Bei den Westfleisch-Tagen Mitte März präsentierte Deutschlands zweitgrößtes Schlachtunternehmen den Rindfleischmarkt als Wachstumsmarkt. Das überrascht ein wenig, denn der Markt schrumpft kontinuierlich. Christopher Rengstorf, COO und Spartenleiter Rindfleisch bei Westfleisch, präsentierte selbst Zahlen, nach denen die Schlachtmenge von Rindern in Deutschland weiter zurückgeht. „Wir verlieren jedes Jahr rund 1,4 Prozent der Schlachtrinder“, erklärte er. Von derzeit 3 Mio. Schlachtrindern würden im Jahr 2028 nur noch 2,8 Mio. Tiere übrig bleiben.
Positiver waren da schon die Ausführungen des Vorstandsmitglieds Johannes Steinhoff, der beim Fleischverzehr in Deutschland endlich eine Trendwende erkennt. „Im Jahr 2024 wurden 700 Gramm mehr Fleisch pro Kopf und Jahr verzehrt als noch ein Jahr zuvor“, freute sich der Manager. Zulegen konnte vor allem Geflügel, das nun bei 13,8 Kilogramm liegt. Aber auch Schweinefleisch legte nach Jahren des Rückgangs leicht um 0,7 Prozent auf 28 Kilogramm zu. Bei Rindfleisch blieb der Absatz stabil bei 9,1 kg pro Kopf. Im laufenden Jahr soll der Absatz jedoch leicht um 100 g auf 9,2 kg steigen, so die Prognose der Manager.
Rindfleisch zu teuer?
Ob das wirklich gelingt, bleibt abzuwarten, denn auch Steinhoff zeigte sich etwas besorgt über die massiven Preissteigerungen in den Supermärkten. Am Beispiel von Rinderhack zeigte er auf, dass das kg Hack seit Ende 2024 um rund ein Viertel 12,58 € pro kg teurer geworden ist. Erste Schätzungen aus dem Lebensmittelhandel gehen von einem Verbrauchsrückgang von bis zu 15 % aus, was weniger dramatisch sei als vor zwei Jahren nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine. Damals stiegen die Preise ebenfalls stark an. „Die Verbraucher scheinen sich an die höheren Preise zu gewöhnen“, so Steinhoff.
Trotz der Bremsspuren durch Strukturwandel und Preisrallye gab Christopher Rengstorf einen dynamische Ausblick des Rindfleischgeschäfts bei Westfleisch. Der Standort Lübbecke ist mit einer jährlichen Schlachtkapazität von 250.000 Rindern einer der größten in Europa. Die Kapazitäten des Standortes erlauben sogar die Verarbeitung von bis zu 300.000 Tieren, was mittelfristig angestrebt werde, erklärte Rengstorf.
Mehr Geld für Haltungsform 3
Dabei wird der Ausbau des Geschäfts um Haltungsform 3-Tiere eine entscheidende Rolle spielen. Diese sind weiterhin knapp und stark nachgefragt. Westfleisch verkündete deshalb ab sofort die Zuschläge für Schlachtrinder deutlich zu erhöhen:
Für Jungbullen und Färsen 30 Cent statt 22,7 Cent je kg SG
Für Schlachtkühe 25 Cent statt 20 Cent je kg SG
Verdrängungswettbewerb
Westfleisch plant somit ein kräftiges Mengenwachstum in einem schrumpfenden Markt und will gleichzeitig ein qualitatives Wachstum beim Thema Haltungsform 3 erreichen. Hier kann der Konzern auch schon einige Erfolge vermelden. So liege der Anteil der HF3-Tiere bei Schlachtkühen inzwischen bei über 30 %. Für 2025 hat sich die Gruppe einen Anteil von 50 % zum Ziel gesetzt.
ITW-Pflicht in der HF-Rindermast?
In der Rindermast könnte die Initiative Tierwohl (ITW) in diesem Zuge in den kommenden Jahren doch eine größere Rolle spielen. Die Verantwortlichen von Westfleisch stellten Pläne vor, wonach die ITW-Vorgaben künftig wie bei QS als Voraussetzung für höhere Haltungsformen gelten sollen. Entsprechende Gespräche laufen bereits.