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topplus Serie Kalb rosé

Kalb rosé statt Kalbfleischimporte

Bei einem Eigenversorgungsgrad von nur 45 % von Kalbfleisch in Österreich, hat die Kalb rosé-Mast großes Potenzial.

Lesezeit: 9 Minuten

Unser Autor Johannes Minihuber, Geschäftsführer Österreichische Rinderbörse und stv. Geschäftsführer Arge Rind, berichtet: Mit diesem Produktionszweig kann die Wertschöpfung im eigenen Land bleiben anstatt Kalbfleisch zu importieren. Kalb rosé ist eine attraktive Alternative für Kälberspezialisten!

Schnell gelesen

Kalb rosé ist ein interessanter, aber herausfordernder Betriebszweig. Die Wirtschaftlichkeit ist gegeben.

Sicherung der heimischen Kalbfleischproduktion und Reduktion der Kälbertransporte.

Großes Vermarktungspotenzial: Ziel von 200 Stück pro Woche bis 2025.

Ganzjährige Marktversorgung mit Schwerpunkt Weihnachten.

Keine Konkurrenz zur heimischen ­Rinder- und Vollmilchmast.

Jedes zweite Kalbsschnitzel bzw. jedes zweite Kalbfleischgericht stammt nicht aus Österreich. Seit Jahren haben wir in Österreich eine rückläufige Kalbfleischproduktion. Im Gegensatz zum Rindfleisch, bei dem der Selbstversorgungsgrad bei 145 % liegt, beträgt dieser beim Kalbfleisch nur 45 %. Auf der anderen Seite steigen die Importmengen an Kalbfleisch, denn die Nachfrage in der Gastronomie nach Kalbfleisch ist gut. Vor allem in der Wiener Traditionsküche – wie beim Wiener Schnitzel – ist das Kalbfleisch ein wichtiger Bestandteil.

Stabiler Kalbfleischabsatz

Überwiegend kommt das Kalbfleisch aus Holland, von wo im Jahr zwischen 80.000 bis 90.000 Stück Kälber nach Österreich importiert werden; vielfach als Hälften oder zerlegte Ware.

Auf der anderen Seite müssen wir aufgrund der begrenzten Kapazitäten in der Kälbermast jährlich 40.000 bis 50.000 Kälber exportieren. Denn leider ist die Produktion von Milchmastkälbern in Österreich rückläufig. Einerseits aufgrund von strukturellen Entwicklungen, d. h. kleinere Betriebe, die sich mit Kälbermast beschäftigt haben, hören zunehmend auf. Zum anderen ist mit steigenden Milchpreisen die Milchmast eine sehr enge Kalkulation. Und so stiegen die Nutzkälberexporte zuletzt wieder deutlich an. Das Thema Kälbertransporte wird von der Bevölkerung sehr sensibel aufgenommen.

Kalbfleischproduktion rückläufig

Die Kalbfleischproduktion hierzulande war in den letzten 10 Jahren stark rückläufig: Von 70.000 Stück Vollmilchkälber im Jahr 2013 auf inzwischen unter 50.000 Schlachtungen pro Jahr (siehe Übersicht 1). Seit vier Jahren kam nun Fleisch aus der Kalb rosé-Produktion dazu. Doch trotz der 4.000 rosé-Kälber die im Jahr 2023 bereits produziert und vermarktet wurden, ist die generelle Kalbfleischproduktion in Österreich weiterhin rückläufig.

Da auf der anderen Seite der  Kalbfleischbedarf relativ stabil ist, werden die fehlenden Mengen durch steigende Importe gedeckt. Um diesen Trend wieder in eine andere Richtung zu lenken, müssen wir weitere Betriebe für die Kalb rosé-Produktion gewinnen und die heimische Kalbfleischproduktion stabilisieren.

AMA-Gütesiegel ist Pflicht

Für heimische Betriebe bietet die Kalb rosé-Mast ein großes Wertschöpfungspotenzial. Das Projekt wird ausschließlich im Rahmen der AMA-Gütesiegel-Produktion umgesetzt, um den Herkunftsbezug sicherzustellen und Qualitätsstandards umzusetzen.

Zudem ist das AMA-Gütesiegel auch bei der Vermarktung an Gastronomie und Großbetriebe entscheidend. Ohne AMA-Gütesiegel müsste man bei der Preisgestaltung mit den internationalen Mitbewerbern mithalten können.

Das sind die Produktions-Kriterien

Die Kalb rosé-Produktion ist eine sehr spezialisierte Form der Mast. Für die Betriebe gelten folgende Kriterien:

Milchrassekälber: Bei der Kalb rosé-Produktion in Österreich werden hauptsächlich männliche Kälber von Milchrassen (Holstein, Braunvieh, ev. Pinzgauer) verwendet. Fleckvieh-, Kreuzungskälber oder Kälber aus Mutterkuhhaltung sind zum einen für die Kalb rosé-Produktion im Einkauf zu teuer, zum anderen soll keine zusätzliche Konkurrenz zur klassischen Rindermast geschaffen werden. Denn auch in der spezialisierten Stiermast ist die Produktion in den  letzten Jahren sehr gefordert.

