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Für eine erfolgreiche Mast sind stabile Pansenverhältnisse wichtig. Fehler in der Rationsberechnung können zur Pansenübersäuerung führen.
Analysen mit Mengen und Spurenelementen geben Auskunft über die Futterqualität.
Die DCAB-Bilanz sollte nicht unter 150 liegen, dann fehlt es an Pufferkapazität.
Bei warmem Wetter ist zweimaliges Füttern und häufiges Anschieben wichtig.
Wer nach wissenschaftlichen Studien zur Fütterung von Maststieren sucht, macht dies in der Regel vergeblich. „Die Ration von Stieren ist aber ähnlich wie bei Milchkühen relativ grenzwertig eingestellt“, erklärt Ralf Kortwinkel, Fütterungsberater bei der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen und selbst Bullenmäster. „Rationen in der Mast sind auf hohe Zunahmen ausgelegt. Dafür sind Stärke und Zucker im Pansen notwendig. Aus ihnen entsteht Propionsäure, die für den intensiven Muskelaufbau wichtig ist.“
Azidosen vermeiden
Die meisten Stiermäster füttern eine Ration mit Maissilage und Kraftfutter. Ein Beispiel für die Vor-, Mittel- und Endmast ist in der Übersicht zu sehen. Damit die Stiere gesund durch die Mast kommen, muss der Pansen intakt sein: Das Ziel sind stabile Pansenverhältnisse, eine Schichtung des Panseninhalts, die zeitnahe Absorption der Gärsäuren sowie der Abfluss der Mikroben und der restlichen Futterbestandteile aus den Vormägen. Fehler können zu Pansenazidosen führen. Wichtig ist dem Fachmann, dass Rinderhalter Grobfutteranalysen machen lassen: „Mindestens zweimal im Jahr sollte man eine Vollanalyse machen, also inklusive Mengen- und Spurenelementen“, so Kortwinkel.
Die Energie muss je nach Gewicht der Tiere zwischen 11 und 11,4 MJ ME je kg Trockenmasse eingestellt werden, damit die Stiermast rentabel ist“, erklärt Kortwinkel.
Das Verhältnis von Grob- zu Kraftfutter sollte in der Endmast bei etwa 75 % zu 25 % liegen. „Endmastbullen fressen etwa 3 kg Kraftfutter und 9 kg Grobfutter (TM).“ In der Vormast werden etwa 65 % Grob- und 35 % Kraftfutter angestrebt.
Es dürfen höchstens 28 % pansenabbaubarer Zucker sowie Stärke in der Ration sein. „In klassischen Rationen bewegen wir uns zwischen 25 und 30 %.“ Fehler in der Rationsberechnung oder aber beim Futtermanagement können schnell zur Pansenübersäuerung führen. Besonders subakute Pansenazidosen sind in der Bullenmast weit verbreitet. Sie sind vermehrt im Sommer festzustellen. „Daher empfehle ich, im Sommer die Energiedichte der Ration abzusenken, also 200 bis 300 g Kraftfutter rauszunehmen“, sagt der Berater.
Negative Auswirkungen auf das Immunsystem
Aus der reinen Pansenazidose kann durch Erschöpfung der Pufferkapazitäten aber auch eine metabolische Azidose entstehen. „Das passiert, wenn die Tiere extrem sauer sind“, erklärt Kortwinkel. Es kommt zur Ansäuerung im Blut. Das gesamte Immunsystem ist geschwächt. So erhöhen Azidosen die Gefahr einer Immundepression.
„Deshalb achten wir bei Kühen extrem auf den Säure-Basen-Haushalt (DCAB) – der Wert darf nicht zu niedrig sein. Doch Bullen füttern wir ähnlich scharf. Das heißt: Auch hier müssen wir die DCAB beachten“, erklärt der Berater.
Bei laktierenden Milchkühen wird eine DCAB-Bilanz von 175 bis 250 meq je kg TM angestrebt (siehe Kasten). „Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass wir mit diesen Zahlen auch bei Bullen arbeiten können“, so Kortwinkel. Wissenschaftliche Literatur gibt es dazu bisher nicht. Bekanntlich fehlt den Bullen jedoch Pufferkapazität – also die Fähigkeit, Säuren zu neutralisieren –, wenn die DCAB unter 150 liegt.
Wichtig ist dem Berater trotzdem, dass Schwefel nicht aus der Ration genommen wird, um die DCAB anzupassen. „Schwefel ist der Baustein der schwefelhaltigen Aminosäuren. Fehlt er, drohen Leistungseinbußen.“
Was bedeutet die DCAB?
Das Verhältnis von Kationen und Anionen spielt eine wichtige Rolle bei der Bewertung des Mineralstoffwechsels. Zu den Kationen gehören Natrium und Kalium, zu den Anionen Chlor und Schwefel. Das Verhältnis dieser in der Ration beeinflussen den Säure-Basen-Haushalt der Rinder und können unter anderem metabo-lische Azidosen auslösen. Das Verhältnis der Kationen und Anionen in der Ration oder im Futtermittel wird mit der DCAB-Bilanz (Dietary-Cationen-Anionen-Balance) dargestellt. Rapsschrot hat beispielsweise eine stark negative DCAB-Bilanz. Bei Grobfuttermitteln können durch Witterung, Standort etc. starke Schwankungen auftreten.
