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Konjunkturbarometer

Deutsches Agribusiness muss Umsatzrückgang um 3 % hinnehmen

Während die Fleisch- und Milchwirtschaft weiter die Zugpferde des deutschen Agribusinesses sind, stürzt die Absatzzschwäche der Landtechnikbranche den Gesamtkurs ins Minus.

Lesezeit: 11 Minuten

Der Umsatz sinkt, die Aussichten trüben sich ein: 285 Mrd. € Umsatz erzielte das deutsche Agribusiness im Jahr 2024, ein Minus von voraussichtlich fast 3 % im Vergleich zum Jahr zuvor. Trotzdem bleibt die Branche hierzulande mit einem Anteil von mehr als 13 % der zweitstärkste Sektor im verarbeitenden Gewerbe. Das stellt das neue Konjunkturbarometer Agribusiness 2025 von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY und den Universitäten Göttingen und Gießen fest.

Die Ernährungsindustrie ist dabei der mit Abstand umsatzstärkste Bereich im Agribusiness: 230 Mrd. € – und damit 81 % des Umsatzes – wurden in diesem Sektor erzielt.

Den größten Anteil an diesem Ergebnis hatten die Fleisch- (51,3 Mrd. €) und die Milchwirtschaft (39 Mrd. €). Dahinter folgt die Landtechnik mit einem Umsatz von mehr als 12 Mrd. €. Der Sektor Ernährung ist mit knapp 664.000 Mitarbeitern der beschäftigungsstärkste Bereich im Agribusiness.

Nur in zwei Sektoren stiegen in den vergangenen zwölf Monaten die Umsätze: Die Milchwirtschaft erzielte ein Plus von 1,6 %, die Fleischindustrie verzeichnete einen Umsatzzuwachs von 2,6 %. Die Umsätze in der Ernährungsindustrie sanken insgesamt um 0,1 %. Deutlich schwerer war die Marktlage 2024 für den Bereich Landtechnik (minus 20 %) und die Düngemittelindustrie (minus zwölf Prozent).

Man kann in Teilen von einer Deindustrialisierung sprechen
Dr. Christian Janze

Herausfordernde Zeiten, wie Dr. Christian Janze, Partner bei EY, der Branche attestiert: „Aktuell kommen viele Faktoren zusammen, die zu einer insgesamt negativen Gemengelage im Agribusiness führen. Viele Landwirtinnen und Landwirte litten in den vergangenen zwölf Monaten unter mangelnder Planungssicherheit, auch aufgrund der zunehmenden Komplexität regulatorischer Prozesse und der aktuellen politischen Gestaltung der Rahmenbedingungen für das Agribusiness in Deutschland.

Besonders schwer tut sich derzeit der Bereich Landtechnik: Hier hatten Landwirte mit einem nassen Frühjahr 2024 und schwierig zu befahrenden Flächen zu kämpfen, was die Nachfrage nach Landtechnik dämpfte. Darüber hinaus lässt das anhaltend hohe Zinsniveau landwirtschaftliche Betriebe bei Investitionen zögern.“

Wir müssen uns auf den Aufbau neuer Wertschöpfungsketten konzentrieren
Janze

Und schließlich sei der Markt aufgrund hoher Investitionen nach Corona in gewissem Maße gesättigt, so Janze. Zwar seien die Beschäftigungszahlen in der Landtechnik – wie auch in den anderen Sektoren – aktuell stabil, wie lange dies aber noch so bleibe, sei schwer zu sagen, mahnt Janze: „Die Absatzkrise, die schon das vergangene Jahr geprägt hat, hält den Sektor weiter fest im Griff. Weil kaum Besserung in Aussicht ist, mussten zahlreiche Unternehmen ihre Angestellten in Kurzarbeit schicken. Sollte es hier zu dauerhaften Abbaumaßnahmen kommen, wird die Stimmung noch schlechter.“

„Die Situation im Agribusiness bleibt schwierig“, urteilt auch Dr. Stefan Seifert von der Universität Göttingen: „Hoffnung auf eine deutliche und dauerhafte Verbesserung der wirtschaftlichen Lage hatten die meisten Landwirtinnen und Landwirte ohnehin nicht, umso ernüchternder waren die vergangenen zwölf Monate: Extreme Wetterereignisse stellten die Branche vor enorme Herausforderungen, gleichzeitig bleiben die Kosten für Rohstoffe, Energie und Arbeitskräfte hoch.“

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Entwicklungen im Detail

Absatzkrise in der Landtechnik

Nach Rekorderlösen im Jahr 2023 geriet der Absatz von Landmaschinen in den vergangenen zwölf Monaten ins Stocken: Lag der Gesamtumsatz 2023 noch bei 15,4 Mrd. €, rutschte er auf 12,2 Mrd. € im Jahr 2024 ab – ein Minus von 3,2 Mrd. €.