Schlachtalter: Der wesentliche Unterschied zu den Vollmilchkälbern ist das Schlachtalter. Während Milchkälber rund vier Monate gemästet werden, wird bei der Kalb rosé-Mast das Kälberalter mit max. acht Monaten ziemlich genau ausgereizt. Die ersten drei bis vier Monate wird das Kalb in einer normalen Aufzucht mit Milch oder Milchaustauscher aufgezogen. Dann erfolgt die Umstellung auf eine Wiederkäuerfütterung. In den letzten Monaten wird  das Kalb mit einer Maissilage-Stroh-Ration und Kraftfutter fertig gemästet. Hierbei können auch  hofeigene Futtermittel und Grundfutter (keine Grassilage) gut eingesetzt werden.

Schlachtgewicht: Die Zielwerte sind 160 bis 170 kg Schlachtgewicht kalt (SGk), das sind 280 bis 320 kg Lebendgewicht. Damit werden im Vergleich zur Milchmast beim Kalb rosé grundsätzlich höhere Schlachtgewichte erreicht. Aktuell schaffen das die Produzenten eher schwer, der Durchschnitt verkauft die Kälber nach acht Monaten mit 140 kg SGk. Ziel wäre es aber, die 150 bis 170 kg SGk zu erreichen, weil sich das entscheidend auf die Wirtschaftlichkeit für den Betrieb auswirkt.

Fleischfarbe: Die Fleischfarbe wird von 0 bis 8 klassifiziert. Die rosé-Kälber sollten in die Kategorie 2 bis 6 fallen. Im Regelfall liegt die Fleischfarbe in der Praxis bei 4 bis 6. 

Fettklasse und EUROP: Sowohl die Fettklasse 1 bis 4 als auch die Klassifizierung in U, R, O und P ist als Rahmen relativ weit gegriffen.

Geplante Produktion

Die Mastbetriebe brauchen vitale Milchrassekälber zwischen 65 und 80 kg. Ziel sollten eher 70 bis 80 kg sein, da die Kälber dann vom Gesundheitszustand stabiler sind. Wichtig ist eine geblockte Kälberübernahme für ein Rein-Raus-Verfahren für einheitliche Gruppen. Die Mast läuft als geplante Produktion, d. h. wenn die Betriebe einstellen, ist automatisch auch die Vermarktungswoche am Ende der Mastperiode festgelegt. Dieses System ist auch mit den nachgelagerten Bereichen gut abgestimmt.

Kalb rosé ist kein Weißfleisch, sondern – wie der Name rosé schon sagt – ein etwas dunkleres Fleisch und soll damit keinesfalls eine Konkurrenz zum Milchkalb darstellen. Das Jungrind mit 8 bis 12 Monaten Schlachtalter ist entsprechend dunkler im Fleisch. In der Vermarktung ist das rosé-Kalb also bewusst zwischen den beiden anderen Rindfleischprodukten positioniert.

Während das helle Kalbfleisch noch vermehrt im Lebensmitteleinzelhandel zu finden ist, wird das Kalb rosé speziell in der Gastronomie vermarktet,  auch, weil das der größte Hebel ist.

80 Betriebe in Österreich

Nach den ersten Überlegungen zu einer Kalb rosé-Produktion in Österreich im Jahr 2017, schauten sich Vertreter der Arge Rind sowie interessierte Betriebe in den darauffolgenden Jahren die Produktion in Deutschland und Holland an. 2020 starteten die ersten österreichischen Betriebe mit der Kalb rosé-Mast.

Die Entwicklung war sehr gut, 2021 war Kärnten der Hauptlieferant, dann sind Ober- und Niederösterreich verstärkt dazugekommen. Derzeit konzentriert sich die Produktion hauptsächlich in diesen drei Bundesländer plus der Steiermark.

Allerdings ist aktuell die Gruppe an Produzenten mit 80 Betrieben noch sehr überschaubar.  Der größte Teil sind spezialisierte Kalb rosé-Betriebe, sie machen mit 85 bis 90 % den Großteil der Vermarktung aus. Zum anderen produzieren auch Milchviehbetriebe rosé-Fleisch. Sie haben sich ihren Kälberbereich gut strukturiert, ziehen ihre männlichen Kälber selber auf und bringen sie zur Vermarktung.

Produktion kann verdreifacht werden

Insgesamt werden im heurigen Jahr um die 5.000 Kalb rosé-Kälber produziert. Aktuell ist mit dem Weihnachtsgeschäft die Zeit der stärksten Nachfrage, jetzt werden rund 130 Kälber pro Woche geschlachtet.

