Es ist ein Novum auf dem deutschen Schweinemarkt: Der Schlachtkonzern Tönnies nimmt die Änderung der Abrechnungsmaske zum 1. Juli 2024 fast vollständig zurück. Wie das Unternehmen in einem Schreiben an seine Partnerbetriebe mitteilt, habe die Änderung der Maske für viel Diskussionsstoff gesorgt. „Dem stellen wir uns“, sagt Dr. Wilhelm Jaeger im Gespräch mit top agrar. Er leitet die Abteilung Landwirtschaft bei Tönnies und berichtet, dass Beratungsorganisationen und Zuchtunternehmen vor allem die zu starke Betonung der Fleischleistung kritisiert hätten. Das sende falsche Signale bezüglich robuster und ausgeglichener Tiere und damit gegen die Umsetzung des Ringelschwanzes, heißt es in einem Schreiben an die Lieferanten.
Korrektur zum Januar
Zum 1. Januar 2025 wird die letzte, erst vier Monate alte Änderung zumindest teilweise wieder rückgängig gemacht (Details siehe Übersicht). Der Korridor für den Magerfleischanteil (MFA) wird auf die alten Werte gesetzt, die Anhebung der Schinkengrenze auf 19 kg korrigiert, die Öffnung des Gewichtskorridors bleibt erhalten, so Tönnies in einem Schreiben an seine „Partnerbetriebe“. „Der Muskelfleischanteil ist weniger wertbestimmmend, wir setzen auf eine ausgewogene Tiergenetik“, erklärt Jaeger und sieht darin ein wegweisendes Signal für den deutschen Schweinemarkt.
Änderungen wirken positiv
Was das Unternehmen nicht schreibt: Die Gewichtsabzüge steigen im Vergleich zu den letzten beiden Maskenänderungen deutlich an. Der abzugsfreie Gewichtskorridor schrumpft um 2 kg. Die Nachteile im Vergleich zur alten Maske sind in der Übersicht rot markiert. Unter dem Strich wirkt sich die neue Maske aber mit plus 1,30 bis 1,50 €/Schwein positiv auf den Erlös aus, wie erste Berechnungen von Marktexperten an mehr als 50.000 Schweinen aus der MFA-Vermarktung zeigen. Deutliche Verschlechterungen von durchschnittlich 5 bis 6 € treffen die Untergewichtigen, so dass die Mäster noch enger sortieren müssen.
Die Maskenänderung im Juli hatte einen Dominoeffekt ausgelöst. Weitere Schlachtunternehmen wie Westfleisch, Manten oder Danish Crown verschlechterten ihre MFA-Masken. Ob sie den Rückwärtssalto von Tönnies mitmachen, bleibt abzuwarten.
10 € für Ringelschwänze
Um die Landwirte bei der Haltung von Schweinen mit Ringelschwanz stärker zu unterstützen, führt Tönnies ab Januar 2025 eine Prämie von 10 € pro Schwein ein. Dabei startet Tönnies mit Betrieben der Haltungsformstufe 3. Voraussetzung für die Auszahlung sind 90 % intakte Langschwänze in jeder Schlachtpartie. „Wir wollen damit ein Zeichen setzen und hoffen auf eine breite, positive Resonanz“, erklärt Jaeger. Nach einem halben Jahr soll die Maßnahme evaluiert und gegebenenfalls nachjustiert werden.
Bonus für deutsche ITW-Schweine fällt weg
Für ITW-Schweine kassiert der Schlachtkonzern dagegen zum Jahreswechsel zwei Boni. Bisher erhielten die Mäster für ITW-Schweine deutscher Geburt rund 1,50 €/Schwein als Anschubfinanzierung - aufgeteilt in 1 Cent/kg SG Zusatzbonus plus 0,50 €/Schwein Treuebonus. Beide Boni entfallen ab 1.1.2025, da sie durch die „Schließung der Lieferkette über die Nämlichkeit der ITW“ ersetzt werden, so die Argumentation von Tönnies. Hintergrund ist, dass ab April 2025 ITW-Mäster, die ihre Ferkel von ITW-Aufzüchtern beziehen, 7,50 € Bonus pro Tier erhalten und die übrigen nur 6,50 €/Tier.