Besonders betroffen: der Export, der um 2,7 Mrd. € (minus 22 %) einbrach. Janze: „Der Landmaschinensektor hat sich in den vergangenen Jahren klar exportorientiert entwickelt. Der Krieg in der Ukraine hat die Unternehmen getroffen, da wichtige Abnehmer über Nacht wegfielen. Zwar gibt es auch andere interessante Zukunftsmärkte mit enormem Wachstumspotential, beispielsweise China, Nord- und Südamerika. Allerdings lag der Fokus der deutschen Hersteller in den vergangenen Jahren nicht in diesen Regionen, sodass die internationale Konkurrenz hier die Nase vorn hat.“ Doch auch in Deutschland ging der Umsatz des Sektors zurück, auf 0,45 Mrd. € (minus 13 %).

Stabil bleibt dagegen die Zahl der Beschäftigten im Sektor – auch wenn zahlreiche Betriebe ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken mussten oder dies planen. Fakt ist: Seit 2014 wuchs die Zahl der Beschäftigten in der Landtechnik hierzulande um fast 11.000 Personen, was einem Wachstum von rund 30 % entspricht. Die Zahl der Betriebe blieb in den vergangenen Jahren weitgehend konstant und liegt weiterhin bei etwa 194 Betrieben mit mehr als 50 Mitarbeitenden.

Ernährungsindustrie: Stabiler Umsatz, steigender Anteil

230 Mrd. € Umsatz erzielte die Ernährungsindustrie voraussichtlich in den vergangenen zwölf Monaten – und damit genauso viel wie im Jahr 2023. Der Anteil des Sektors am gesamten Agribusiness liegt aktuell bei 87 %, damit ist sie die mit Abstand größte Teilbranche.

54 Mrd. € (23,6 %) des Umsatzes wurden durch den Export realisiert – ein erneuter Anstieg, nachdem sowohl Gesamtumsatz als auch Exportquote bis einschließlich 2021 nahezu stagnierten. Allerdings: Dieser Anstieg ist auch im Jahr 2024 vorwiegend preisgetrieben, die Verbraucherpreise – speziell für frische Lebensmittel – lagen auch im Jahr 2024 auf einem hohen Niveau.

Die Anzahl der Betriebe blieb exakt gleich: 6.112 Betrieben im Jahr 2023 steht 2024 die gleiche Anzahl gegenüber. Die Zahl der Beschäftigten wuchs dagegen prognostiziert um mehr als 16.000 auf mehr als 664.000 Mitarbeitende.

Positiv: Die Geschäftserwartungen sind aktuell im Vergleich zum Jahr davor deutlich besser. Allerdings bleiben Unsicherheiten – hinsichtlich der zukünftigen Energieversorgung, der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung und der zukünftigen Konsumentscheidungen. Seifert: „Die Erzeugerpreise blieben 2024 auf einem hohen Niveau.“

Im März 2022, mit Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine, stiegen diese stark an. Ein Rückgang auf das Vorkriegsniveau sei aktuell nicht in Sicht, so Seifert: „Der Agribusiness-Sektor ist stark von Preis- und Mengeneffekten beeinflusst, die sich auf die Rentabilität und Stabilität der Branche auswirken. Hohe Preise können zu höheren Einnahmen für Landwirte führen, jedoch auch die Produktionskosten erhöhen, wenn beispielsweise die Preise für Düngemittel oder Saatgut steigen.“

Fleischwirtschaft mit einem Umsatz von mehr als 50 Mrd. €

Stetiger Anstieg seit 2021: Nachdem der Umsatz im Jahr 2021 deutlich zurückgegangen war, konnte die Fleischwirtschaft seitdem an Umsatz zulegen – ein Trend, der sich auch 2024 fortsetzte: Aktuellen Prognosen zufolge steigt der Umsatz des Sektors um 1,3 Mrd. € (plus 2,6 %) auf 51,3 Mrd. €. Die Exportquote lag dabei bei 22 %, ein Rückgang um einen Prozentpunkt im Vergleich zum Vorjahr.