Hygiene im Silo und im Stall
Um Pansen und Darm gesund zu halten, ein zudem ein gutes Management am Silo wichtig. Die Silage sollte immer vor der Witterung geschützt werden. „Wichtig ist, dass Landwirte die Silage nicht zu weit aufdecken“, erklärt Kortwinkel. Gerade bei wärmeren Temperaturen ist zudem der Vorschub zu beachten. Das Wachstum der Hefen ist bei schwülwarmer Witterung exponentiell. „Deren Stoffwechselprodukte stören das Mikrobiom im Pansen, reduzieren die Futteraufnahme und führen zu Gesundheitsproblemen“, so der Berater.
Beim Zusatz von Säuren sollten Mäster beachten, dass manche einen stechenden Geruch haben. „Dann fressen die Tiere nicht mehr richtig oder weniger“, erklärt Kortwinkel.
Am Futtertisch sollte man Futterreste unbedingt wegnehmen und nicht von A nach B schieben. Im Hochsommer möglichst zweimal am Tag füttern, damit immer frisches Futter vorliegt. Zudem ist ein häufiges Anschieben wichtig.
pH-Wert beachten!
Nicht selten füttern die Landwirte morgens ihre Stiere und schieben abends das Futter noch mal ran. Das Bedeutet: Der Stier frisst morgens viel und aufgrund der intensiven Pansenfermentation fällt der pH-Wert. Dann kommt es zu einer Ruhephase und der pH-Wert steigt wieder. „Häufig schieben Bullenmäster das Futter über Tag nicht häufig genug an, sondern erst abends wieder“, berichtet Kortwinkel aus Erfahrung. Nachts ist der Trog dann häufig wieder leer. „Das führt zu extremen pH-Wert-Schwankungen im Pansen. Dadurch ist es schwer, das Mikrobiom im Pansen passend zu stabilisieren“, erklärt der Berater. Hinzu kommt, dass die Stiere gerade in den warmen Jahreszeiten nachts mehr fressen als über Tag.
Kameraauswertungen von Kortwinkel haben ergeben, dass die Wiederkäuer im Sommer vermehrt zwischen 23.00 und 3.00 Uhr an den Trog gehen. Außerdem haben sie einen deutlichen Herdentrieb, sie fressen und liegen meist gleichzeitig.
Beim Einstallen keine Leistung verschenken!
Bei den Aufzüchtern bekommen Fresser meist gemahlenes Stroh in der Ration. Stiermäster füttern in der Regel jedoch geschnittenes Stroh, die Partikel sind also länger. „Besonders am Anfang wissen die jungen Tiere nichts damit anzufangen und selektieren es aus“,
erklärt Ralf Kortwinkel. Das sollten Stiermäster bei der Rationsplanung beachten.
Außerdem lohnt es sich, nachzufragen, welches Kraftfutter die Kälber bekommen haben. So bleibt zu Beginn der Mast keine Leistung auf der Strecke.
Durchlässige Darmwand
Der pH-Wert des Pansens sollte sich oberhalb von 6,15 befinden. Der kritische Wert von 5,8 darf maximal fünf Stunden am Tag unterschritten werden. Bei der akuten Pansenazidose fällt der pH-Wert schnell und anhaltend auf weniger als 5,5.
Die Folge von starken pH-Wertschwankungen, gepaart mit Hitzestress, kann das sogenannte „Leaky gut“-Syndrom auslösen. Das bezeichnet eine durchlässige Darmwand. Giftstoffe oder Hefen gelangen durch die Darmschranke ins Blut und müssen dann von der Leber neutralisiert werden. „Wir dürfen die Leber nicht unnötig belasten“, betont Kortwinkel. Das funktioniert nur mit einer genauen Fütterung und nicht zu vielen Leerzeiten am Trog.
Vitamine in der Ration
Für den Berater spielt dabei Vitamin E eine wichtige Rolle, da dieses zusammen mit Selen die freien Radikalen im Blut bindet. Allerdings ist Vitamin E häufig nicht im klassischen 25-3-Rindermastfutter enthalten. Hinzu kommt, dass Mäster es auch aus Kostengründen gerne aus der Ration nehmen. „Je nach Bedarf sollte Vitamin E aber unbedingt hinzugefügt werden“, rät Kortwinkel. Mit 250 bis 500 mg pro Tier und Tag hat er gute Erfahrungen gemacht. Zur Kontrolle im eigenen Bestand gilt: Ist das Rind ausreichend mit Vitamin E versorgt, liegt der Gehalt an Vitamin E im Blutserum bei mehr als 3 mg/l.
Die B-Vitamine sollten in der Ration ebenfalls nicht fehlen. Von ihnen gibt es ein breites Spektrum. Dementsprechend sind die Mangelerscheinungen auch vielfältig. „In den Fokus nehme ich immer Vitamin B1. Es ist essenziell für die Entwicklung des Nervensystems“, erklärt Kortwinkel. Bei einem Mangel kann es bis zum Festliegen kommen. „Ich empfehle, 40 mg pro Tier und Tag zu füttern“, so der Berater. Denn unter Stress bauen die Stiere Vitamin B im Pansen ab statt auf.