Dieser Beitrag ist zuerst erschienen im "Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben".
Die Politik hat den Ökolandbau als das Zukunftsmodell der Landwirtschaft ausgemacht und ihn mit dem sehr ambitionierten Wachstumsziel „30 % Flächenanteil bis 2030“ versehen. Dabei müssen die Verbraucher aber auch mitspielen.
Politische Ziele und Markt
Nach Aussagen von Dr. Jörn Krämer, WLV, vor dem WLV-Fachausschuss für ökologische Erzeugung und Vermarktung liegt der Anteil der ökologischen Anbaufläche in Deutschland aktuell bei etwas über 10 %. Das entspricht etwa dem EU-Schnitt, in NRW ist der Anteil allerdings noch niedriger. Marktexperten gehen aber davon aus, dass der Ökomarkt weiter wächst, wenn auch langsamer als früher. Hauptgrund für das schwache Wachstum ist die sinkende Kaufkraft, sind sich die Ausschussmitglieder sicher. Bei „knapper werdender Kasse“ würde ein Großteil der Bevölkerung zuerst am Essen sparen.
In dieser Lage sei die Politik gefordert, die von ihr festgelegten Ziele zu erreichen. So stelle sich die Frage, wie die Politik die Umstellung und Beibehaltung der Ökolandwirtschaft weiter fördern werde. Es sei auch vorstellbar, die Nachfrage beispielsweise durch eine Förderung der Außer-Haus-Verpflegung weiter zu fördern.
Europäischer Rechnungshof: Ökoziele nicht ausreichend berücksichtigt
Dr. Krämer verwies auf einen Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofes: Dieser bemängelt, dass die Politik die Umwelt- und Marktziele für den Ökolandbau weder auf EU- noch auf Staatenebene ausreichend berücksichtige und dass die Betriebe entlang der Wertschöpfungskette nicht ausreichend gefördert würden.
Das aktuell festzustellende Wachstum für Bio-Frischeprodukte ergibt sich nach Daten der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft mbH (AMI) für den Zeitraum Januar bis September im Vergleich zum Vorjahreszeitraum vor allem durch Umsatzsteigerungen im Bereich Online-Handel, Discounter und Vollsortimenter. Dagegen verlieren der Naturkosthandel und die Direktvermarktung deutlich.
Branchenvereinbarung
Wenn die deutschen Bioverbände das Marktpotenzial auch in den Lebensmitteleinzelhandelsketten voll ausschöpfen wollen, müssen sie zu jedem Zeitpunkt deren Nachfrage bedienen können. Das lässt sich häufig nur dann realisieren, wenn die Rohware verschiedener Bioverbände miteinander vermischt werden darf.
In der Bio-Branchenvereinbarung regeln Bioland, Naturland und Biokreis das Vorgehen bei schwankender Marktnachfrage. „Ziel ist, dass kein verbandsgebundener Bioerzeuger in einem solchen Fall den Verband wechseln muss“, berichtete der wiedergewählte Vorsitzende des WLV-Ökoausschusses, Andreas Engemann aus Willebadessen im Kreis Höxter. Die aufnehmenden Vertragspartner melden auch Dauerlieferanten der anderen beteiligten Verbände. Das erhöht die Flexibilität im Tagesgeschäft.
Auch sei es das erklärte Ziel, dass die Verbände innerhalb eines Wirtschaftsjahres einen Mengenausgleich herstellen, in dem sie ein- und ausgehende Mengen als Äquivalente verrechnen.
Der Ökoausschuss des WLV hat über die Möglichkeit einer Zweitmitgliedschaft diskutiert. Damit will man Reklamationen der verbandlich gelabelten Waren durch den abnehmenden Lebensmitteleinzelhandel verhindern. Um die Kosten für die Erzeuger möglichst gering zu halten, streben sie für die Zweitmitgliedschaft einen Rabatt an, der sich aus einem ermäßigten Grundbeitrag und Vermarktungskosten entsprechend der Verbandsmenge zusammensetzt.
Regionale Vermarktung
Für eine Förderung des regionalen Absatzes engagiert sich der Landesverband Regionalbewegung Nordrhein-Westfalen e. V. Wie die Vorsitzende Brigitte Hilcher berichtete, ist auch ein Projekt in Willebadessen-Eissen im Kreis Höxter dabei. In diesem regionalen Wertschöpfungszentrum soll auf einem früheren Agravis-Standort unter anderem eine Verarbeitungshalle entstehen, wo Gemüse und andere Produkte für die Küche eines Caterers vorbereitet werden, damit diese dann leichter Schulen und andere Einrichtungen mit Mittagessen aus heimischen Ökoprodukten versorgen können. Die Regionalvermarktung hilft,
die regionale Vermarktung von nachhaltig erzeugten Lebensmitteln zu stärken,
regionale Wertschöpfungsketten aufzubauen,
mit Beratung und Verbraucheraufklärung,
bei der Nutzung bestehender regionaler Strukturen.
So sollen alte Vermarktungswege mit auskömmlichen Preisen für die gesamte Wertschöpfungskette wiederbelebt werden – zu tragbaren Preisen für Endkunden.