Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Meinung & Debatte
Newsletter
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bundestagswahl 2025 Maul- und Klauenseuche Gülle und Wirtschaftsdünger

Lindners Wirtschaftswende

Was bedeutet Lindners Papier für Landwirtschaft und Erneuerbare in Deutschland?

Ein geleaktes Papier von Finanzminister Lindner deckt Schwächen der deutschen Wirtschaftspolitik auf und fordert eine drastische Wirtschaftswende.

Lesezeit: 5 Minuten

Dass in der Ampel nicht alles reibungslos läuft, ist schon seit Jahren kein Geheimnis. Nun sorgt ein – von wem auch immer – durchgestochenes Papier von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) für neuen Zündstoff. Denn: Das Papier hat es in sich – nicht nur politisch, sondern auch in seiner Konsequenz für die Wirtschaft und die Erneuerbaren.

Lindner kritisiert „Sonderweg beim Klimaschutz“

Lindner macht darin nichts weniger als festzustellen, dass die Politik der Bundesregierung die Wirtschaft in Deutschland schwächt. Insbesondere attestiert er der Bundesrepublik einen „Sonderweg beim Klimaschutz“, eine geringe Arbeitsproduktivität, einen gewaltigen Investitionsstau und eine besondere Schutzlosigkeit der heimischen Ökonomie vor weltweiten wirtschaftspolitischen Entwicklungen.

Günstige Faktoren wie niedrige Zinsen und wirtschaftliche Sonderprogramme aus Zeiten der Euro- oder Coronakrise sind vorbei, deshalb fordert Lindner nun eine „Wirtschaftswende“ und eine grundlegende Revision politischer Leitentscheidungen, „um Schaden vom Standort Deutschland abzuwenden“.

Dazu zählt der Finanzminister:

  • Eine Verringerung des gesamtstaatlichen Ausgabenwachstums und den Erhalt der Schuldenbremse

  • Die Priorisierung von Investitionen in Infrastruktur, Digitalisierung und Bundeswehr

  • Den Verzicht auf die Einrichtung zusätzlicher großer Sondervermögen mit eigener Kreditermächtigung, was beispielsweise Bundeswirtschaftsminister Habeck (Grüne) für ein Wirtschaftsförderprogramm vorgeschlagen hatte

  • Technologieoffenheit und die Rückbesinnung auf die Grundsätze der Sozialen Marktwirtschaft, was gleichzeitig den Verzicht auf „staatliche Feinsteuerung über kreditfinanzierte Subventionen und selektive Regulierungen“ beinhalten sollte.

Wie aber würde Lindner der deutschen Wirtschaft wieder auf die Beine helfen?

Kurz- und mittelfristig:

  • Sofortiges Moratorium zum Stopp aller neuen Regulierungen

  • Erleichterung von den Nachweis- und Berichtspflichten des „Green Deal“, perspektivisch soll Deutschland mit anderen EU-Mitgliedsstaaten auf die Abschaffung der EU-Taxonomie, der EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive), der EU-Lieferkettenrichtlinie (Corporate Sustainability Due Diligence Directive) und des Aktionsplans für Kreislaufwirtschaft hinarbeiten

  • Einstieg in die Abschaffung des Solidaritätszuschlags und Senkung der Körperschaftsteuer

  • Als Sofortmaßnahme sollte der Solidaritätszuschlag, der überwiegend von Unternehmen, Selbständigen, Freiberuflern sowie Hochqualifizierten gezahlt wird, entfallen.

Darüber hinaus fordert der FDP-Chef:

  • Europäische Klimapolitik statt deutschem Sonderweg

  • Ersetzen der nationalen durch die europäischen Klimaziele

  • Abschaffung von unnötigen klimapolitischen Regulierungen und Subventionen

  • Abschaffung aller sektorbezogenen Ziele

  • Verschiebung der Vorgaben im Gebäudeenergiegesetz, ab dem alle Heizungen klimaneutral sein müssen um fünf Jahre

Keine EEG-Subventionen mehr

Weitere Forderungen: Ausstieg aus der Subventionierung Erneuerbarer Energien und Anpassung der Netzausbaupläne

Nach Ansicht von Lindner hat die im Trend zunehmende Förderung der Erneuerbaren Energien (EEG) mittlerweile „untragbare finanzielle Dimensionen“ erreicht, obwohl diese Förderung in einem europäischen Emissionshandelssystem nicht zu zusätzlichen Emissionseinsparungen führe. Daher sollten die staatlich garantierten Ausbaupfade sowie Vergütungen in den nächsten Jahren auf null abgesenkt werden. Mit der Änderung des EEG sollten zugleich die Netzausbaupläne angepasst werden. Die derzeit betrachteten Szenarien bilden laut Lindner eine technologieoffene Energieversorgung nicht ausreichend ab und führen zu übermäßigen Netzausbaukosten.