Ziel wäre der Ausbau auf bis zu 15.000 rosé-Kälber jährlich. Eine Verdoppelung oder Verdreifachung der Menge ist daher auf jeden Fall möglich. Das würde keine Konkurrenz zu anderen Produkten im Inland verursachen, sondern rein die Importe aus Holland reduzieren. Bis nächstes Jahr 2025 sollen die Schlachtungen bereits auf 200 Stück pro Woche steigen.

Astro Kalb als exklusiver Partner

Eine wesentliche Herausforderung ist die Bündelung der Einstellkälber. Dies erfolgt über die Erzeugergemeinschaften in den Bundesländern und in Abstimmung mit der Arge Rind.

Die spezialisierten Betriebe können Gruppengrößen von 20 bis 50, manche sogar bis zu 100 Stück auf einmal einstallen. Am Ende der Mastperiode werden die Tiere in den Bundesländern regional geschlachtet.

Bei der Auswahl der Schlachthöfe wird auf kurze Transportwege und eine Spezialisierung auf Kälberschlachtungen geachtet. Von diesen regionalen Schlachthöfen werden die Kälber dann als Schlachthälften zur Firma Astro Kalb nach Niederösterreich geliefert.

Mit dem Kalbfleischvermarkter besteht eine Abnahmegarantie bzw. auch eine Exklusivvereinbarung. Das bedeutet: Die Firma Astro Kalb bekommt zu 100 % alle rosé-Kälber aus gesamt Österreich geliefert, wo sie zerlegt und verpackt werden.

Bis zu diesem Produktionsabschnitt ist die Arge Rind in den Prozess sehr stark involviert, in den nachgelagerten Bereichen dann nicht mehr; das erledigt zum Großteil die Firma Astro Kalb.

Herausforderung in der Vermarktung

Die größten Kunden von Kalb rosé sind die großen Gastronomievertreter, von Metro bis Transgourmet. Aber auch Wiesbauer Gourmet, Eurogast oder Kastner (NÖ) vertreiben das Roséfleisch. Im Einzelhandel ist das Fleisch z. B. in Wien online unter gurkerl.at zu erhalten.

Der Fokus in der Vermarktung liegt aber klar in der Gastronomie. Hier gilt es, die nachgefragten Mengen zu bedienen. Dafür müssen wir aber noch in der Produktion wachsen, gerade um die Hauptabsatzmärkte im Weihnachtsgeschäft gut bedienen zu können. Der Bedarf in der Vermarktung ist im Jahresverlauf relativ stabil, ein kleiner Höhepunkt ist das Weihnachtsgeschäft.

Allerdings schwankt das Angebot aufgrund der in Österreich differenzierten Abkalberaten stark. Während im April und Mai die niedrigste Geburtenrate mit 46.000 bis 47.000 Kälbern ist, sind die meisten Geburten mit 75.000 Stück im Oktober. Hier wird der Einfluss der alpinen Region bzw. Alm- und Weidewirtschaft deutlich (Übersicht 3).

Für das Weihnachtsgeschäft im November und Dezember benötigen wir jedoch die meisten Schlachtkörper. Diese Kälber werden aber genau im April bzw. Mai geboren, die Monate mit der geringsten Geburtenrate. Daher ist es entsprechend herausfordernd, eine ganzjährige Versorgung der Kalb rosé-Mäster mit einheitlichen Kälberpartien sicherzustellen.

Drei Viertel der im Jahr 2023 geschlachteten Kälber wurde in den Handelsklassen O und P (zusammen 73 %) klassifiziert. Wichtig ist, dass der Großteil in O und nur wenige Kälber in P liegen. Gerade bei den Kälbern mit knappem Schlachtgewicht liegen über 50 % in P, was nicht Ziel sein sollte.

Schlachtkörperqualität im Fokus

Die Schlachtkörperqualität entscheidet über die Erlössituation auf den Betrieben. Das obere Drittel der Kalb rosé-Produzenten aus Oberösterreich erreichte im letzten Jahr bei ihren Kälbern ein Schlachtgewicht kalt von durchschnittlich 155 kg und damit einen Erlös von 850 € netto pro Stück. Der beste Betrieb erreicht sogar ein Schlachtgewicht von über 160 kg.

Das obere im Vergleich zum unteren Drittel erzielt ca. 200 € Mehrerlös pro Stück, das Schlachtgewicht unterscheidet sich um 30 kg. Die wirtschaftliche Bandbreite auf den Betrieben ist also relativ groß.

Aktuell besteht daher die Herausforderung, das Management auf den Betrieben in den Griff zu bekommen. Ein konsequentes Management ist enorm wichtig, damit die Betriebe am Ende wirtschaftlich erfolgreich sind.

Wichtig: Einsteiger sollten sich vorab mit der Arge Rind bzw. deren Erzeugergemeinschaften abstimmen, um Rahmenbedingungen zu klären.

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