertigen."
Auch der nordrhein-westfälische Bund der Steuerzahler kritisiert die Schaffung eines zusätzlichen Landesamtes scharf. „Strukturreformen sollten eine effizientere Verwaltung schaffen und keine unnötige Bürokratie aufbauen“, mahnt Rik Steinheuer, Vorsitzender des Verbandes in einer Pressemitteilung. In seiner Stellungnahme als Sachverständiger bei der Anhörung im zuständigen Landtagsausschuss nennt er Zahlen: Das zusätzliche Landesamt wird eine eigene Leitung und eine Zentral-Abteilung für die Personalplanung, die Haushaltssteuerung und andere Querschnittsaufgaben benötigen. Im Haushalt 2025 werden deshalb neun zusätzliche Stellen zur Gründung des LAVE veranschlagt, was zusammen mit den zusätzlichen Verwaltungsausgaben zu Ausgaben in Höhe von 840.100 € führt.
„Strukturreformen sollten eine effizientere Verwaltung schaffen und keine unnötige Bürokratie aufbauen.“
Für die Umsiedlung des Nationalparkforstamts in das zukünftige LANUK sind sechs neue Stellen und insgesamt 519.100 € im Haushalt 2025 eingeplant. Insgesamt ergeben sich damit zusätzliche Kosten für den Haushalt 2025 in Höhe von rund 1,4 Mio. €. „Aus Sicht des Bundes der Steuerzahler Nordrhein-Westfalen war die Aufgabenzuteilung auf die Ministerien im Jahr 2022 sehr unglücklich und sollte spätestens nach der nächsten Landtagswahl rückgängig gemacht werden“, bilanziert der Verband.
Die zweite Lesung des Gesetzentwurfes steht nach Redaktionsschluss dieses Wochenblatts am 19. Februar 2025 auf der Tagesordnung des Landtags. Die Abgeordneten können eine dritte Lesung des Entwurfes beantragen.