Mehr Technologieoffenheit und Ende des KTF

Der Bundesfinanzminister fordert zudem mehr Technologieoffenheit auch im Klimaschutz. Er plädiert beispielsweise für Carbon Capture and Storage (CCS), also die Speicherung von CO2 auch an Land. Ferner sollte die heimische Erdgasförderung ausgebaut werden, um die Gasversorgung zu diversifizieren.

Hier hört es aber nicht auf. Lindner plädiert als oberster Haushälter auch für die Reduktion „ineffizienter Subventionen“. Damit meint er Subventionen wie die 10 Mrd. € für Intel, die nach seiner Auffassung nicht nur verschoben werden, sondern ganz entfallen sollten. Weitere ähnlich aufgesetzte Subventionsvorhaben sollten ihm zufolge, wo möglich, wieder abgesagt werden.

Plus: Eine generelle Umorientierung weg von Subventionen für einzelne Unternehmen hin zur Verbesserung der allgemeinen Rahmenbedingungen. Im Endeffekt könnte laut Lindner bei Anpassung und Abschaffung (unnötigen) klimapolitischen Regulierungen klimapolitisch motivierte Dauersubventionen abgeschafft und sogar der Klima- und Transformationsfonds (KTF) aufgelöst werden. Zudem sollten für die Internationale Klimafinanzierung weniger Mittel aus dem Haushalt zur Verfügung gestellt werden.

Einschätzung: Macht FDP-Chef Lindner auf Lambsdorff 2.0?

Christian Lindner hat ein Papier vorgelegt, das in weiten Teilen eine totale Abkehr von der bisherigen Ampelpolitik und sogar zentralen Projekten der Ära Merkel bedeutet. Das ist vom Ansatz her mutig und wirtschaftspolitisch womöglich sogar dringend erforderlich, hat aber kaum Chancen auf Realisierung innerhalb der amtierenden Bundesregierung. Mit dem faktischen Ende des EEG, einer Einführung von CCS und Fracking oder weiteren Forderungen nach einer „Wende in der Asyl- und Arbeitsmarktpolitik“ rührt Lindner an Grundpfeiler der grünen und sozialdemokratischen Politik. Deren Vertreter können darauf nicht eingehen, ohne den eigenen Weg der letzten Jahre und Jahrzehnte für falsch zu erklären.

Das werden sie nicht tun, weshalb Lindners Papier an das eines seiner Vorgänger erinnert. Otto Graf Lambsdorff hatte als FDP-Vorsitzender 1982 ein Dokument von ähnlicher Tragweite vorgelegt und damit das Ende der Bundesregierung unter Kanzler Helmut Schmidt eingeläutet. Denn auch damals konnte der Sozialdemokrat Schmidt auf die Forderungen in dem Papier nicht eingehen. Anders als Lindner hatte Lambsdorff damals allerdings Umfragewerte von deutlich oberhalb der Fünf-Prozenthürde und die Aussicht auf eine Koalition mit Helmut Kohl. Sollten die Ampel-Koalitionäre nun keinen gemeinsamen Nenner finden und das schon oft vorhergesagte vorzeitige Aus der aktuellen Bundesregierung nun doch kommen, bleibt der Lindner-FDP nach aktuellem Stand nur der Gang in die außerparlamentarische Opposition – dann aber zumindest mit erhobenem Kopf. Ist das vielleicht der Gedanke dahinter?

Ihre Meinung ist gefragt

Was denken Sie über dieses Thema? Was beschäftigt Sie aktuell? Schreiben Sie uns Ihre Meinung, Gedanken, Fragen und Anmerkungen.

Wir behalten uns vor, Beiträge und Einsendungen gekürzt zu veröffentlichen.

Mehr zu dem Thema

vg-wort-pixel
top + Wissen, was zählt.

Voller Zugriff auf alle Beiträge, aktuelle Nachrichten, Preis- und Marktdaten - auch in der App.

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

E-Mail-Adresse

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.