Die Zahl der Beschäftigten liegt aktuell bei 146.000 – und ist damit im dritten Jahr in Folge gesunken. Auch die Zahl der Betriebe ging leicht zurück, von 1.475 im Jahr 2023 auf 1.441 im vergangenen Jahr.

Umsatz der Milchwirtschaft bleibt auf Rekordniveau

In der Milchwirtschaft stieg der Jahresumsatz 2024 leicht und übertraf mit 38,9 Mrd. € sogar den bisherigen Rekordwert von 2022 um 400 Mio. €. Auch 2023 war mit 38,3 Mrd. € ein umsatzstarkes Jahr. Zum Vergleich: 2021 lag der Wert bei 31 Mrd. €. Insgesamt sind aktuell schätzungsweise mehr als 47.000 Mitarbeitende in der Milchwirtschaft beschäftigt.

Wie die Fleischproduktion ist auch die Milchproduktion – und damit die Molkereien – von der Umstellung des deutschen Lebensmitteleinzelhandels auf Produkte aus den Haltungsformen 3 und 4 bis zum Jahr 2030 betroffen.

Gleichzeitig sorgt der fortschreitende Strukturwandel in der Landwirtschaft innerhalb der Molkereibranche für einen zunehmenden Wettbewerb um den Rohstoff Milch, was bei den deutschen Molkereien mögliche Werksschließungen und einen Rückgang der Investitionen nach sich ziehen könnte. Insgesamt blickt die Molkereiwirtschaft im Vergleich zu den anderen Sektoren aber optimistischer in das neue Jahr.

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Ausblick

Das Geschäftsklima für die Hersteller von Nahrungs- und Futtermitteln lag in den vergangenen Jahren meist unter dem für die gewerbliche Wirtschaft insgesamt. Ab Mitte 2023 zeichnet sich jedoch eine Trendwende ab, der voraussichtlich für das Jahr 2024 mit einer Differenz von rund 12 Punkten über dem gesamtwirtschaftlichen Geschäftsklima abschneidet – ein Hinweis darauf, dass die Branche optimistischer in die Zukunft blickt.

Bei der Präsentation des Barometers beklagte Janze, dass die Agrarpolitik aktuell viel zu sehr auf Reduktion setze, auf einen Abbau der Tierbestände, weniger Pflanzenschutz und Dünger. Die Branche brauche dagegen eine interessengestützte Agrarpolitik. "Was können neue Wertschöpfungsketten sein, welche Maßnahmen brauchen wir für die Technisierung etc", sagt Janze. Er wirbt auch für eine Abkehr von der Diskriminierung des Selbstversorgungsgrades, wie es sagt. Stattdessen müsse die Agrarwirtschaft weiter stark auf den Export ausgerichtet werden. "Deutschland ist nach wie vor ein guter Standort."

Das Geschäftsklima in der Fleischwirtschaft ist 2024 schlechter als in der Ernährungsindustrie insgesamt und weist für das Jahresende voraussichtlich eine Differenz von rund 23,5 Punkten auf. Mit wenigen Ausnahmen liegt das Geschäftsklima in der deutschen Fleischwirtschaft seit 2014 deutlich unter dem der Ernährungsindustrie und verzeichnet zumeist negative Werte.

Seit dem Tiefpunkt des Geschäftsklimaindex im Jahr 2023 mit rund -53 Punkten zeigt der Geschäftsklimaindex der Molkereiwirtschaft einen stetigen positiven Trend in der Branche. Seit Jahresbeginn bewegt sich der Index im positiven Bereich und spiegelt ab Mitte 2024 eine optimistischere Stimmung im Vergleich zur Ernährungswirtschaft insgesamt wider. Zum Jahresende liegt der Index bei rund 10 Punkten und damit etwa 15 Punkte über dem der Gesamtwirtschaft der Ernährungsindustrie.

Nachdem das Geschäftsklima für land- und forstwirtschaftliche Maschinen hierzulande zwischen 2017 und Anfang 2020 einen Negativtrend aufwies, zeigte es ab Frühjahr 2020 eine deutliche Erholung und lag bis Mitte 2023 deutlich über dem Geschäftsklima der Ernährungsindustrie. Seit Mitte 2023 ist jedoch ein starker Negativtrend zu beobachten, der den Index bis Mitte 2024 um rund 100 Punkte absacken ließ. Im Jahr 2024 lag der Index im Durchschnitt 38 Punkte unter dem Geschäftsklimaindex der Ernährungsindustrie.

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